Essen/Berlin. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen will im Kampf gegen Kinderpornographie Internetseiten sperren. DerWesten-Chefredakteurin Katharina Borchert hält das für wenig sinnvoll. In ihrem Kommentar zählt sie auf, welche Gefahren sie bei von der Leyens Plänen sieht.
Der neueste, von Datenschützern, Juristen und Internetexperten heftig kritisierte Gesetzesentwurf zur Sperrung von kinderpornografischen Webseiten wird vom Kabinett selbst mit den schönen Worten verteidigt, dass "die Vorschrift auf eine Handlungspflicht ausgerichtet ist, nicht auf einen Erfolg". Es ist nur konsequent, keinen Erfolg bei einer Schnellschuss-Maßnahme zu fordern, die von vornherein mit nicht belastbaren Zahlen begründet wurde.
Frau von der Leyen spricht regelmäßig mit empörungsschwangerer Stimme von einem Zuwachs bei der Beschaffung von Kinderpornografie um 111 Prozent im Jahr 2007, verschweigt dabei aber lieber, dass es sich hierbei größtenteils um Verfahren handelt, die mangels ausreichender Verdachtsmomente gleich wieder eingestellt wurden.
Ihr Pressesprecher nennt das trotzdem weiterhin "nicht zu widerlegende Fakten". Seiner Meinung nach belegen eingestellte Ermittlungen nicht zwangsläufig "dass die Taten nicht begangen worden sind, allerdings auch nicht das Gegenteil". Wie jetzt? Zu meinen Studienzeiten war die Unschuldsvermutung zumindest noch ein hohes Gut.
Auch der angeblich tolle Erfolg der Internetsperren in Skandinavien lässt sich nicht belegen, ausgerechnet die dortigen Verantwortlichen widersprechen der Ministerin sogar ausdrücklich. Wozu also eine Handlungspflicht ohne solide Grundlage und ohne Erfolg? Man muss nicht besonders paranoid sein, um in dieser Handlungspflicht die Grundlage zu sehen für weitere "gesellschaftlich gewünschte Regulierung", auch Zensur genannt. Die Musikindustrie und kulturelle Saubermänner jeglicher Couleur stehen schon händereibend in den Startlöchern.
Katharina Borchert ist Chefredakteurin des Internetportals DerWesten
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