Essen-Bergerhausen. Der Rat hat den Verkauf des Geländes in Essen an den Verein beschlossen, der dort ein inklusives Wohnprojekt plant. Freude bei den Unterstützern.

Der Rat der Stadt Essen hat in seiner Sitzung (25.9.) den Verkauf des ehemaligen Schulgrundstücks an der Kunstwerkerstraße in Essen-Bergerhausen beschlossen. Das Grundstück wird an die „Aktion Mensch“ veräußert. Die Sozialorganisation setzt sich seit 60 Jahren für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben ein. Sie hatte für ihre Pläne für ein inklusives Wohnprojekt an der Kunstwerkerstraße im Vorfeld bereits viel Zustimmung erhalten. Mit dem Ratsbeschluss endet ein jahrelanges Tauziehen um das Filetgrundstück zwischen Ruhr und Siepental.

Die Stadt hatte beschlossen, das Grundstück zu verkaufen. Voraussetzung für die Teilnahme am Vermarktungsverfahren war die Einreichung eines Gebotes. Dieses musste neben dem Kaufpreis von 1,2 Millionen Euro eine Verpflichtungserklärung beinhalten, dass mindestens 30 Prozent der Gesamtwohnfläche als öffentlich geförderter Wohnraum geplant werden. Zudem war eine dem Bau- und Planungsrecht entsprechende architektonische Planung vorzulegen.

„Aktion Mensch“ plant in Essen ein Quartier mit 14 Wohneinheiten

Die eingereichten Konzepte wurden aus städtebaulicher Sicht anhand von Bewertungskriterien (beispielsweise Erhalt der Originalfassade, Fenster- und Farbgestaltung, Versiegelungsgrad und Energieeffizienz der Gebäude) geprüft und dem Rat zur Entscheidung vorgelegt.

Das Konzept der „Aktion Mensch“ sieht ein inklusives Wohnquartier mit 14 Wohneinheiten und Platz für bis zu 45 Bewohner und Bewohnerinnen in vier Mehrfamilienhäusern vor, die um die alte Schule angeordnet sind. Diese soll möglichst erhalten bleiben. Für den Fall, dass das marode Gebäude nicht erhalten werden kann, soll zumindest die Fassade stehenbleiben und über ein System aus Terrassen, Balkonen und Laubengängen mit den Neubauten verbunden werden.

Die Fassade der alten Essener Schule soll erhalten oder neu aufgebaut werden

Sollte auch die Fassade nicht mehr zu halten sein, soll sie neu aufgebaut werden, teilt die Stadt mit. Für den Innenhof ist eine Gemeinschaftsnutzung samt Spielflächen vorgesehen. 22 Stellplätze sind entsprechend den Festsetzungen im Bebauungsplan entlang der Straße „Am Kunstwerk“ vorgesehen. 57 Fahrradstellplätze sollen den Hauptzugängen zugeordnet werden.


So könnte der zentrale Platz an der Kunstwerkerstraße später aussehen, wenn dort inklusives Wohnen verwirklicht wird. 
So könnte der zentrale Platz an der Kunstwerkerstraße später aussehen, wenn dort inklusives Wohnen verwirklicht wird.  © Aktion Mensch

Die Verwaltung wurde darüber hinaus beauftragt, einen Ausschluss des Weiterverkaufs für die Dauer von zehn Jahren abzusichern sowie die tatsächliche Umsetzung des konkret beschlossenen städtebaulich-architektonischen Konzepts zu sichern.

Zum Hintergrund: Das rund 3340 Quadratmeter große bebaute Grundstück Kunstwerkerstraße 98 liegt eingebettet zwischen den Straßen Kunstwerkerstraße, Schulkirchweg und Am Kunstwerk. Im Regionalen Flächennutzungsplan ist das Grundstück als Wohnbebauung dargestellt. Im rechtskräftigen Bebauungsplan ist das Grundstück als reines Wohngebiet mit einer zweigeschossigen offenen Bauweise festgesetzt.

Schwammbefall des Gebäudes hatte für einen neuen Vermarktungsprozess gesorgt

Entsprechend dem Beschluss des Rates vom 31. Januar 2024 wurde der im Sommer 2023 begonnene Vermarktungsprozess zwischenzeitlich beendet und das Grundstück zum zweiten Mal in der Zeit von Februar bis März 2024 unter neuen Vermarktungsvoraussetzungen öffentlich angeboten. Grund für die Unterbrechung des Prozesses war der zwischenzeitlich festgestellte Befall des alten Schulgebäudes mit „Echtem Hausschwamm“ und die damit verbundene Rechtsunsicherheit sowohl für die möglichen Erwerber als auch für die Stadt.

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Im August hatte dann die „Aktion Mensch“ verkündet, sich wegen mangelnder Unterstützung seitens der Stadt aus dem Verfahren zurückziehen zu wollen. Gespräche mit Oberbürgermeister Thomas Kufen, der Wert darauf legte, dass der Rat eine echte Entscheidung zwischen beiden Bewerbern treffen konnte, sorgten für ein Einlenken der Verantwortlichen. Die „Aktion Mensch“ blieb im Verfahren, das nun zu ihren Gunsten entschieden wurde.

Maria Lüttringhaus setzt sich seit vier Jahren dafür ein, dass an der Kunstwerkerstraße inklusives Wohnen entsteht. Sie freut sich über die Entscheidung für das Konzept der „Aktion Mensch“.
Maria Lüttringhaus setzt sich seit vier Jahren dafür ein, dass an der Kunstwerkerstraße inklusives Wohnen entsteht. Sie freut sich über die Entscheidung für das Konzept der „Aktion Mensch“. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Wir als Aktion Mensch und unser Co-Investor freuen uns sehr über die Entscheidung des Stadtrates, das inklusive Wohnprojekt an der Kunstwerkerschule in Essen-Bergerhausen realisieren zu können. Wir sind nach wie vor fest davon überzeugt, dass dieses Projekt durch seinen inklusiven Ansatz einen großen Mehrwert für die zukünftigen Bewohner und Bewohnerinnen, den Stadtteil und die gesamte Stadt bieten wird“, so „Aktion Mensch“-Vorstand Armin von Buttlar. Man freue sich auf die Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens für nachhaltigen Wohnraum.

Große Freude über die Entscheidung herrscht auch bei den lokalen Akteuren, die sich für Nachhaltigkeit und Inklusion einsetzen und das Projekt der „Aktion Mensch“ mit zahlreichen Aktionen unterstützt hatten. „Wir freuen uns natürlich ganz doll“, sagt Maria Lüttringhaus vom Verein „Emma + Wir“ und Gründerin des inklusiven Wohnprojekts Lüttring-Haus in Frohnhausen. Dort hatte ihre im Kindesalter an Parkinson erkrankte Tochter Emma bis zu ihrem Tod vor vier Jahren gelebt.

Maria Lüttringhaus hatte damals nach eigenen Angaben zahlreiche Bewerbungen um das Zimmer ihrer verstorbenen Tochter erhalten. Das habe ihr deutlich gemacht, wie groß der Bedarf an inklusiven Wohnformen ist, so die ehemalige Grünen-Politikerin.

Viele Essener Initiativen hatten das Konzept der „Aktion Mensch“ unterstützt

Das Grundstück an der Kunstwerkerstraße erschien ihr passend für ein solches Projekt. Nach und nach seien immer mehr lokale Vereine und Initiativen als Unterstützer dazu gekommen, sie habe zwischenzeitlich 34 gezählt, so Lüttringhaus. Mit einem kleinen Fest in der Nachbarschaft soll am 10. Oktober der Erfolg der „Aktion Mensch“ mit den Unterstützern gefeiert werden. Weitere Treffen sollen folgen. Jetzt gelte es, das Konzept mit Leben zu füllen, zukünftige Bewohnerinnen und Bewohner einzubinden. „Die ,Aktion Mensch‘ setzt auf Teilhabe. Wir lokalen Akteure bleiben auf jeden Fall im Boot“, so Lüttringhaus.

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