Mülheim. Dem weltweit tätigen Unternehmen gelingt es, dass sich die Belegschaft als Familie fühlt. Gewinnt der Betrieb so den Mülheimer Wirtschaftspreis?

Sie agieren global, sind ein Team aus rund 5000 Mitarbeitenden, die über den Globus verteilt sind – und doch schlägt in ihrer Mitte in mittelständisches Herz. Als weltweit tätiges Unternehmen mit Basis in Mülheim bewirbt sich die Hans Turck GmbH um den diesjährigen Mülheimer Wirtschaftspreis. Warum die Beschäftigten sich bei dem Automatisierungsspezialisten zu Hause fühlen und ihr Chef unumwunden sagt: „Unser Erfolg ist das Ergebnis von allen.“

Er ist viel herumgekommen in seiner Karriere, beschreibt Klaus Ebinger seinen Werdegang – vor allem amerikanische Großkonzerne lagen auf seinem Weg als Produktmanager. „Doch ich wollte immer zu einem deutschen Mittelständler“, beschreibt der 57-jährige Turck-Mitarbeiter. Denn bei den US-Konzernen habe ihm etwas gefehlt, der amerikanische Duktus sei nicht seins gewesen. Vielmehr war Ebinger wichtig, sich aufgenommen zu fühlen, Wertschätzung zu erfahren und Respekt entgegengebracht zu bekommen. „Ich war auf der Suche nach einer Heimstätte.“ Vor 20 Jahren hat er sie bei der Hans Turck GmbH gefunden, blickt er zurück. Das Familiäre sei ihm wichtig.

Unternehmen beschäftigt 5000 Personen weltweit, davon 370 am Stammsitz in Mülheim

Turck-Geschäftsführer Christian Wolf nickt bei der Schilderung. Die Seele des Mittelständlers sei noch stets greifbar, trotz der großen Belegschaft. „Wir ticken noch so und haben den Spirit eines Familienunternehmens. Das haben uns die Gründer vorgelebt“, sagt Wolf, der selbst bereits seit 27 Jahren im Unternehmen und vom Assistenten der Geschäftsleitung zum Chef aufgestiegen ist. Wie eng das Verhältnis ist – über alle Ebenen hinweg – wird etwa deutlich, wenn die Mitarbeitenden von den jährlichen Weihnachtsfeiern berichten. Dort werden Fotos aller Neugeborenen und aller frisch Vermählten an die Wand geworfen. „Aber nur diejenigen aus Deutschland, sonst wird‘s ein bisschen viel“, schränkt Christian Wolf angesichts der weltweit 5000 Mitarbeitenden, davon 370 am Stammsitz in Mülheim, ein.

Mülheimer Wirtschaftspreis

Der Mülheimer Wirtschaftspreis wird in diesem Jahr zum zweiten Mal vergeben und ist mit 5000 Euro dotiert. Die Auszeichnung widmet sich jährlich einem wechselnden Motto - in diesem Jahr geht‘s um vorbildliches Engagement fürs Personal. Vergeben wird der Mülheimer Wirtschaftspreis bei einer großen Festveranstaltung am 15. November im Luftschiffhangar der WDL am Flughafen Essen/Mülheim.

Der ehemalige Fifa-Schiedsrichter und TV-Experte Urs Meier steht an diesem Abend als Speaker auf der Bühne. Mülheimerinnen und Mülheimer, die bei der Preisverleihung dabei sein möchten, können sich Tickets (35 Euro/Person inkl. Speisen und Getränke) über die Internetseite der Wirtschaftsförderung sichern.

Dass sie sich trotz der Größe und der Entfernung – von Nordamerika über Europa und China bis nach Australien – als Gemeinschaft fühlen, sei einer der Grundpfeiler der Firmenphilosophie, betont der Geschäftsführer, der seine Experten der Automatisierungstechnik als Brückenbauer in der industriellen Transformation hin zur Digitalisierung sieht.

Turck-Team sitzt über den Globus verstreut und arbeitet trotzdem zusammen

Mandy Berger (33) und Klaus Ebinger (57), Angestellte der Hans Turck GmbH in Mülheim, erklären, warum das weltweit tätige Unternehmen den Mülheimer Wirtschaftspreis gewinnen sollte.
Mandy Berger (33) und Klaus Ebinger (57), Angestellte der Hans Turck GmbH in Mülheim, erklären, warum das weltweit tätige Unternehmen den Mülheimer Wirtschaftspreis gewinnen sollte. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Um zukunftsfähig zu sein, habe man bei Turck schon vor Jahren vorausgedacht und Konzepte geschmiedet, wie man mit den Veränderungen in der wirtschaftlichen Welt Schritt hält. Auch das gehört aus Sicht des Geschäftsführers zur Mitarbeiterpflege: „Jemandem zu signalisieren: Wir tun etwas dafür, dass dein Arbeitsplatz auch in zehn Jahren noch besteht.“ Innerhalb von acht Jahren habe das Unternehmen über 100 Millionen Euro aufgewendet, um seine Geschäftsprozesse zu digitalisieren.

Dazu gehöre etwa auch eine interne E-Learning-Plattform. So seien auch die Voraussetzungen dafür ausgebaut worden, dass Mitarbeitende, die über den Globus verstreut sitzen, trotzdem jederzeit als Team zusammenarbeiten können. Anders gehe es angesichts des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels auch gar nicht mehr, macht Christian Wolf mit Blick auf den Kampf um Talente deutlich: „Wir haben inzwischen mehr Mitarbeiter im Ausland als in Deutschland.“

Industrielle Transformation: „Das ist auch eine Herausforderung für die Belegschaft“

Wer nicht weit vorausschaue, laufe Gefahr, irgendwann nicht mehr da zu sein, schlussfolgert Wolf: „Wie etwa bei Kodak oder Agfa, die gibt‘s so nicht mehr, weil Fotos heute digital sind.“ Unternehmen müssten heute mehr denn je auf veränderte Märkte und eine sich wandelnde Erwartungshaltung der Kunden reagieren. Krisen auszusitzen, nach dem Motto „Es ist noch immer gut gegangen“, führe im Zweifel ins Hintertreffen. Dabei weiß Wolf: „Das ist auch eine Herausforderung für die Belegschaft. Denn das ist eine ambitionierte Reise mit hoher Geschwindigkeit.“ Und auch wenn sich eine konjunkturelle Delle abzeichne und das Geschäft ausbremse, wie aktuell, müsse die Belegschaft mitgenommen werden, verdeutlicht der Geschäftsführer seine Personalstrategie: „Wir vermitteln eine starke Vision, die Halt gibt und sinnstiftend ist in einer Atmosphäre von Wertschätzung, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit.“

370 der weltweit rund 5000 Mitarbeiter des mittelständischen Familienunternehmens arbeiten im Mülheimer Hauptsitz.
370 der weltweit rund 5000 Mitarbeiter des mittelständischen Familienunternehmens arbeiten im Mülheimer Hauptsitz. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Herausforderung und Sinnhaftigkeit zugleich findet auch Mandy Berger in ihrem Job, in dem sie als Vertriebsleiterin mit den weltweiten Landesgesellschaften agiert. Dass ihr als junger Frau diese Rolle übertragen wurde, findet die 33-Jährige – zumal in einem Betrieb der Elektrotechnik-Branche – nicht selbstverständlich. „Ich habe hier in der Sachbearbeitung angefangen und bin von meinem Vorgesetzten darin unterstützt worden, aufzusteigen. Ich schätze die Freiräume, die wir haben.“ Sie bekomme die Chance, sich auszuprobieren und trage inzwischen strategische Verantwortung. Dafür erntet die Turck-Mitarbeiterin auch von Wirtschaftspreis-Jurorin Barbara Majerus-Peylo Anerkennung.

Produktdesigner wechselt vom Turck-Stammsitz in Mülheim nach Großbritannien

Freiräume wird auch Klaus Ebinger erkunden, wenn er seinen Traum umsetzt und mit seiner Partnerin nach Großbritannien auswandert. Trotzdem wird der Produktdesigner weiterhin für Turck tätig sein und das „Business Development“ im Vereinigten Königreich betreuen. „So bleibe ich der Turck-Familie erhalten“, freut sich der 57-Jährige über die Lösung, durch die sein Arbeitgeber einen langjährigen Profi in der Automatisierungstechnik halten kann.

Ob es dann „And the Winner is... Turck“ heißen wird, wenn der diesjährige Mülheimer Wirtschaftspreis am 15. November im Luftschiffhangar am Flughafen verliehen wird, entscheiden die Juroren.

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