Essen. Über 30 Jahre hat sich Maria Lüttringhaus hier politisch und sozial engagiert, auch für die Kunstwerkerschule. Darum kehrt sie Essen den Rücken.
Mit Maria Lüttringhaus kehrt eine Aktivistin, die sich selbst als Klimaschutz-Lobbyistin und Kämpferin für die Inklusion bezeichnet, der Stadt Essen jetzt ganz bewusst den Rücken. Die ehemalige Grünen-Politikerin verlegt ihren Lebensmittelpunkt nach Freiburg. Ein wichtiger Grund: die mangelnde Unterstützung, die sie seitens der Stadt Essen für ihre vielfältigen Projekte und Anliegen erfahren habe.
Im Kleinen funktioniere in Essen vieles ganz gut, es gebe etliche gute soziale Projekte. Aber von dem ihrer Ansicht nach „dringend notwendigen Systemwechsel“, weg von rein wirtschaftlichen, hin zu eher sozialen Aspekten, sei die Stadt weit entfernt, findet Maria Lüttinghaus, promovierte Erziehungswissenschaftlerin und Sozialpädagogin.
In Essen engagierte sich Maria Lüttringhaus für verschiedene Projekte
Die politische Arbeit habe sie als „mühsam und ermüdend“ empfunden, der Ertrag stehe in keinem guten Verhältnis zum Aufwand. „In Essen ist vieles hartes Plankensägen“, fasst sie ihre Erfahrungen zusammen.
Zuletzt standen für die 60-Jährige zwei Projekte im Vordergrund: das Lüttring-Haus in Frohnhausen und das inklusive Wohnprojekt, das die „Aktion Mensch“ auf dem Gelände der ehemaligen Kunstwerkerschule in Bergerhausen verwirklichen will.
Das inklusive Wohnprojekt Lüttring-Haus an der Gervinusstraße 6 und den Trägerverein „Emma + Wir“ hatte Maria Lüttringhaus für ihre Tochter Emma ins Leben gerufen. Diese erkrankte mit elf Jahren an Parkinson und starb vor vier Jahren. In dem Haus in Frohnhausen konnte sie mit anderen Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam leben.
Derzeit wohnen dort trotz des inklusiven Ansatzes ausschließlich Menschen mit Behinderung, der Bedarf sei einfach zu groß, um den Wohnraum zum Beispiel an Studierende zu vermieten. Im Haus finden auch Angebote wie Yogakurse, Hofflohmärkte und Ähnliches statt.
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„Das Lüttring-Haus ist schon so eine Art Altersvorsorge für mich“, sagt Maria Lüttringhaus und bezieht sich damit auf einen möglichen Verkaufserlös beziehungsweise die Mieteinnahmen aus den neun Wohneinheiten. Das Haus solle nun entweder verkauft oder in eine Stiftung überführt werden, aber auf jeden Fall weiter Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung in Citynähe bieten, betont die 60-Jährige.
Das Lüttring-Haus in Essen-Frohnhausen könnte in eine Stiftung übergehen
„Nicht für ewig, aber zumindest so lange, wie Emma hätte leben können“, so Lüttringhaus. Sie wolle mit ihrem Herzensprojekt nicht andere Menschen belasten, auch nicht ihre beiden erwachsenen Kinder (22 und 23), die aktuell mit dem Studium beschäftigt seien. „Und wer weiß, wo sie später einmal landen.“
Inklusion und Nachhaltigkeit stehen für Maria Lüttringhaus auch beim Thema Kunstwerkerstraße im Vordergrund. Jahrelang setzte sie sich im Rahmen einer Initiative dafür ein, dass das städtische Gelände in Bergerhausen zwischen Siepental und Ruhr nicht meistbietend an einen Investor verkauft wurde.
Mit Erfolg: Nach langem Kampf hatte der Rat im September dem Verkauf des Areals an die „Aktion Mensch“ zugestimmt. Die Sozialorganisation setzt sich seit 60 Jahren für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben ein. In Bergerhausen soll nun ein inklusives Wohnprojekt entstehen. „Ich werde das Projekt als Beraterin der ,Aktion Mensch‘ weiter begleiten, bleibe Koordinatorin vor Ort“, sagt Lüttringhaus, die dabei auch den Kontakt mit Anwohnerinnen und Anwohnern halten will.
Sie hofft, dass die Verträge für das Projekt noch bis zum Jahresende unterschrieben werden und die Umsetzung dann im nächsten Jahr wie geplant starten kann. Auch in ihrer neuen Heimat Freiburg wird sie mit der „Aktion Mensch“ zusammenarbeiten, die dort ein Quartier mit 18 Häuser plant. „Ich werde dort als inklusive Quartiermanagerin tätig sein“, freut sich Maria Lüttringhaus auf kommende Aufgaben.
Freiburg statt Essen: Die 60-Jährige will sich weiter engagieren
Ihr Institut für Sozialraumforschung hatte sie nach dem Tod ihrer Tochter aufgegeben. Auf politischer und sozialer Ebene will sie weiter aktiv sein, wenn auch nicht mehr in Essen, wo ihr zu viele Steine in den Weg gelegt worden seien. Das sei in Freiburg, wo sie schon länger einen Zweitwohnsitz hat, anders. „Dort kann man nicht nur entspannt Rad fahren, sondern auch politisch arbeiten“, so ihre Erfahrung.
Beim Radfahren in Rüttenscheid habe sie dann tatsächlich den Entschluss gefasst, Essen zu verlassen. Die Situation dort sei unerträglich, auf dem Rad fühle man sich dort keineswegs entspannt und sicher, findet Lüttringhaus, die von der Umsetzung des Radentscheids, für den sie selbst viele Unterschriften gesammelt habe, enttäuscht ist.
Dabei war die gebürtige Bayerin vor über 30 Jahren nach Essen gekommen, weil die Stadtteilarbeit hier vorbildlich gewesen sei und sie das gereizt habe. Hier engagierte sie sich dann als Ratsfrau und Fraktionsvorsitzende (1999 bis 2004) für die Grünen, ohne aber in die Partei einzutreten. Ihre Wohnung in Essen hat sie nun untervermietet. Auch wenn ihr politisches Engagement hier endet: Die Verbindung will Maria Lüttringhaus auf keinen Fall abreißen lassen. „Meine Freunde leben hier, hier sind meine privaten Kontakte.“
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