Herne/Bochum. Bei den Urteilen nach einem aufgeflogenen Drogenring in Herne wird der Hauptangeklagte als dreister Simulant enttarnt. Das steckte dahinter.

Knapp zwei Wochen nach den ersten drei Gefängnis-Urteilen gegen Mitglieder eines aufgeflogenen Herner Drogenrings hat es jetzt auch die „Bosse“ erwischt. Zwei Brüder (32, 37) aus Herne wurden am Freitag, 7. Februar, am Bochumer Landgericht wegen kiloschweren Marihuanahandels zu vier Jahren und zehn Monaten beziehungsweise sechs Jahren Haft verurteilt.

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Die Geschwister aus einer Herner Großfamilie sitzen seit ihrer Festnahme am Rande einer Großrazzia im März 2024 inzwischen fast elf Monate in U-Haft. Drogenfahnder hatten damals im Anschluss an Observationen und Telefonüberwachungen zeitgleich 21 Wohnungen und Geschäftsräume in Herne durchsucht. In einer „Bunkerwohnung“ der Gruppe an der Hermann-Löns-Straße stießen die Ermittler auf Marihuana, Ecstasy-Tabletten, Kokain, Amphetamine, Heroin und diverse Medikamente.

Richter über Drogenboss aus Herne: „Es ging ums Geldverdienen im großen Stil“

Laut Urteil war der ältere der beiden Herner Brüder spätestens 2022 erneut als Dealer in die Szene eingestiegen. Bereits 2016 hatte ihn das Amtsgericht Herne wegen Drogenhandels zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. „Diesmal war es sein Ziel, ein Leben mit luxuriösen Reisen und teuren Autos zu führen“, sagte Richter Thorsten Fülber. „Es ging ums Geldverdienen im großen Stil.“

Marihuana
Im Prozess ging es um Marihuana-Geschäfte in einem Gesamtvolumen von rund 50 Kilogramm. Dreh- und Angelpunkt war eine „Bunkerwohnung“ an der Hermann-Löns-Straße (Symbolbild). © DPA Images | Daniel Bockwoldt

Damit das Jobcenter ihn „in Ruhe“ lässt, er seine gesamte Freizeit in den Drogenhandel stecken und darüber hinaus Sozialleistungen einstreichen kann, hatte der Herner laut Urteil einen perfiden Plan ausgeheckt. „Der Angeklagte ließ sich eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizieren, die er tatsächlich gar nicht hat“, hieß es in der Urteilsbegründung. Das habe sich zweifelsfrei nachweisen lassen. Ein solches Vorgehen, so das Gericht weiter, dokumentiere nichts anderes als eine „rechtsfeindliche Gesinnung“. Laut Urteil hat der 37-Jährige das Simulieren eines Traumas zum Abkassieren von Sozialleistungen in seinem Umkreis sogar unverhohlen „zur Nachahmung“ empfohlen.

Herne: Geschäfte mit rund 50 Kilogramm Marihuana abgewickelt

Das Gesamtvolumen der von dem aufgeflogenen Drogenring um die beiden Herner Brüder abgewickelten Marihuana-Deals beläuft sich auf rund 50 Kilogramm. Im Urteil wurde gegen den älteren Bruder die Einziehung von Taterträgen von 254.000 Euro angeordnet. Nach dem Einstieg des jüngeren Bruders Ende 2023 handelte die Gruppe dann laut Urteil auch mit Marihuana in „Kali-Qualität“ mit deutlich höherem Wirkstoffgehalt.

Gegen einen dritten Herner (31) aus der Führungsriege des Drogenrings verhängte die 1. Strafkammer drei Jahre und drei Monate Haft. Zuvor waren bereits drei weitere ursprünglich Mitangeklagte aus Herne, darunter der Mieter der Bunkerwohnung an der Hermann-Löns-Straße, zu Gefängnisstrafen von bis zu zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Einem der Männer war für werthaltige Aufklärungshilfe eine Strafmilderung zugebilligt worden.

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