Herne. Die Asche von Verstorbenen in 25 Kilometern Höhe verstreuen? Ein Herner Bestatter bietet mit Ballons eine ungewöhnliche „letzte Reise“.
Die deutsche Bestattungskultur hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Die Zahl der traditionellen Erdbestattungen mit Sarg sinkt kontinuierlich, andere Arten wachsen stetig, etwa die Beisetzung der Asche in Kolumbarien, im Friedwald oder auf dem Meer. „Erdbestattungen sind inzwischen die Ausnahme“, sagt der Herner René Kullick. Er bietet darüber hinaus als einziger Bestatter in der Region eine ziemlich außergewöhnliche Form an: die Asche-Ausstreuung mit Hilfe von Ballons.
Ballons steigen bis auf 25 Kilometer und platzen dann
Denkt man an die Redewendung, dass jemand „in den Himmel kommt“, dann passt die Ballon-Bestattung bestens. Dabei werde die Asche des Verstorbenen am Ort des Aufstiegs in Ballons gefüllt, zusammen mit Helium. Dann würden die Ballons bei der Trauer-Zeremonie in die Luft gelassen und aufsteigen. Die Trauergäste könnten den Aufstieg recht lange mitverfolgen. Bis zu 25 Kilometer Höhe könnten die Ballons erreichen, dann hätten sie sich so weitausgedehnt, dass sie platzen und die Asche entweiche. Da in dieser großen Höhe starke Winde herrschten, würde die Asche nicht mehr zurück auf die Erde rieseln, auch der Ballon nicht. Er bestehe aus Naturlatex, das löse sich auf, wenn es mit Wasser in Berührung komme. So sei die Bestattung nachhaltig, daneben gebe es noch einen anderen Aspekt: Eine Grabpflege entfalle.
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Ballons steigen lassen hat auch viel mit Loslassen zu tun
Die Ballonbestattung hat für Kullick in mehrfacher Hinsicht starke Symbolkraft: Wenn die Asche in der Atmosphäre verstreut sei, sei der Verstorbene quasi immer allgegenwärtig, egal wo man sei. „Sie schauen in den Himmel, und der Angehörige ist immer da. Überall auf der Welt.“ Und die Höhe von 25 Kilometern komme dem All - und damit der Unendlichkeit - sehr nahe. Außerdem: Wenn die Angehörigen den Ballon aufsteigen lassen, habe das auch viel mit Loslassen zu tun.
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Seit 2019 bietet der 36-Jährige diese Form der Bestattung - allerdings nicht in Deutschland. Der Grund: Da es in Deutschland nach wie vor einen gesetzlichen Bestattungszwang gibt, sind die Ballons hierzulande nicht gestattet. In den Niederlanden ist man liberaler, dort sei die Bestattungsform auch vor rund 20 Jahren erfunden worden, so Kullick im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Er selbst sei 2019 darauf gestoßen, als er nach einer passenden Bestattungsform für einen verstorbenen Segelflieger gesucht habe.
Kullick: Die Zahl der Anfragen steigt
Rund 30 Luftbestattungen führe er pro Jahr durch, die Zahl der Anfragen steige. Oft würden Strände an der niederländischen Küste als Ort für die Auflassung gewählt, aber auch Felder und Parkanlagen kämen in Frage. Es gebe nur wenige Zonen, die wegen des Luftverkehrs nicht gestattet seien. Im Übrigen sei auch im restlichen europäischen Ausland die Ballonbestattung erlaubt, unter anderem habe er eine Anfrage aus Italien vorliegen. Auch im Elsass hätten seine Frau und er schon Ballons steigen lassen. Die Zeremonie könnten die Verwandten und Freunde so gestalten, wie sie es mögen. So können kleine Botschaften wie ein Brief mitgeschickt werden, sind Kinder bei der Trauerfeier, könnten sie kleinere Heliumballons steigen lassen. Das Feedback der Kunden sei bislang sehr positiv.
Die Kosten für eine Ballonbestattung liegen bei etwa 4500 Euro. Detailinformationen unter www.bestattungen-kullick.de