Gladbeck. Bei einer Umfrage unter Gladbecks Ratsfraktionen zur Grundsteuer legt sich die CDU fest. Was die Parteien zu Grundsteuer und Hebesätzen sagen.

Wut und Frust, das dominiert bei den Gladbecker Ratsfraktionen, wenn es um das Thema Grundsteuer geht. Dass das Land die Reform nicht anpasst, sich aus Sicht der Kommunalpolitiker ein Stück weit aus der Verantwortung stiehlt, wird parteiübergreifend kritisiert. Doch unabhängig davon, ist es Aufgabe des Rates, den künftigen Hebesatz festzulegen. Wir haben uns in den Fraktionen umgehört: In welche Richtung geht die Tendenz? Wird man hier differenzierte Hebesätze mittragen?

SPD in Gladbeck

Das Thema Grundsteuer in NRW, aus Sicht der Gladbecker SPD-Fraktion ist das ein „ärgerliches Possenspiel“. Die Landesregierung entziehe sich ihrer Verantwortung, wiederholen die Sozialdemokraten die gängige Kritik. Hier werde den Kommunen das Problem vor die Füße gekippt. „Das ist das Gegenteil von Regieren.“

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Gleichzeitig stellt die SPD aber auch klar, dass es durch die neue Grundsteuer nicht zu einer weiteren Verteuerung des Wohnens in Gladbeck kommen dürfe und stellt klar: „Wir kämpfen gegen Mehrbelastungen.“ Wie das am Ende aussehen kann? Da suche man noch nach einer Lösung. Denn klar sei eben auch, dass die Grundsteuer, und eben auch mögliche differenzierte Hebesätze, ein „hochkomplexes Problemfeld“ seien.

Der SPD schwebt daher eine große Lösung mit möglichst vielen Beteiligten vor. „Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten eine Lösung mit den Fraktionen im Rat, der Verwaltung und in Abstimmung mit den Nachbarkommunen organisieren.“

CDU in Gladbeck

Die CDU im Rat prescht voran. Sie hat für die Ratssitzung im Oktober bereits einen Antrag gestellt und will differenzierte Grundsteuer-Hebesätze schon zum 1. Januar 2025 einführen. Die ursprüngliche Überlegung der Stadt, den Hebesatz von 950 Punkten beizubehalten, lehnt die CDU ab. Denn für die Stadt bedeute das, nach der damaligen Rechnung, einen Verlust von rund einer Million Euro. Gleichzeitig würden Eigentümer von Ein- oder Zweifamilienhäusern mit rund einer Million Euro zusätzlich belastet, wogegen Gewerbebetriebe rund 2,1 Millionen Euro weniger zahlen müssen.

„Die CDU-Ratsfraktion lehnt diese einseitige Mehrbelastung der privaten Wohneigentümer ab“, so die deutliche Stellungnahme. Im Mai hatte der Rat, auch mit den Stimmen der CDU, ans Land appelliert, die Steuermesszahlen zu korrigieren. Zur großen Enttäuschung, auch der CDU, sei die Landesregierung dem nicht gefolgt. Nun also sprechen sich die Christdemokraten für differenzierte Hebesätze aus.

Sie haben auch schon eine konkrete Idee, wie die aussehen sollen: „Wir beantragen eine Festsetzung des Hebesatzes für Wohngrundstücke in einer Höhe, die in der Summe nicht zu einer Erhöhung in diesem Sektor führt.“ Würde dadurch der Hebesatz für Gewerbegrundstücke angehoben werden müssen, so sei dies aus CDU-Sicht vertretbar. Denn: „Dadurch werden die Gewerbetreibenden insgesamt nicht stärker belastet, sie werden im Vergleich zu 2024 nur weniger entlastet.“

Grüne in Gladbeck

Die Grünen seien noch nicht zu einer abschließenden Entscheidung gekommen, sagt die Fraktionsvorsitzende Ramona Karatas. „Es gibt durchaus für beide Varianten Gründe.“ Dass die Verantwortung vom Land nun auf die Kommunalpolitik geschoben werde, ärgert die Grünen. Schließlich gehe die gesamte Reform ja auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurück. „Hier vor Ort trägt niemand die Verantwortung dafür.“

Nun gelte es zu schauen, wie man das Beste für alle hinbekomme. Dazu setzen die Grünen auf Vorschläge der Kämmerei und entsprechende Gespräche, durchaus auch parteiübergreifend, so die Hoffnung. Wichtig seien möglichst viele Beispielrechnungen, um herauszufinden, wie sich bestimmte Veränderungen an anderer Stelle auswirkten. Auch die Grünen sorgen sich, wie die FDP, mit Blick auf die vielen Einspruchsfälle, die noch nicht abgearbeitet sind und immer wieder zu Veränderungen der Datengrundlage führen.

AfD in Gladbeck

AfD-Fraktionschef Marco Gräber spricht von „schlaflosen Nächten“ mit Blick auf die Grundsteuerreform. Die habe wahrscheinlich nicht nur er, sondern auch Protagonisten im Rathaus, so seine Vermutung. Er erinnert daran, dass in der Diskussion um einen differenzierten Hebesatz immer auch vor einer „zweiten Gewerbesteuer“, zu der sich ein Hebesatz für Gewerbeflächen entwickeln könnte, gewarnt wurde.

„Das Hauptproblem bei der Grundsteuerreform liegt für uns nicht darin, dass wir eine Art ‚zweite Gewerbesteuer‘ damit bekommen würden, sondern viel mehr darin, den Bürgern unserer Stadt klarzumachen, das sie Jahre lang, teilweise Jahrzehnte lang, zu wenig Grundsteuer für ihren Grund und Boden gezahlt haben.“ Das führe sicher dazu, dass die Bürger aufgebracht sein werden. Dazu kämen hohe Belastungen, die auch auf die Mieten umgelegt werden können. Doch die seien für viele Menschen schon jetzt nur schwer zu stemmen. Man werde daher keiner Lösung zustimmen, die die Bürger weiter belastet.

Auf der anderen Seite sieht die AfD „in der massiven Senkung einer eventuellen ‚zweiten Gewerbesteuer‘ einen Mechanismus, Unternehmen nach Gladbeck zu holen und sie dauerhaft an uns zu binden“. Bedingung: Die Grundsteuer für Gewerbeflächen müsse niedriger sein als in Nachbarstädten. Wie dann aber gleichzeitig eine Mehrbelastung fürs Wohnen vermieden werden soll, wird nicht deutlich. Die AfD-Forderung: „Auch die Stadt muss hier nochmals nach Sparpotential im Haushalt gucken, um die Mindereinnahmen durch die Reform zu decken, ohne dabei die Bürger unserer Stadt zu belasten.“

FDP in Gladbeck

Die FDP-Fraktion im Rat lehnt die Einführung differenzierter Hebesätze ab. Eine Folge davon wären nämlich „erhebliche Belastungen für Mietwohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser“, so die FDP. Außerdem müssten die Städte im Zweifel belegen, dass gesplittete Hebesätze einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten. Aus Sicht der Fraktion ein großes Risiko.

Schon eine Planung mit einem einheitlichen Hebesatz für Gladbeck sei schwierig, sagt die FDP mit Verweis auf die vielen Verfahren und Einsprüche, die noch offen seien. So könne man eigentlich nicht verlässlich planen, kritisiert die Fraktion. Sie verweist auf Zahlen, wonach es im Bereich des Finanzamts Marl Anfang September 16.300 Einsprüche gegen den Grundsteuerwert und 8018 gegen den Messbetrag gegeben habe.

Aber auch angesichts des Haushaltssicherungskonzepts, das für Gladbeck gilt, sehen die Liberalen keine Möglichkeit, Mieter und Eigentümer generell zu entlasten. „Dazu müsste die Verwaltung Einsparungen an anderer Stelle, zum Beispiel bei den freiwilligen Leistungen vorschlagen und durch den Stadtrat verabschieden lassen.“

Soziales Bündnis in Gladbeck

Beim Sozialen Bündnis strebt man eine „für alle Beteiligten gerechte Lösung an“, sagt Udo Flach. Dass Ein- und Zweifamilienhausbesitzer nach der Reform übermäßig belastet werden, lehne das Soziale Bündnis ab. Den ursprünglichen Vorschlag der Verwaltung, den Hebesatz beizubehalten, lehnt die Fraktion zum jetzigen Zeitpunkt ab. Eben weil dort, siehe oben, vor allem Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern stärker zur Kasse gebeten werden. „Da muss es aus unserer Sicht zu einer Umverteilung kommen“, macht Flach deutlich, um die Bürger nicht weiter zu belasten.

Die Linke in Gladbeck

Aus Sicht der Linke steht Gladbeck, wie viel andere Städte im Land auch, mit dem Rücken zur Wand. Für die Fraktion folgt daraus auch bei der Grundsteuer: „Jede Entscheidung und jedes Abstimmungsverhalten kann sich nur noch daran orientieren, welche Entscheidung den geringsten Schaden verursacht.“

Die Fraktion warnt vor allzugroßer Konkurrenz unter den Kommunen. Jede Steuer, die die Konkurrenz unter den Kommunen befeuert, vertieft lediglich das Ungleichgewicht der Lebensverhältnisse im Land und verlagert Verantwortung und Handeln auf die kleinsten Einheiten, bis sie schließlich zusammenbrechen.“

Konkret zur Grundsteuer schlägt die Linke vor, den Hebesatz so anzupassen, dass Spitzen bei der Besteuerung von Wohngebäuden gesenkt werden. Einen daraus reseultierenden Fehlbetrag im Haushalt würde die Linke dann mit einer Erhöhung der Gewerbesteuer ausgleichen wollen. „So würden diejenigen, die von der Neubewertung in der Grundsteuer profitieren, im Gegenzug belastet.“

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