Gladbeck. Ein 42-jähriger Waltroper wurde 2022 mit knapp 100 Gramm Rauschgift erwischt. Darum endete der Prozess vor dem Amtsgericht Gladbeck schnell.

Noch bevor das Verfahren gegen einen 42 Jahre alten Mann aus Waltrop vor dem Amtsgericht Gladbeck richtig begonnen hatte, war’s auch schon wieder beendet. Das Gericht stellte es nach acht Minuten Verhandlung auf Anregung des Verteidigers und mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft ein.

Der Angeklagte war der Polizei am 11. November 2022 bei einer Verkehrskontrolle auf dem McDonalds-Parkplatz an der Rockwoolstraße in Gladbeck ins Netz gegangen. Die Beamten hatten einen anonymen Hinweis erhalten, dass der Waltroper Drogen mit sich führt. Und in der Tat: Jeweils rund 50 Gramm Marihuana und Haschisch entdeckte die Polizei bei dem Angeklagten. Was sie allerdings nicht fanden: Utensilien, die darauf hindeuten, dass der 42-Jährige die Drogen auch weiterverkauft. Deshalb war er auch „nur“ wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln angeklagt. Und nach Ansicht von Rechtsanwalt Christian Simonis hatte der Angeklagte auch gute Gründe, die Betäubungsmittel mit sich zu führen.

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Angeklagter nutzte Marihuana aus medizinischen Gründen

Der 42-Jährige leidet am Restless-Legs-Syndrom, an ruhelosen Beinen. Es handelt sich dabei um eine Erkrankung des Nervensystems, bei der es Bewegungsunruhe und Missempfindungen in den Beinen kommt. Tragisch für die Betroffenen: Die Beschwerden treten überwiegend nachts auf, bei Bewegung lassen sie nach. Die Erkrankten, so erläuterte es der Rechtsanwalt dem Gericht, haben keinen Tag-Nacht-Rhythmus mehr. „Sie scheitern im Beruf und in Beziehungen“, so Simonis, der dem Gericht ein ärztliches Schreiben über die Erkrankung des Mannes vorlegte.

Der Arzt hatte dem 42-Jährigen Neuroleptika verordnet, die bei ihm allerdings zu schweren Nebenwirkungen führte. Er habe sich bei der Einnahme der Arzneimittel gefühlt wie „ein Zombie auf Heroin“, beschrieb es der Rechtsanwalt im Namen seines Mandanten. Der Angeklagte fand für sich einen besseren Weg: Marihuana und Cannabis. Mit den Betäubungsmitteln bekam er die Folgen seiner Erkrankung gut in den Griff. Bis zum 1. April dieses Jahres, als das Cannabis-Gesetz in Kraft trat, durfte er diese Drogen allerdings nicht legal besitzen.

Verfahren gegen Waltroper wird eingestellt

Für Menschen wie seinen Mandanten sei das Gesetz „ein Segen“, sagte der Rechtsanwalt. Habe er sich früher die Drogen auf dem Schwarzmarkt besorgen müssen und habe immer – wie auch im November 2022 – die Gefahr bestanden aufzufliegen, so könne er Cannabis jetzt in der Apotheke kaufen. Eineinhalb bis zwei Gramm benötigt der 42-Jährige täglich, um die Ruhelosigkeit in den Beinen in Grenzen zu halten.

Dem Wunsch nach einer Einstellung des Verfahrens kamen das Schöffengericht und die Staatsanwaltschaft nach – „auch vor dem Hintergrund“, so Richter Markus Bley, „dass es ein offizielles Dokument gibt, das die Erkrankung bestätigt“. Und damit war die Verhandlung nach acht Minuten auch schon wieder beendet. Im wahrsten Sinne des Wortes ein „kurzer Prozess“.

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