Herne/Bochum. Nach einer Großrazzia mit 21 durchsuchten Wohnungen in Herne fallen die ersten Urteile. Dabei profitiert ein Dealer vom „Judasparagrafen“.
Die Fahnder kamen um 6 Uhr früh – sie fanden im großen Stil, was sie suchten. Zehn Monate nach einer groß angelegten Drogenrazzia in Herne sind drei Dealer am Bochumer Landgericht zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Das Trio war verstrickt in kiloschwere Marihuana-Geschäfte.
Die Richter der 1. Strafkammer verhängten als höchste Strafe zwei Jahre und zehn Monate Haft gegen einen 42-jährigen Herner, der unter anderem Mieter der „Bunkerwohnung“ des mutmaßlichen Drogenrings an der Hermann-Löns-Straße gewesen ist. Bei einem 47-Jährigen fiel die Strafe am Ende einen Monat geringer aus. Beide Herner können einen Teil ihrer Haftstrafe allerdings anrechenbar in einer geschlossenen Drogen-Entzugsklinik verbüßen. Ein 53-Jähriger wurde zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.
Herne: Angeklagter zog den „31er“ und umging so eine deutliche höhere Strafe
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Alle drei Herner hatten weitgehend Geständnisse abgelegt. Einer von ihnen hätte voraussichtlich angesichts der bei ihm zugrunde zu legenden Drogenmengen mit einer noch weitaus höheren Strafe rechnen müssen. Doch er profitierte von dem so genannten „31er“ (Paragraf 31 Betäubungsmittelgesetz): einer Strafmilderungszusage für frühe und werthaltige Aufklärungshilfe sowie Kooperation mit den Ermittlern. In der Drogenszene wird der „31er“ nicht selten auch als „Judasparagraf“ bezeichnet.
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Ursprünglich war das Verfahren vor der 1. Strafkammer am 13. September 2024 gegen sechs mutmaßliche Mitglieder eines Herner Drogenrings gestartet. Als Hauptangeklagte und mutmaßliche Bosse der Gruppe gelten zwei Herner Brüder (32 und 37) und ein 31-Jähriger, die seit ihrer Festnahme im März 2024 weiterhin in Untersuchungshaft sitzen. Der Prozess gegen diese drei Männer wird weiter fortgesetzt.
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Am 20. März 2024 gegen sechs Uhr früh hatten Drogenfahnder im Anschluss an umfangreiche Observationen und Telefonüberwachungen bei einer großen Razzia zeitgleich 21 Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht – und dabei mehrere „Volltreffer“ gelandet. Laut Staatsanwaltschaft wurde in den Wohnungen zahlreiches belastendes Beweismaterial sichergestellt: darunter kiloweise Marihuana, Ecstasy-Tabletten, Kokain, Amphetamine, Heroin und diverse Medikamente.
Die Staatsanwaltschaft wirft einem der hauptangeklagten Herner Brüder vor, spätestens im September 2022 in den Drogenhandel eingestiegen zu sein. Regelmäßig soll der Herner im großen Stil Marihuana als eine Art Großdealer angekauft haben.
Herne: Eine Wohnung an der Hermann-Löns-Straße war „Bunkerlager“
Von den jetzt Verurteilten soll das Gras dann in der Szene weiterverkauft worden sein. Als Bunkerlager für das Marihuana soll eine Wohnung an der Hermann-Löns-Straße genutzt worden sein. Das Gras wurde dort laut Anklage zeitweise kilo- und tütenweise „hinter der Küchentür deponiert“. Insgesamt geht es um mutmaßliche Deals in einem Gesamtvolumen von rund 50 Kilogramm.
Die Anklage skizziert neben An- und Verkäufen auch mehrere Besorgungsfahrten. In Dortmund soll einer der Herner am 17. Januar 2024 drei Kilogramm Marihuana der besonders hochwirksamen Sorte „Oreoz“ angekauft haben. In Essen soll sich die Herner Gruppe zudem mit insgesamt mindestens sieben Kilogramm Marihuana in „Kali-Qualität“ eingedeckt haben. Laut Staatsanwaltschaft ist die Sorte „Kali“ ein Marihuana (Gras) mit einem gehobenen Wirkstoffgehalt von mindestens 30 Prozent.