Essen/Berlin. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist gern schnell unterwegs, womit sie großen Tatendrang vermitteln möchte. Aber wenn sie eine Wand übersehen hat, gerät der Aufprall bei hoher Geschwindigkeit auch besonders hart. Diesmal ist obendrein die Wand besonders stabil.

Das Kinderschutzgesetz der Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat so viele Fachleute verstört, dass die SPD es fallen lässt. Von der Leyen wertet den Widerstand der SPD als „politische Totalblockade”. Manche Wand hat aber durchaus ihre Daseinsberechtigung.

Misstrauen gegenüber den Jugendämtern?

Nachdem man die Leiche des kleinen Kevin, der von seinem Stiefvater zu Tode gequält worden war, in einem Kühlschrank gefunden hatte, wollte die CDU-Politikerin ähnlichen Schicksalen vorbeugen. In ihrem Entwurf will sie Mitarbeiter des Jugendamtes in bestimmten Fällen zum Besuch bei Problemfamilien verpflichten. Tatsächlich aber, so die Kritiker, täten die Mitarbeiter das ohnehin. Das Gesetz äußere also hauptsächlich Misstrauen gegenüber Jugendämtern. Zudem könne der bewusste Verzicht auf den Hausbesuch in manchen Situationen klüger sein.

Die SPD lehnt auch das geplante Teilelterngeld für Mütter und Väter in Teilzeittätigkeit für diese Legislatur ab, weil die Zeit für die parlamentarische Beratung fehle.

Im Datendschungel verlaufen

Etwas zu hastig ging von der Leyen bei ihrem Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornografie vor und zog sich den Beinamen „Zensursula” zu. Ihr Vorschlag, die Überwachung verdächtiger Websites dem Bundeskriminalamt zu überantworten, hat die Internet-Gemeinde empört. Inzwischen überlegt sie, ob ein unabhängiges Gremium das BKA kontrollieren solle.

Bereits im Februar war der Ministerin eine gefährliche Geschwindigkeitsübertretung unterlaufen. Sie verkündete, dass die Geburtenrate 2008 angestiegen sei, was sie als Erfolg des von ihr durchgesetzten Elterngeldes bewertete. Allerdings kannte sie nur die Statistik der ersten neun Monate. Wenig später stellte sich heraus, dass die Zahl der Geburten im gesamten Jahr gesunken war.

Sozialdemokratinnen kooperierten

Mit ihren Erfolgen bei Elterngeld und Ausbau der Kinderbetreuung hatte sich von der Leyen auch in anderen Parteien beliebt gemacht. Sozialdemokratinnen erinnerten zwar stets unfroh daran, dass sie die Urheberrechte besäßen. Aber sie trösteten sich damit, dass die Pläne überhaupt Wirklichkeit wurden, vielleicht nur werden konnten, weil von der Leyen die Männer in ihrer Union schlicht überrannt hatte.

Der Preis, den sie dafür zahlte, bestand: in einer Wand. Sie mussten der Forderung der Union nach einer Betreuungsprämie nachgeben. Öffentlich hatte von der Leyen sich in gewohnter Schnelligkeit festgelegt: „Es ist eine bildungspolitische Katastrophe, wenn der kleine zweijährige Ahmed in den Kindergarten geht und seine Eltern hören, wir kriegen 150 Euro im Monat auf die Hand.” Dann würden die Eltern Ahmed aus dem Kindergarten nehmen, was die Integration nicht befördere.

Gegen jugendliche Testkäufer

Bei der Betreuungsprämie rückte Angela Merkel, die die populäre Ministerin als Magneten für die Wählerstimmen von Frauen gewähren ließ, erstmals von ihr ab. Auch die Idee, Jugendliche als verdeckte Testkäufer in Geschäfte zu schicken, schlug Merkel ihr aus dem Kopf. Die Vorstellung, dass Kinder den illegalen Verkauf von Alkohol und Gewaltfilmen an Minderjährige ausforschen sollten, hatte große Aufregung produziert.