Gladbeck. Niemand freut sich über Knöllchen, doch was Gladbeck Politessen zu hören kriegen ist teils unter der Gürtellinie. Doch es gibt auch schöne Dinge.
Die Politesse zückt ihr Handy, scannt das Kennzeichen des Wagens hier auf dem Gladbecker Marktplatz. Warum sie das tut? Ganz einfach, der Fahrer hat keinen Parkschein hinter der Windschutzscheibe liegen. Mit dem Scan gleicht die städtische Mitarbeiterin ab, ob der Fahrer die fällige Gebühr vielleicht per Handy berappt hat. Hat er aber nicht. Ein Griff in die Manteltasche und mit routiniertem Griff klemmt die 64-Jährige eine hellgelbe Karte hinter den Scheibenwischer des Opels. Dann wird der Verstoß im Foto festgehalten, zu Beweiszwecken.
Seit 13 Jahren ist die Gladbeckerin nun schon in ihrer Heimatstadt als Politesse im Einsatz. Ihren Namen möchte sie lieber nicht in der Zeitung lesen. Denn nicht jeder Autofahrer ist auf sie oder ihre Kolleginnen gut zu sprechen. Wer ein Knöllchen an seinem Wagen findet, vergisst manchmal die gute Kinderstube. „Wir werden beleidigt und bedroht“, berichtet die Gladbeckerin von ihren Erfahrungen und denen der Kolleginnen. Der Ton sei rauer geworden in den vergangenen Jahren. Aber wenn sie mit den Politessen spreche, die den Job schon seit 30 Jahren machen, so höre sie auch immer wieder, dass es solche Ausraster schon immer gegeben habe. „Es klatscht halt niemand Beifall, wenn er ein Knöllchen bekommt“, sagt sie lapidar.
Gladbeckerin ist als „Nazi-Sau“ und „Schlampe“ beschimpft worden
Was hat sie sich schon alles anhören müssen? Die 64-Jährige denkt nach, gibt sich dann einen Ruck. Als „Nazi-Sau“ sei sie schon beschimpft worden, das komme häufiger vor. Auch als „Schlampe“ habe man sie bezeichnet. Dazu kämen Drohungen wie: „Man sieht sich immer zweimal im Leben.“ Sie hat sich ein dickes Fell zugelegt, manchmal helfen auch Gespräche mit den Kolleginnen. „Ich muss mir halt immer sagen, das richtet sich gegen meinen Beruf, nicht gegen mich persönlich.“ Und trotzdem entschuldigt es ein solches Verhalten keinesfalls.
Beim Gang durch die Fußgängerzone wandern die Augen der Politesse von rechts nach links. Werden Anlieferzeiten eingehalten? Haben Wagen, die in der Fußgängerzone stehen, womöglich eine Sondererlaubnis, vielleicht einen Parkausweis für Handwerker? Hier ist diesmal alles in Ordnung. Das gilt allerdings nicht für den kleinen Parkplatz an der Friedrichstraße. Der ist nur für Anwohner mit entsprechenden Parkausweisen freigegeben. Prüfend schweift der Blick der Politesse über die Windschutzscheiben der parkenden Autos. Geübt und fix entdeckt sie einen Wagen ohne entsprechende Erlaubnis. Ein Griff in die Tasche und schon klemmt auch da die Verwarnung am Scheibenwischer.
Stadt Gladbeck verschickt Zahlungsaufforderungen noch per Post
In den nächsten Tagen wird der Halter Post bekommen und eine Zahlunsgaufforderung. Zahlt er das Verwarngeld, ist die Sache erledigt. Alternativ kann er sich schriftlich oder mündlich zur Sache äußern. Im Zweifel geht das Ganze dann sogar bis vor Gericht. Wobei: Für ein Zehn-Euro-Knöllchen wegen Parkens ohne Anwohnerparkausweis betreibt in der Regel niemand einen solchen Aufwand. Anders sei es da schon, wenn jemand 100 Euro zahlen müsse, weil die Umweltplakette fehlt. Oder wenn es plötzlich um 70 Euro und einen Punkt geht, weil durch Gehwegparken jemand behindert wird. „Gerade der Punkt tut vielen weh“, weiß die erfahrene Politesse.
„Es klatscht halt niemand Beifall, wenn er ein Knöllchen bekommt“
Währenddessen sind weitere Fahrzeuge auf den Parkplatz gefahren. Eine Fahrerin schaut sich suchend um, erkundigt sich, wo denn der Parkscheinautomat sei. Sie will zu einer Beerdigung in der Kirche. Die Ordnungsamtsmitarbeiterin erklärt, dass sie hier nicht parken dürfe. Verständnis bei der Autofahrerin, sie steigt ein, sucht sich einen neuen Platz. Auch ein Pärchen reagiert entsprechend auf den freundlichen Hinweis.
Es gebe eben auch viele Menschen, die seien freundlich, sähen auch ein, wenn sie einen Fehler gemacht haben, berichtet die Gladbeckerin. Andere seien auch dankbar, wenn die Politessen auftauchen und kontrollieren. Über die Gladbeck-App kommen beim Innendienst regelmäßig Beschwerden über Falschparker an. Die werden dann an die Kolleginnen draußen weitergegeben. Wobei generell gilt, dass die vier Politessen sich vor allem um den Innenstadtbereich kümmern, während der Kommunale Ordnungsdienst die übrigen Stadtteile im Blick hat. Und klar, wer unter Falschparkern leidet, der freut sich auch über den Anblick einer Politesse.
Gladbecker Marktplatz ist an Markttagen regelmäßiges Einsatzgebiet
Inzwischen ist die städtische Mitarbeiterin auf ihrer Runde an der Humboldtstraße angekommen. Ein prüfender Blick: Zwei der Behindertenstellplätze sind leer, auf dem dritten parkt ein Auto, doch hinter der Windschutzscheibe liegt der entsprechende Ausweis. Ein Glück, denn das unberechtigte Parken auf Plätzen, die für Behinderte vorgesehen sind, ärgert die Gladbeckerin so richtig. Dafür habe sie absolut kein Verständnis, dafür gebe es auch keine Ausrede, macht sie deutlich. „Manchmal bekommt man ja mit, wie jemand auf so einem Platz mit Schwung aus dem Auto steigt. Zu so jemandem sage ich dann immer: ,Seien Sie froh, dass Sie auf diesen Platz nicht angewiesen sind.‘“
So viel kassiert die Stadt Gladbeck von Falschparkern
In Gladbeck sind vier Politessen im Einsatz. Sie kümmern sich um die Überwachung des Parkraums. Unterstützung erhalten sie dabei unter anderem vom Kommunalen Ordnungsdienst, der ebenfalls Parkverstöße ahndet.
Im vergangenen Jahr 2023 zählt die Stadt Gladbeck 20.458 gebührenpflichtige Verwarnungen wegen Parkverstößen. Auf diesem Weg nahm die Stadt insgesamt rund 637.000 Euro ein. Im laufenden Jahr, Stand 31. Mai, waren es bisher 8210 Verstöße. Daraus resultieren Einnahmen in Höhe von 297.246 Euro. Das Geld fließt in die Stadtkasse.
Regelmäßiges Einsatzgebiet ist auch der Marktplatz an den Markttagen. Wenn die Stände abgebaut sind, gilt weiterhin das absolute Halteverbot, bis 16 Uhr. Das ist notwendig, damit der ZBG die Fläche reinigen kann. „Das verstehen aber nicht alle Autofahrer, deshalb müssen wir dafür sorgen.“ Auch an den Schulen sind sie und die Kolleginnen regelmäßig unterwegs. Da stellten sie ebenfalls immer Verstöße fest.
Weiter geht’s über die Obere Goethestraße und dann in die Mittelstraße. Dort, im Kreuzungsbereich, parken zwei Autos auf dem Gehweg. Das ist an dieser Stelle nicht erlaubt. Die Politesse zückt das Handy, macht Beweisfotos. Dann greift sie in die Tasche – Verwarnung. Das wiederholt sich an der Postallee. Dort darf zwar kostenlos geparkt werden, allerdings nicht ohne Parkscheibe.
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Auch vor dem Krankenhaus muss genau hingeschaut werden. Fehlt da nicht der Parkschein? Schon zückt die 64-Jährige wieder ihr Handy, scannt das Kennzeichen. In dem Fall hat der Autofahrer ordnungsgemäß per App gezahlt, gleiches gilt für einen zweiten Wagen, der dort ohne Parkschein steht. Tatsächlich werde das immer mehr angenommen, berichtet die Politesse aus ihren Beobachtungen.
Zum Abschluss noch eine Frage: Wann werden Falschparker eigentlich abgeschleppt? Das sei tatsächlich nur der Fall, wenn der Falschparker andere gefährdet oder die Müllabfuhr nicht durchkommt. In so einem Fall werde zunächst eine Halterabfrage gemacht, man versuche den Halter zu erreichen und ihm die Chance zu geben, sein Auto wegzufahren. So spart er zumindest die Kosten fürs Abschleppen. Aber in all den Jahren im Beruf habe sie noch nie jemanden abschleppen lassen müssen.
Der Text ist erstmals am 7. Oktober erschienen. Weil die CDU nun das Thema aufgreift und im Sicherheitsausschuss konkret nach Beleidigungen gegen städtische Ordnungshüter und möglichen Gegenmaßnahmen der Stadt fragt, haben wir den Text erneut veröffentlicht.
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