Gladbeck. Die Platanen vor dem Haus sind eine Gefahr, sagt Familie Demir. Droht die Fällung der 100 Jahre alten Bäume? Das sagen der ZBG und ein Anwalt.

Önder Demir und sein Vater Tuncay sind sauer: Seit über zehn Jahren wohnen sie im Brinkerfeld in Gladbeck. Doch seit einiger Zeit stört sie eine Sache gewaltig. Die Platanen in ihrer Straße wurzeln so stark aus, dass sie einen Schaden an ihrem Eigentum fürchten. Sie fordern die Stadt auf, die Bäume zu fällen. Was der ZBG und ein Rechtsanwalt dazu sagen.

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Platanen in Gladbeck: Anwohner fordern, dass sie gefällt werden

Bereits zu Jahresbeginn wandte sich Önder Demir nach eigener Aussage erstmals an den ZBG. Er sagt, er melde sich seitdem regelmäßig – bislang ohne Ergebnis. „Die Wurzeln haben schon die Bodenplatten in meiner Einfahrt hochgeschoben“, berichtet der 30-Jährige. Besonders beunruhige ihn, dass diese seiner Wärmepumpe vor dem Haus gefährlich nahekommen könnten. Vor einiger Zeit habe Demir bereits eine defekte Abwasserleitung ersetzen müssen – auf eigene Kosten. „Ich habe Angst, dass die Wurzeln irgendwann das Fundament meines Hauses erreichen. Die Bäume stehen wirklich nah dran“, sagt er.

„Ich habe Angst, dass die Wurzeln irgendwann das Fundament meines Hauses erreichen. “

Önder Demir, Hausbesitzer

Der Hausbesitzer ist verzweifelt: „Ich habe Angst um mein Eigentum.“ Ein vor Ort Besuch unserer Redaktion zeigt, dass einzelne Steine in der Einfahrt des Gladbeckers durch die Wurzeln noch oben geschoben wurden. Vater Tuncay Demir zeigt außerdem die PV-Anlage auf der rückwärtigen Seite des Daches. „Die war richtig teuer, wir haben auch Angst, dass die Äste des Baumes herunterfallen und sie beschädigen.“

Vor Ort zeigt sich: Die Wurzeln schieben einzelne Bodenplatten nach oben.
Vor Ort zeigt sich: Die Wurzeln schieben einzelne Bodenplatten nach oben. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Demirs fühlen sich alleine gelassen: „Es heißt doch immer, wir sollen auf erneuerbare Energien setzen, aber dann wird einem das Leben schwer gemacht.“ Natürlich sei es bedauerlich, wenn die Bäume gefällt werden würden. „Aber man könnte ja neue pflanzen“, schlägt Önder Demir vor. Am Fußgängerweg seien die Steine außerdem krumm und schief: „Da ist die Gefahr vor Verletzungen doch auch hoch.“ Nach seiner Aussage hätten auch die anderen Anwohner in der Straße Probleme und würden die Fällung der Platanen befürworten.

ZBG: „Eine Fällung des Baumes ist nicht erforderlich“

Die Situation vor Ort sei bekannt, heißt es vom ZBG: „Abgesehen von den regulären ein- bis zwei Kontrollen der Straßenbäume im Jahr, fanden bereits im letzten Jahr sowie erneut in diesem Jahr Ortsbegehungen an genannter Straße statt.“ Beim diesjährigen Ortstermin seien keine Schäden an der Wärmepumpe festgestellt worden, ebenso keine kranken Äste. Ein Rückschnitt gesunder Äste, um die Photovoltaikanlage zu schützen, gelte seitens des ZBG als unverhältnismäßig, da das den Baum nachhaltig schädigen würde. Auch Schäden am Haus seien nicht erkennbar.

Weiter heißt es: Vergleichbare Bäume in Gladbeck stehen ähnlich nah an Häusern – ohne, dass nennenswerte Schäden entstanden seien. Eine Fällung des Baumes sieht der ZBG deswegen als nicht verhältnismäßig an, selbst wenn etwas kaputtgehen sollte. In der Regel könnte das dann ohne eine Baumfällung repariert werden. Zum Beispiel könnten einzelne Wurzeln entfernt werden, um Pflasterflächen instand zu setzen. Die Regulierung von Schäden erfolge über das Rechtsamt der Stadt, so der ZBG.

Im Brinkerfeld in Gladbeck stehen die riesigen Platanen: Diese sind über 100 Jahre alt.
Im Brinkerfeld in Gladbeck stehen die riesigen Platanen: Diese sind über 100 Jahre alt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die rund 100 Jahre alte Platanenallee sei zudem als geschützte Allee eingetragen und erfülle eine bedeutende ökologische und klimatische Funktion. Der Erhalt der Altbäume habe Vorrang, da Jahrzehnte vergehen würden, bis Jungbäume ihre Funktionen übernehmen könnten. Der Schutz solcher Straßenbäume sei daher aus Klimaschutzsicht essenziell. Aber wie sieht es rechtlich eigentlich aus?

Muss die Stadt handeln? Ein Rechtsanwalt erklärt

Grundstückseigentümer hätten ein Recht darauf, dass Baumwurzeln, von städtischen Bäumen, nicht auf ihr Grundstück einwachsen, erklärt Rechtsanwalt Arndt Kempgens. „Wenn das so ist, muss die Stadt handeln.“ Dabei müssten die betroffenen Bäume aber nicht zwangsläufig gefällt werden. Alternativen wie Wurzelsperren könnten verhindern, dass sich die Wurzeln weiter ausbreiten. Entstehen jedoch Schäden an einer Wärmepumpe oder am Haus, könnte die Stadt dafür haftbar gemacht werden.

Anders bewertet Kempgens den Fall der PV-Anlage von Önder und Tuncay Demir: „Hier besteht keine Gefährdungshaftung.“ Das bedeute, dass die Stadt lediglich verpflichtet ist, die Bäume regelmäßig zu kontrollieren. „Solange dabei keine Mängel festgestellt werden, ist sie nicht haftbar für mögliche Schäden“, erklärt er.

Wiederum anders ist das bei Gehwegen: „Ist der Gehweg beeinträchtigt, ist die Stadt in der Pflicht, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten“, so Kempgens. Welche Maßnahmen erforderlich sind, hängt von der Größe der Unebenheiten ab. Kleinere Abweichungen müssten nicht sofort behoben werden.