Heiligenhaus. Wenn Tausende Menschen aus dem Wasser kommen, ist für das Team im Freibad noch einiges zu tun. Und auch nachts gibt es ungebetene Gäste: Doch das ist gefährlich.
Der Parkplatz des Heljesbads leert sich langsam. Dass hier den Tag über viel los war, erkennt man an den Autos, die entlang der Selbecker Straße auf dem Bürgersteig parken. Das Ordnungsamt war wieder einmal gnädig, die Schwimmer erwartet offensichtlich kein Knöllchen. Es ist 18 Uhr, noch eine Stunde kann offiziell geplantscht werden, die ersten Familien verlassen jedoch bereits das Freibad, während einige noch am klug positioniertem Eiswagen Halt machen. Doch was passiert, wenn auch die letzten Gäste durch die Drehtüre nach Hause verschwinden? Und gibt es noch nächtliche Besucher?
Es ist voll, es ist laut: 31 Grad zeigt das Thermometer im Freibad am Mittwochabend noch an, 28 Grad hat da das Familienbecken, 26 Grad das Schwimmerbecken. Vor dem Kiosk nimmt die Schlange langsam ab, „Freibad-Pommes sind das Beste“, kommt da gerade ein kleiner Junge mit einer großen Portion um die Ecke und mampft genüsslich seine Kartoffelstäbchen mit Mayo. Wenige Meter weiter nimmt eine Mutter ihren weinenden Sohn in den Arm, nein, er hat sich wieder nicht vom Dreier getraut. Auf dem Sprungturm in fünf Metern Höhe steht ein Teenager, „ich trau mich nicht“, ruft er der Bademeisterin zu, die ihn motiviert und ihm Tipps gibt, während kreischende Teenies im Wasser sich entweder nass spritzen, Schulterkämpfe ausfechten oder Ball spielen.
Heiligenhauser Schwimmmeister beobachten die Lage die ganze Zeit
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Das bunte Treiben schauen sich auch die Schwimmmeister von ihrem Posten aus an. „Ob man will oder nicht, die letzten Freibadtage sind angebrochen“, schaut Oliver Fischer über die Becken. Zwar sei es auch in den letzten Tagen sehr voll gewesen, und weitere schöne Tage kommen, aber dass die Ferien vorbei sind, merke man eben auch im Freibad. Trotz der vielen Tausend Besuchenden habe es keinen großen Vorfall gegeben, freut sich auch Bäderleiter Holger Brembeck und erklärt die aufgestellten Hanf-freien Zonen: „Da mussten wir schon ein paar hartnäckige junge Menschen darauf hinweisen, dass es trotz der Legalisierung im Freibad nicht erlaubt ist“.
Ein paar Schürfwunden, hier und da mal ein Pflaster, aber auch eine ausgekugelte Schulter nach einem Fehlsprung, für die Schwimmeisterinnen und Meister ist immer was zu tun. Wie auch um 18.30 Uhr am Sprungturm. Der Junge steht noch immer oben, traut sich nicht, mittlerweile schaut das halbe Bad zu. Doch dann, platsch, ist er unten – alles gut gegangen, der Sprungturm kann geschlossen werden. Nach und nach verlassen auch immer mehr Kinder und Jugendliche die Becken, „meine Eltern meckern, wenn wir nicht pünktlich raus sind“, mauzt ein Mädchen ihre Freundinnen an, die noch keine Lust haben, das Bad zu verlassen. Das zieht dann doch.
Mit den letzten Gästen starten die ersten Aufräumarbeiten
Die letzten Schwimmer ziehen ihre Bahnen, die Abendsonne, die noch immer ordentlich Kraft hat, wird genossen, doch ohne große Aufforderung wird es immer leerer und leerer. Um kurz nach 19 Uhr sind noch vereinzelt Jugendliche da, „da müssen wir dann nochmal nett hinweisen, denn normalerweise starten dann die Vereine und die Schwimmausbildung“, berichtet Holger Brembeck. Oliver Fischer nimmt derweil eine Wasserprobe, während Schwimmeister Ercan Sönmez den Saugroboter anschmeißt. Mittwochabend trainieren keine Vereine, da kann das Becken dann in aller Ruhe richtig gereinigt werden, erklärt er. Sand, Laub, Haarbänder, Pflaster, so einiges hat sich eben an Tagen wie diesen, mit teils Tausenden Besuchern, am Beckenrand abgesetzt. „Morgen früh ist alles wieder frisch“, freut sich Fischer.
Das Bäderteam ist endlich alleine, gegen 19.15 Uhr packen alle mit an, damit es in den Feierabend gehen kann. Ercan Sönmez sitzt da mittlerweile auf dem Sprungturm und leitet den Saugroboter mittels einer Fernbedienung an, die Sonne geht unter, wo vor einer halben Stunde noch reges Treiben und Lärm war, senkt sich Leere und Ruhe über die Wiesen und Becken. Da wird auch Holger Brembeck kurz sentimental: „Das hat schon was“, schaut er über die Bäderfläche. Der Wind weht, es ist ein perfekter Sommerabend, „aber jetzt noch ins Wasser, da würde man schnell frieren“. Deswegen ist er auch beim Thema nächtliches Schwimmen im Freibad un-euphorisch: „Die Wahrheit ist, es ist kalt und auch nicht wirklich schön, das kann schon unheimlich sein, denn es ist stockduster“.
Nächtlicher Einbruch ins Freibad bringt nicht nur Anzeige, sondern ist auch gefährlich
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Und es sei auch sehr gefährlich, warnt Brembeck: „Gerade alkoholisiert kann es zu schweren bis tödlichen Unfällen kommen. Das haben wir leider schon gehabt, morgens eine Wasserleiche zu finden, ist alles andere als lustig“. Es sei ja auch nicht immer ein „dummer-Jungen-Streich, sondern es kann auch immer zu Vandalismus kommen. Leere, zersplitterte Glasflaschen im Babybecken, die wir morgen entdecken, das macht uns sauer“.
So einfach sei es auch heute gar nicht mehr, mal eben über den Zaun, so wie früher: „Es kommt noch immer mal wieder vor, aber da drücken wir keine Augen zu“, betont Brembeck. Dabei handele es sich eben um Hausfriedensbruch. Die ein oder andere lustige nächtliche Anekdote könne er zwar sicher zum Besten geben, wie der Mann, der am nächsten Morgen sein verlorenes Gebiss im Wert von 15.000 Euro suchte, aber Brembecks Mund bleibe ansonsten verschlossen. Was im Heljensbad passiert, bleibt eben im Heljensbad, egal zu welcher Uhrzeit.
Die Sonne geht unter, die Arbeiten sind alle beendet – und hoffentlich ist erst am nächsten Morgen der nächste Badegast wieder im sauberen Wasser. Solange, bis der Spätsommer eben hält. Ob das Freibad im nächsten Jahr wieder öffnet, wo es nun endlich vorangeht beim Thema Sanierung, bleibt die spannende Frage.