Gladbeck. In Gladbeck findet der Handel mit illegalen Drogen wie Kokain und Heroin meist hinter verschlossenen Türen statt. Das hat einen Grund.

Zwischen 50 und 100 Menschen in Gladbeck sind abhängig von harten, illegalen Drogen. Von dieser Zahl geht Martina Richter von der städtischen Drogenhilfe „Drop out“ aus. Dies sei die Zahl derjenigen, die auch die Drogenberatungsstelle an der Goethestraße aufsuchen. Dort bekommen sie entweder eine Therapie vermittelt oder auch Hilfe in der Alltagsbewältigung.

In Gladbeck seien die Betroffenen vor allem von Heroin, Kokain und auch von Tabletten in Form starker Beruhigungsmittel abhängig. „Die Tabletten werden wegen Angstattacken verschrieben und dann überkonsumiert.“ Eine große Dealerszene gebe es in Gladbeck nicht. „Der Konsum findet eher hinter verschlossenen Türen statt“, weiß Richter.

In Gladbeck läuft der Drogenhandel hinter verschlossenen Türen

Der Handel mit Drogen laufe in Gladbeck vorwiegend telefonisch. Oder aber Abhängige fahren in umliegende Städte, um dort an bekannten Stellen Drogen zu kaufen. Dass es in Gladbeck keine öffentliche Stelle gebe, an denen groß mit Drogen gehandelt wird, hänge auch mit der Größe der Stadt zusammen. „Gladbeck ist klein und hier kennt jeder jeden. Da steht man schnell im Fokus. Aber die Betroffenen möchten nicht als Süchtiger oder Junkie auffallen“, erklärt Martina Richter.

Sozialarbeiterin Martina Richter kennt Gladbecks Drogenszene genau. Sie weiß: Eine große Dealerszene gibt es in Gladbeck nicht.
Sozialarbeiterin Martina Richter kennt Gladbecks Drogenszene genau. Sie weiß: Eine große Dealerszene gibt es in Gladbeck nicht. © FUNKE Foto Services | Lukas Claus

Betroffen von Drogenabhängigkeit seien vor allem Männer. „Nicht mal fünf Prozent der Betroffenen in Gladbeck sind Frauen.“ Frauen würden eher zu legalen Süchten wie Alkohol neigen. Harte Drogen würden sie häufig eher nach einschneidenden Erlebnissen, etwa eine Vergewaltigung, konsumieren.

Drogen konsumieren Menschen jeden Alters, jeden Berufs

Die Altersspanne hingegen reiche vom Jugendlichen- bis zum Rentenalter. „Die meisten fangen im Alter von 16,17 Jahren an. Rund vier Personen, die zu uns kommen, sind über 60 Jahre alt.“ Eine Dunkelziffer, wie viele Menschen in Gladbeck tatsächlich abhängig sind, gebe es immer, so Richter. Sie gehe aber nicht davon aus, dass sie in Gladbeck hoch ist.

Abhängig von Drogen seien jedoch auch viele, von denen man es nicht vermuten würde, weiß die Sozialarbeiterin. Auch einen städtischen Mitarbeiter und einen Ingenieur habe sie schon in der Beratungsstelle geholfen. Die Drogensucht bei Menschen „mit angesehenen Berufen“ würde häufig erst durch Zufall auffallen. Etwa dann, wenn sie unter Drogeneinfluss Auto fahren, beispielsweise ein Straßenschild mitnehmen und die Polizei dann einen Drogentest vornimmt. Grundsätzlich gebe es aber eher den „klassischen Konsumenten: Heroinabhängig, mit vielen Problemlagen, Bezieher von Bürgergeld, wohnungslos“, so Martina Richter.

Der Konsum von Crack ist in vielen Städten aktuell ein Problem

In vielen Städten im Umkreis steigt aktuell der Konsum von Crack. „In Gladbeck sind rund ein Prozent der Konsumenten von Crack abhängig“, sagt Richter. Während der Konsum dieser Droge in Gladbecks Nachbarstädten aktuell ein Problem sei, sei dieser in Gladbeck noch „moderat“. „Es sind nur ganz wenige, die sich damit beschäftigen“, weiß Richter. Das Problem dieser Droge sei, dass der Rausch nach fünf bis zehn Minuten wieder vorbei sei, die Betroffenen wollten dann immer mehr haben. Und: „Man ist sehr enthemmt. Nicht nur der Sexualtrieb und das Hungergefühl sind gesteigert, Crack macht auch sehr aggressiv“, berichtet Martina Richter.

Die Sozialarbeiterin geht davon aus, dass der Crack-Trend an Gladbeck vorbeigehen wird. Aber: „Die nächste Welle rollt auch schon wieder.“ Fentanyl, ein sehr starkes Medikament für Schmerzpatienten, werde gerade immer beliebter. „Das wird ein neuer Trend, der gerade ins Ruhrgebiet herüberschwappt.“ Fentanylpflaster würden dazu zum Erwärmen auf Alufolie gelegt und dann inhaliert. Das wirke sehr intensiv und mache stark abhängig. „Die Konsumenten erfahren eine geborgene Wirkung, wie bei Mama im Mutterleib“, berichtet Martina Richter. Die Abhängigkeit gehe so weit, dass Betroffene den Müll in Krankenhäusern durchwühlten, um an die Pflaster zu gelangen. „Dann muss man aber schon stark abhängig sein.“ Teilweise würden die Pflaster auch in der Szene verkauft.

Der Drogensucht zu entkommen, gelingt nur wenigen Menschen

Beliebt sei auch der Konsum von Lyrica, ein Medikament gegen Schmerzen und Epilepsie-Anfälle. „Der Wirkstoff macht sehr müde. Oft setzen sich die Konsumenten dann irgendwohin und schlafen dann ein.“ Immer wieder komme es dabei vor, dass die Betroffenen dann ausgeraubt werden. „Dann kommen sie zu uns in die Beratungsstelle, weil ihr Portemonnaie, ihr Handy, alles weg ist.“

Der Drogensucht zu entkommen, sei äußerst schwer und gelinge nur wenigen: „Von 1000 Heroinabhängigen schaffen es nur vier“, nennt Richter als Beispiel. „Die Menschen haben viel erlebt, sie haben einen riesigen Scherbenhaufen und den räumt niemand weg, während sie in Therapie sind.“ Je mehr Rückschläge es gebe, desto geringer sei die Motivation, es noch ein weiteres Mal zu versuchen. Um die Sucht loszuwerden, bräuchten die Menschen Perspektiven. „Ohne die schaffen sie es nicht.“

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