Berlin. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat zum verstärkten Engagement gegen die Verbreitung von Hass-Seiten im Internet aufgerufen. Auf Neonaziseiten gehörten Drohungen und Gewaltfantasien "noch immer zum guten Ton". Nationale Verbote seien jedoch nur sehr begrenzt möglich.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat Staat und Zivilgesellschaft zu verstärkten Anstrengungen gegen den Vormarsch rechtsextremistischer Seiten im Internet aufgerufen. Rechtsextremistische Organisationen setzten verstärkt auf das Internet als Medium, allein 2007 seien mehr als 1600 verschiedene deutschsprachige Webseiten mit rechtsextremen Inhalten gezählt worden, sagte Zypries am Donnerstag in Berlin bei einer «Konferenz gegen die Verbreitung von Hass im Internet».
Trotz zahlreicher Initiativen und einer Mindestharmonisierung von Strafvorschriften in Europa sei das Problem nicht gelöst. «Auf Neonaziseiten gehören Drohungen und Gewaltfantasien noch immer zum guten Ton», sagte die Ministerin weiter. Sie forderte ein verstärktes Engagement bei der Förderung der Medienkompetenz von Jugendlichen, mehr Aufklärung und «digitale Gegendemonstrationen», also beispielsweise Netzgemeinschaften gegen Rechts.
Nationale Verbote begrenzt
Zypries wies gleichzeitig auf die Schwierigkeiten der Bekämpfung der Internetpropaganda hin. «Recht ist national, das Internet ist global», daher seien nationale Verbote sehr begrenzt. So seien etwa Hakenkreuze oder volksverhetzende Musik inzwischen überwiegend auf ausländischen Servern gespeichert.
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, betonte, dass Minderheiten in «immer schlimmerer Weise bedroht und mit rassistischem Hass diffamiert werden». Der Aufruf zu Übergriffen gegen Minderheiten im Netz sei ein «ernstes Problem» und stelle eine Gefahr für den Rechtsstaat dar. Als Beispiel führte er ein Video zur Musik der mittlerweile als kriminelle Vereinigung rechtskräftig verurteilten Musikgruppe «Landser» an, in der zum Verprügeln und Niederstechen von Zigeunern aufgerufen wird. Rose beklagte, dass Staat und Justiz nicht genügend Aktivität an den Tag legten. Sie dürften nicht vor der «komplexen Situation» kapitulieren. Weiter forderte er eine stärkere Selbstverpflichtung der Internetindustrie.
Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm machte jedoch deutlich, dass entsprechenden Seiten nicht gänzlich aus dem Netz entfernt werden könnten. Dafür greife nationales Recht nicht weit genug. Er rief dazu auf, die «gesellschaftlichen Kräfte» im Kampf gegen den Rechtsextremismus zu mobilisieren. (ap/ddp)