Heiligenhaus/Hösel. Über Brustkrebs reden Menschen auch in Heiligenhaus äußerst ungern. Eine Aktion im Golfclub Hösel soll klarmachen: Darüber sprechen ist wichtig.

Unter der brennenden Sonne gleitet ein Golfcart vorbei an makellosen grünen Rasenflächen und Sandbunkern, mit Clubmitglied Georg Begemann (79) am Steuer. Hinter den Büschen taucht eine Gruppe von vier Frauen auf, alle in leuchtendem Pink gekleidet. Begemann bremst, jetzt muss es leise sein. Brigitte Glasmacher steht am Abschlag. Der Golfball sitzt auf dem Tee, ihre Füße stehen schulterbreit, Hüften und Schultern sind parallel zur Ziellinie ausgerichtet. Sie holt tief Luft.

Plötzlich blickt sie auf und ruft ihrer Gruppe zu: „Geht mal weg, ich kann mich so nicht konzentrieren!“ Rasch treten ihre pinken Mitspielerinnen ein paar Schritte zur Seite. Glasmacher schlägt ab, der Ball saust durch die Luft. Ein synchrones „Schööön“ erklingt von den Golferinnen. Sie verstehen es, Spaß zu haben, doch ihr Ehrgeiz ist ungebrochen. Jeder Schlag zählt, denn sie spielen für die Brustkrebsfrüherkennung.

Höseler Golferinnen über Brustkrebs: „Fast jeder kennt jemanden“

Am Golfclub Hösel spielen Frauen für Pink Ribbon. Georg Begemann (79) wurde als „Mann für alles“ auserkoren.
Am Golfclub Hösel spielen Frauen für Pink Ribbon. Georg Begemann (79) wurde als „Mann für alles“ auserkoren. © Charlotte Vreden

Mitten auf der weitläufigen Anlage des Golfclubs Hösel findet an diesem Tag ein besonderes Turnier statt: Die Spielerinnen treten an, um im Zeichen der pinkfarbenen Schleife ihre Solidarität mit an Brustkrebs erkrankten Frauen zu zeigen. An unserer Seite ist Begemann, der für diesen Tag zum „Mann für alles“ ernannt wurde. Von der Vorbereitung des Platzes bis zur Verpflegung der Spielerinnen– er sorgt dafür, dass alles reibungslos läuft. Seine Frau Gaby ist selbst Teilnehmerin des Turniers, was für ihn bedeutet: Er darf es nicht versemmeln.

Die Pink Ribbon Damentag-Serie

Von April bis Oktober findet deutschlandweit die Pink Ribbon Damentag-Golfserie statt. Tausende Golferinnen und Golfer zeigen an einem Tag Solidarität mit betroffenen Frauen. Ihre Teilnahmegebühr von 15 Euro unterstützt die Aufklärungsarbeit von Pink Ribbon Deutschland und das Projekt PINK KIDS.

Dann kommt plötzlich die Aufforderung: „Fahr mal vor!“ Ich? Noch nie bin ich Golfcart gefahren. Aber lustig sieht es aus. „Gas geben und wenig lenken“, instruiert mich Begemann, während ich mich hinter das Steuer setze. Gas, Bremse, Lenkrad, Navi – ich bin bereit. Schon drücke ich auf das Gaspedal und gleite über das satte Grün. Golf ist vielleicht nicht mein Steckenpferd, aber Golfcart fahren könnte ich den ganzen Tag. Nach einer wundervollen Minute hole ich Begemann ab, und gemeinsam fahren wir zur Halfie-Hütte. Während der Fahrt kommen wir ins Gespräch. „Brustkrebs ist ein schwieriges Thema, besonders für Frauen“, sagt er. „Fast jeder kennt jemanden, der betroffen ist oder an der Krankheit gestorben ist.“

Golf ist reicher Seniorensport? „Das stimmt heute wirklich nicht mehr“

Die Golferinnen am Golfclub Hösel durften sich über einige nützliche Goodies freuen: Schweißbänder, Bleistifte, Golfbälle und Tees.
Die Golferinnen am Golfclub Hösel durften sich über einige nützliche Goodies freuen: Schweißbänder, Bleistifte, Golfbälle und Tees. © Charlotte Vreden

Gespielt wird der Chapman-Vierer: Zwei Spielerinnen bilden ein Team. Beide Partnerinnen schlagen an jedem Abschlag einen Ball, danach tauschen sie die Bälle und schlagen jeweils den Ball der Partnerin. Nach dem zweiten Schlag wählen sie einen der beiden Bälle aus und spielen diesen abwechselnd weiter. „Golf ist anstrengender, als die meisten denken“, erzählt Begemann. Die Spielerinnen legen in mehreren Stunden viele Kilometer zu Fuß zurück, während sie ihre zwölf bis 15 Kilogramm schweren Golftaschen tragen. Dennoch beschwert sich keine. Viele der Damen spielen drei- bis viermal pro Woche und das oft für bis zu vier Stunden.

In der Halfie-Hütte brüht Begemann frischen Kaffee auf. Hier werden gleich die ersten Spielerinnen zur Halbzeit eintreffen. Die Hütte ist festlich geschmückt: pinke Girlanden, pinke Tischdecken und pinke Luftballons setzen das Motto des Tages in Szene. „Golf hat ja den Ruf, ein Sport für reiche Senioren zu sein“, sagt der fast 80-Jährige und zeigt lachend auf sich selbst. „Aber das stimmt heute wirklich nicht mehr.“ Tatsächlich sieht man am Golfclub Hösel viele junge Gesichter, der Club trainiere rund 150 Kinder und Jugendliche.

An der Höseler Halfie-Hütte: „Niemand spricht gern über Krebs“

Zwischenstopp für die Höseler Golferinnen: Hier können sie entspannt eine Pause einlegen.
Zwischenstopp für die Höseler Golferinnen: Hier können sie entspannt eine Pause einlegen. © Charlotte Vreden
Während der Halbzeitpause des Pink-Ribbon-Golf-Turniers in Hösel stärkten sich die Teilnehmerinnen mit Kaffee und Kuchen.
Während der Halbzeitpause des Pink-Ribbon-Golf-Turniers in Hösel stärkten sich die Teilnehmerinnen mit Kaffee und Kuchen. © Charlotte Vreden

Also Golf ist kein Rentnersport, aber wie teuer ist er wirklich? Als Einzelmitglied zahlt man in Hösel etwa 2.000 Euro im Jahr, für Ehepaare gibt es günstigere Tarife. Jugendliche zahlen bis zum Ende ihrer Ausbildung 575 Euro jährlich. Hinzu kommen noch die Kosten für Ausrüstung wie Schläger, Tasche und Schuhe, die variieren stark können, man müsse aber mindestens mit 500 oder 1.500 Euro rechnen. Um die Grundregeln des Sports zu erlernen, benötigt man zudem die Platzreife, die in der Regel zwischen 300 und 500 Euro kostet.

Aber zurück zur Halfie-Hütte. Allmählich treffen die ersten Golferinnen ein. Die meisten sind in bester Laune, und wenn sie den selbstgebackenen Kuchen entdecken, heitert sich jede Stimmung sofort auf. Lange verweilen sie jedoch nicht, sie essen schnell, um zügig weiterspielen zu können. Ein kurzer Plausch passt trotzdem noch ins Zeitfenster. „Niemand spricht gern oder überhaupt über Krebs“, sagt eine der Golferinnen. Besonders Themen, die „gynäkologisch“ seien, würden oft ganz vermieden. Das wollen sie ändern.

Höseler Golferin: „Wenn es ernst wird, funktioniert man nicht mehr normal.“

„Mit diesen Ängsten und Arztbesuchen ist man dann meistens allein. Wenn es ernst wird, funktioniert man auch einfach nicht mehr normal.“ Die Angst vor Krebs und die Angst vor dem Tod seien Themen, über die man mehr sprechen sollte, damit niemand mit seinen Ängsten allein bleibt. Die Golferin betont: „Dann ist es doch toll, an einem sonnigen Tag gemeinsam mit den Golfpartnerinnen über Krebs aufmerksam zu machen.“

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