Berlin. Der Gesetzentwurf zur Sperrung von Kinderporno-Seiten stößt bei Datenschutz-Experten und in Teilen der Öffentlichkeit auf Gegenwehr. Nun hat Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Schaffung eines Gremiums in Aussicht gestellt, das die Sperrlisten überprüfen soll.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hat im Rundfunk Berlin-Brandenburg gesagt, ein unabhängiges Gremium solle künftig überwachen, welche Websites auf die Sperrliste des Bundeskriminalamtes gesetzt werden. «Ich kann verstehen, dass man ein Mehraugen-System haben möchte», sagte die Ministerin. Sie rechtfertigte erneut den Gesetzentwurf. Die Zugangssperren seien ein zusätzlich erforderliches Instrument, weil eine Abschaltung der oft im Ausland erstellten Seiten nicht einfach sei.

Stoppschild auf verdächtigen Seiten

Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, dass Websites mit Kinderpornos über die großen Internetanbieter in Deutschland künftig nicht mehr aufgerufen werden können. Die dafür vom Bundeskriminalamt (BKA) zu erstellenden Sperrlisten sollen täglich aktualisiert werden. Wer trotz des erscheinenden Stoppschilds wiederholt versucht, die entsprechenden Seiten aufzurufen, soll dafür belangt werden können.

Bei Fachleuten stößt die Neuregelung zur Sperrung von Kinderporno-Seiten im Internet auf erhebliche Kritik. Bei einer Anhörung des Bundestags-Wirtschaftsausschusses erhoben Experten datenschutzrechtliche Bedenken und stellten die Wirksamkeit der Regelung infrage. Von der Leyen will daher mit dem Gremium ein zusätzliches Kontrollinstrument für die geplanten Sperrlisten einführen.

Datenschutzbedenken

Hauptstreitpunkt unter den Sachverständigen war nach Angaben des Pressedienstes des Parlaments die Frage, ob der Kampf gegen die Kinderpornografie die Grundrechte der Bürger beschneidet. Im Zuge der Blockade von Internetseiten könnten zum Beispiel personenbezogene Daten gespeichert werden, befürchtete Ulrich Sieber vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht. «Wenn im Gesetzentwurf nicht klar wird, was mit den gesammelten Daten geschehen soll, dann ist das verfassungswidrig.»

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar wandte sich gegen die Erhebung, Speicherung oder Verarbeitung personenbezogener Daten. Schließlich gelangten viele Personen unabsichtlich auf kinderpornografische Seiten, durch Methoden wie Spam oder Phishing.

Bundeskriminalamt für den Entwurf

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei nicht geeignet, den Hintermännern der Kinderpornografie das Handwerk zu legen, wandte der Medienrechtler Dieter Frey ein. «Der Gesetzentwurf lässt eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet vermissen.» Es müsse gegen die Anbieter der Inhalte vorgegangen werden, bevor der Zugang erschwert wird.

Der Direktor des Bundeskriminalamtes (BKA), Jürgen Maurer, sprach sich für den Gesetzentwurf aus. Er begrüßte, dass künftig keine unabhängige Behörde sondern das BKA die Liste gesperrter kinderpornografischer Internetseiten verwalten soll. «Wir können einschätzen, was Kinderpornografie ist, und was nicht.» (afp)