Herne. Sie hatten sich bei Snapchat kennengelernt. Dann bezahlt ein Azubi (20) aus Herne eine 13-Jährige für Nacktfotos. Vor Gericht kommt es zu einem „Deal“.
Ein Auszubildender aus Herne kann vorerst aufatmen: Nach einem Prozess am Bochumer Jugendschöffengericht bleibt dem 20-Jährigen ein Strafregistereintrag wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vorerst erspart. Das Verfahren wurde vorläufig eingestellt.
Der angehende Mechatroniker hatte im Juli 2024 über die vor allem bei vielen Jugendlichen beliebte Social-Media-App Snapchat ein Mädchen aus Dortmund kennengelernt. „Wir haben uns gegenseitig über Snapchat geaddet“, sagte der 20-Jährige. Gemeint war damit, dass beide den jeweils anderen in eine Art Freundesliste hinzugefügt hatten, um sich dann Foto- und Videoclipnachrichten schicken zu können. Die Besonderheit von Snapchat besteht darin, dass sich Empfänger die erhaltenen Bilder oder Videos nur zeitlich begrenzt ansehen können, diese sich später selbst löschen.
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Schon nach kurzer Zeit chattete das Duo beinahe täglich. „Sie kam sehr nett rüber und hat mich irgendwann gefragt, ob ich ihr nicht etwas Geld schicken könnte“, erinnerte sich der junge Herner. Er sendete ihr dann über den Onlinebezahldienst Paypal 20 Euro und fragte im Gegenzug via Snapchat: „Und was kriege ich dafür?“
Herner räumt ein: „200 Euro können es schon gewesen sein“
Danach schickte das Mädchen ihm erste freizügige Fotos von sich. Später, nach weiteren „Finanzspritzen“ von ihm („Insgesamt 200 Euro können es schon gewesen sein“), seien dann auch Nacktbilder von dem Mädchen auf seinem Handy angekommen, gab der Azubi zu. Auch er habe welche von sich verschickt. Einmal habe die Schülerin ihm danach auch ein Video in aufreizender Pose vor dem Spiegel geschickt. „Das war schon alles dumm von mir“, resümierte der 20-Jährige.
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Dass das Mädchen erst 13 Jahre alt war, will er nicht gewusst, dass er durch seine indirekte Nacktfotoaufforderung in strafrechtlicher Hinsicht wohl ein Kind sexuell missbraucht hat, nicht geahnt haben, beteuerte der Auszubildende. Er: „Sie war doch auch schon geschminkt. Ich habe sie auf mindestens 16 oder 17 Jahre geschätzt.“
Wegen der bei Snapchat typischen Selbstlöschfunktion gab es kein einziges verschicktes Nacktfoto in den Ermittlungsakten. Und damit unterm Strich keine handfesten Beweise. Die Anklage stützte sich im Wesentlichen auf die Zeugenangaben des Mädchens. Ein persönliches Bild von der 13-Jährigen (auch wegen einer optischen Alterseinschätzung) hätte sich auch Richterin Maren Butscher gerne gemacht. Doch die Schülerin aus Dortmund weigerte sich, vor Gericht zu erscheinen. „Sie sagt, sie schafft es mental nicht, hier herzukommen und als Zeugin auszusagen“, erklärte ihre Mutter.
Herne: Mädchen fiel plötzlich durch „viele neue Klamotten“ auf
Die Mutter war es auch, die damals zufällig von dem Nacktbilder-Chat erfahren und die Ermittlungen gegen den Herner ins Rollen gebracht hatte. Denn ihre Tochter war auf einmal durch „vielen neuen Klamotten“ aufgefallen, hatte anfangs noch herumgedruckst, dann aber doch zugegeben, dass sie online jemanden kennengelernt hat, der ihr Geld für Nacktfotos schickt. „Da habe ich die Polizei eingeschaltet“, so die Mutter.
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Gericht und Staatsanwaltschaft würdigten am Ende die freimütigen Angaben des Herner Auszubildenden über den Chat und ließen sich auf eine Art „Deal“ ein: Wenn der 20-Jährige binnen sechs Monaten insgesamt 900 Euro an den Kinderschutzbund Herne zahlt, wird das Strafverfahren eingestellt.