Gladbeck. Die Ampel-Koalition in Berlin ist gescheitert. So sehen Gladbecks Vorsitzende von SPD, Grüne und FDP die Lage und die Bedeutung für Gladbeck.

Eine Neuauflage der Ampelkoalition in Berlin wird es wohl so schnell nicht geben. In dem Punkt sind sich die Vertreter der Ampel vor Ort in Gladbeck einig. Auf Einladung der Lokalredaktion haben Christine Dohmann, FDP-Vorsitzende, Bernd Lehmann, Grünen-Vorsitzender, und Dustin Tix, SPD-Vorsitzender das Aus der Berliner Ampel durch die Gladbecker Brille betrachtet.

Wie zu erwarten, sind sich die drei Parteivorsitzenden auch nicht immer einig. Gerade beim Thema Schuldenbremse, die ja letztlich ein Auslöser für das Scheitern der Dreier-Koalition gewesen sein soll. Als Dustin Tix urteilt, dass er sich hier mehr Kompromissbereitschaft von Christian Lindner (FDP) als Finanzminister gewünscht hätten, widerspricht Christine Dohmann vehement. Die Schuldenbremse sei Markenkern der FDP, sagt sie, das hätte Olaf Scholz wissen können und ihm müsse klar gewesen sein, dass Lindner hier nicht anders habe handeln können.

Schuldenbremse und Atomkraft-Aus – Markenkerne von FDP und Grünen

Ob denn tatsächlich die Schuldenbremse der FDP-Markenkern sei, will Bernd Lehmann von seiner FDP-Kollegin wissen. Tatsächlich stehe die FDP für solide Finanzen und da sei die Schuldenbremse ein wichtiger Baustein, schildert Christine Dohmann ihre Sicht der Dinge. Dabei gebe es doch längst auch Unternehmen und Wirtschaftsverbände, die für eine Reform der Schuldenbremse werben würden, gibt Tix zu bedenken. „Von daher verstehe ich dieses Betonanmischen an dieser Stelle nicht.“

Dustin Tix (SPD), Bernd Lehmann (Grüne) und Christine Dohmann, im Bild, (FDP), beurteilen als Politiker aus Gladbeck am Freitag, 15. November 2024, das Handeln der Ampel-Koalition in Berlin. Foto: Thomas Gödde / FUNKE Foto Services

„Die Vertreter hier vor Ort, sind klug genug, die Dinge, die in Berlin passieren, nicht auf Gladbeck herunterzubrechen.“

Christine Dohmann
FDP-Vorsitzende

Wie denn wohl die Grünen reagiert hätten, hätte sich die Koalition entschlossen, die Atomkraftwerke, so es technisch möglich gewesen wäre, weiterlaufen zu lassen, fragt Christine Dohmann mit Blick auf die Frage nach der Energiesicherheit, die mit Beginn des Ukraine-Kriegs in den Mittelpunkt rückte. So ganz will Lehmann das jedoch nicht stehen lassen. Hier habe seine Partei Kompromisse gemacht, die Steinkohlekraftwerke seien länger am Netz geblieben. „Sogar Scholven sollte eher abgeschaltet werden.“ Dazu sei der Bau der LNG-Terminals in der Ostsee gekommen.

Ampelkoalition hat aus Gladbecker Sicht nicht alles falsch gemacht

Gleichwohl zeigen sich alle drei Gladbecker Parteivorsitzenden im Nachhinein nicht überrascht vom Aus der Ampel. Das habe sich zuletzt angedeutet. Dabei sei längst nicht alles schlecht gewesen, so die Überzeugung des Trios. Der Koalition sei es gelungen, einige Dinge aufzugreifen, etwa das Staatsbürgerrecht anzupassen. „Gerade auf gesellschaftlicher Ebene gab es Gemeinsamkeiten“, so Lehmanns Überzeugung. Nur hätte das am Ende nicht mehr ausgereicht.

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Das sei aber auch eine Frage der Umstände gewesen. Man habe einen Koalitionsvertrag vereinbart, der nur wenige Wochen später hinfällig gewesen sei, kommt Tix zurück auf den Überfall Russlands auf die Ukraine und den seither andauernden Krieg. „Die Energieversorgung im Winter darauf hat die Ampel gut hingekriegt“, so die Überzeugung der Drei.

Was ist wichtig, damit eine Koalition funktionieren kann?

Christine Dohmann, Dustin Tix und Bernd Lehmann sind schon seit vielen Jahren politisch aktiv, sitzen für die jeweilige Partei auch im Rat, verhandeln auf dieser Ebene mit über Themen und Mehrheiten. Was ist dabei aus ihrer Sicht wichtig, was braucht es, damit womöglich auch eine Koalition funktionieren kann? Tatsächlich brauche es zunächst eine inhaltliche Schnittmenge, heben sie hervor.

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Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Das habe zuletzt vor Ort aus Sicht der Grünen nicht mehr funktioniert. Doch es brauche eben auch Vertrauen. Als Lehmann nach Gladbeck gezogen sei, habe es vor Ort eine schwarz-grüne Koalition gegeben. Da mag die Schnittmenge vielleicht gar nicht mal so groß gewesen sein, „aber es gab einen respektvollen, wertschätzenden Umgang“. Zudem seien die Partner sich darüber im Klaren gewesen, welche Themen für den jeweils anderen wichtig gewesen seien und man habe sich entsprechenden Spielraum gelassen.

Das hält auch Christine Dohmann für wichtig. Es brauche diese Freiheiten und gleichzeitig ein Grundvertrauen unter den Partnern und eben besagte Augenhöhe. „Wobei ich verstehen kann, dass es manchmal für die große Partei dann schwierig ist.“

Dohmann: SPD und Grüne stehen sich inhaltlich näher

Am Ende sei das alles eben nicht mehr gegeben gewesen. Und so sei es richtig, dass es nun Neuwahlen gibt. Gerade innerhalb der FDP sei die Unzufriedenheit mit dieser Koalition immer größer geworden, berichtet Dohmann aus Gesprächen mit Mitgliedern. SPD und Grüne stünden sich nun einmal inhaltlich näher, so ihre Auffassung. „Die FDP kam da politisch von etwas weiter weg.“ Aus ihrer Sicht waren es dann zwei Dinge, die das Scheitern letztlich mit ausgelöst hätten: Das Heizungsgesetz und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt.

Und auch wenn die Zusammenarbeit in Berlin gescheitert ist und alle drei Parteien nun für ein möglichst gutes Ergebnis bei der Wahl im Februar kämpfen, in einem sind sich die drei Gladbecker einig. Auch vor Ort habe man durchaus schon härter diskutiert und sich auseinandergesetzt, aber auch immer wieder zusammenarbeiten können. Christine Dohmann: „Die Vertreter hier vor Ort, sind klug genug, die Dinge, die in Berlin passieren, nicht auf Gladbeck herunterzubrechen.“ Zustimmung kommt da von den anderen beiden Gladbecker Ampel-Parteivorsitzenden.

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