Mülheim. Ein Besuch der Baustelle in Mülheims Parkstadt zeigt: Es wird feudal für die 54 Schüler, die im Sommer starten. Doch zunächst muss viel Geld her.

Bis vor wenigen Tagen gab es sie noch, die Büros der Tengelmann-Mitarbeiter im sogenannten Gebäude zwei der einstigen Hauptverwaltung in Mülheim-Speldorf. Selbst Namensschilder hingen noch im ehemaligen Bau von Kaiser‘s Kaffee. Nun sind Zwischenwände gefallen und ein riesiger Raum mit 550 Quadratmetern Grundfläche ist entstanden: das künftige Zuhause der Kaleidoskopschule. Die Redaktion konnte sich jetzt einen ersten Eindruck verschaffen.

Reste eines fleckigen, blau-grauen Teppichs erinnern an vergangene Zeiten. Nur mittels Spezialmaschine gelingt es den Arbeitern, den fest verklebten Belag abzulösen. Kabel baumeln von der Decke. Graue Folie schützt eine Glastür vor Schäden, und vielleicht auch den Raum dahinter vor noch zu neugierigen Blicken. Ein Dutzend ausgehängter Türen liegt auf dem Boden, gebraucht werden sie hier nicht mehr. Die einzig von mächtigen Betonsäulen durchbrochene Weite soll ja bleiben und nicht wieder zu Klein-Klein werden.

Das ist Teil des Schulkonzepts, das die fünf Initiatoren ausgearbeitet haben. Sprecherin Sandra Komm und ihr Team zeigen auf dem Laptop, wie der lichtdurchflutete Ort in wenigen Wochen aussehen wird. Großzügig ist die erste Vokabel, die dem Betrachter in den Sinn kommt. Da wird viel Platz sein für jeden einzelnen der Fünftklässler.

Seit Dezember steht fest, welche Kinder an Mülheims neuer Schule starten

Kaleidoskopschule in Mülheim an der Ruhr
Die Sanierungsarbeiten haben begonnen: Hier sollen ab Sommer 2025 die Schüler und Schülerinnen der Mülheimer Kaleidoskopschule unterrichtet werden. © FUNKE Foto Services | Martin Möller
Visualisierung der Kaleidoskopschule in Mülheim
Einige wenige Wände werden in den großen Hauptraum eingezogen, damit jede Lerngruppen ein eigenes Klassenzimmer hat - mit Fenstern nach innen und außen. © Connect Architekten | Connect Architekten

Seit Mitte Dezember steht fest, welche Jungen und Mädchen zum Gründungsjahrgang der wohl im Sommer 2025 an den Start gehenden weiterführenden Ersatzschule gehören werden. Knapp 100 Familien hatten sich - trotz nach wie vor ausstehender Genehmigung der Bezirksregierung - getraut, ihr Kind dort anzumelden. Per Losverfahren hat man entschieden, wer einen der 51 begehrten Plätze bekommt, berichten Lehrerin Sandra Komm und ihre Kollegen. Gleich zweimal habe man einen Zwilling gezogen und, da man Geschwister nicht auseinanderreißen wollte, schließlich 53 Kinder angenommen. Um letztlich drei gleich große Lerngruppen einrichten zu können, kam noch ein 54. Kind hinzu - insgesamt also werden je 18 Fünftklässler eine Einheit bilden.

Per Post hatte das Quintett den Familien Bescheid gegeben, bitter enttäuscht waren manche. „Wir sind selbst traurig über jeden, den wir nicht annehmen können“, sagt Lehrer Jan Henning Hansen. An drei Wochenenden im November habe man „ganz tolle Auswahlgespräche“ geführt. „Das war kein Vergleich mit den Gesprächen von früher“, so Wolfgang Dahmen, einst Leiter der Realschule Broich, „es war viel persönlicher.“ Die Eltern hätten dezidiert nachgefragt. Und mehrfach seien Sätze gefallen wie dieser: „Hätte es das bloß schon zu unserer Schulzeit gegeben.“

„Ich bekomme jede Woche mindestens drei Anrufe wegen eines Platzes“

Das Interesse an der weiterführenden Ganztagsschule reißt auch nicht ab: „Ich bekomme jede Woche mindestens drei Anrufe wegen eines Platzes“, erzählt Komm. Einige erkundigten sich sogar schon, ab wann die Anmeldung für 2026/27 möglich ist. Das allerdings wird erst im Herbst der Fall sein.

Vorab bedarf es des endgültigen „Go“ der Bezirksregierung. Die Lehrkräfte sind mittlerweile sehr zuversichtlich. „Wir sind Ende Januar wieder ein großes Stück weitergekommen“, sagt Komm. Das Brandschutzkonzept wurde eingereicht. Feuerwehr, Bauamt, Sachverständige und Vertreter des Parkstadt-Investors Soravia waren beteiligt, „und wenn die Maßnahme jetzt so durchgeführt wird, wie vorgesehen, gibt‘s die Genehmigung“. Vorab steht noch die Bauabnahme an, und Führungszeugnisse sind vorzulegen. „Dann haben wir alles geleistet, was sie wollten“, ist Dahmen sicher. Weil man auch Kinder mit Förderbedarf aufnehmen wolle, wurde jüngst noch ein Inklusionskonzept nachgereicht.

Ein letzter großer Kraftakt steht dem Mülheimer Quintett noch bevor

Kaleidoskopschule in Mülheim an der Ruhr
Die Terrasse auf einem Vordach der einstigen Tengelmann-Hauptverwaltung soll der neuen weiterführenden Mülheimer Schule als Pausenhof dienen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Viel geschafft hat das Team - trotz anfangs beträchtlichem Gegenwind -, selbst die aufwendige Suche nach einem Bürgen, der den Mietvertrag mit Soravia antritt, erfolgreich abgeschlossen. Kürzlich ist es auch gelungen, einen Caterer für das Mittagessen zu gewinnen, erzählt Lehrerin Tanja Schuh. „Die Walkmühle wird uns beliefern.“ Nun steht noch ein letzter Kraftakt bevor: Der riesige Raum im ersten Geschoss sowie weitere 590 Quadratmeter im zweiten wollen mit Möbeln und Materialien ausgestattet werden. Dafür, so sagen die Initiatoren, brauchen sie 150.000 Euro. Aktuell haben sie ein Fünftel davon. Laut Komm muss die staatlich anerkannte Ersatzschule die Erstausstattung selbst finanzieren, erst danach gelte, dass 87 Prozent aller Kosten refinanziert werden.

Tische, Stühle, Schränke und Regale, Whiteboards, Beamer, PCs und anderes Lernmaterial, all das muss her. Plus Besonderheiten wie Lernwaben, Ruhesessel, Sofas und ein hölzernes Podest für eine Art Amphitheater für den Morgenkreis. Es geht um Mobiliar, das an Regelschulen eher nicht vorhanden ist. Dahmen erwähnt erneut die grundlegende Idee des Ganzen, das Konzept für eine Schule, die so ganz anders ist als herkömmlich: „Möbel und Geräte sollen mit unseren Inhalten korrespondieren.“

Dass zum Schulstart möglicherweise noch nicht jeder innovative Wunsch erfüllt ist, damit rechnen sie, aber Tische, Stühle und Co. werde es mit Sicherheit geben. „Eigentlich“, so Dahmen, „braucht es nur 180 Leute in der Stadt, die bereit wären, 1000 Euro zu spenden.“ Froh sei man aber auch über jede kleinere Zuwendung.

„In Kürze unterhalten wir uns schon über Böden und Wandfarben“

Bis Ostern sollen die Möbel bestellt sein, andernfalls wird es knapp mit der Lieferung. Schuljahr Nummer eins der Kaleidoskopschule beginnt ja, so wie für alle anderen auch, schon am 27. August. Im März, beim Kennenlernnachmittag, können die angehenden Fünftklässler erstmals einen Blick in ihre Schulräume werfen. Der fleckig, blau-graue Teppich ist bis dahin verschwunden und wohl auch manch weiße Wand: „In Kürze unterhalten wir uns schon über Böden und Wandfarben“, freut sich Komm. Kollege Hansen formuliert, worauf jeder im Team hinfiebert: „Wir können es kaum erwarten, den Kindern alles zu zeigen. Wir wollen sie endlich wirklich mitnehmen auf unsere emotionale Reise.“

Weitere Informationen zur Schule und möglichen Geld- und Sachspenden gibt es auf kaleidoskop.schule.

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