Bottrop. Das traditionelle „Abglühen“ bildet den Abschluss des Weihnachtszaubers. Was Händler, Besucher und der Veranstalter zum diesjährigen Markt sagen.
Der erste Tag des zweitägigen „Abglühens“, das auch am Sonntag (22. Dezember) bis 22 Uhr stattfinden wird, ist sprichwörtlich ins Wasser gefallen. Dauerregen, gefühlte Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und Gedanken an die Tat in Magdeburg sorgten für eine spürbar gedrückte Stimmung auf dem Bottroper Rathausplatz.
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So ist auch der Eindruck von Gisela Schäfer, die mit ihrem Mann eine gemütliche Runde über den historischen Ernst-Wilczok-Platz laufen wollte, sich aber von geschlossenen Hütten und fehlender Stimmung enttäuschen lassen musste. „Wir haben es vorher nicht geschafft, fanden den Markt in den vergangenen Jahren zwar etwas lieblos, aber haben dennoch immer etwas gefunden. Diesmal sind wir wirklich enttäuscht.“ Es fehle an Dekoration, an stimmungsvoller Beleuchtung und an Händlern, die ihre Waren anbieten.
Besucherin des Weihnachtsmarkts: „Für drei kleine Hütten braucht man auch nicht in die Stadt kommen“
„Es gibt hier fast nur Speisen und Getränke“, stellt die 63-Jährige nüchtern fest, „und bei den Preisen kann man sich das auch kaum erlauben.“ Tatsächlich waren von den insgesamt fünf Hütten, die abseits des eigentlichen Rundlaufs des Weihnachtsmarkts einen Platz gefunden und wechselhaft von Händlerinnen und Händler bestückt worden sind, am „Abglühen“, das traditionell einer der am stärksten besuchten Tage bildet, gleich zwei geschlossen. „Und für drei kleine Hütten braucht man auch nicht in die Stadt kommen.“ Die Frage, ob ihr Mann Klaus und sie im kommenden Jahr nochmal kommen würde, verneint die ehemalige Einzelhandelskauffrau.
Auch unter einem Facebook-Posting der WAZ kritisieren einige Nutzerinnen den Markt. Gabi Niedrich findet: „Er wird mit jedem Jahr schlechter.“ Frank Burchert scheint ähnlicher Meinung zu sein. Er kommentiert: „Ich war gestern zum ersten Mal dort, um wenigstens mitreden zu können. Jetzt kann ich mitreden, aber ich sag lieber nichts..:“ Einige wenige, darunter Andrea Zimmer, haben allerdings andere Meinung. „Wie immer sehr schön“, schreibt sie online. Der Bottroper ÖDP-Schatzmeister Markus Stamm ist folgender Meinung: „Für ein, zwei Glühwein in netter Runde, etwas Leckeres zum Essen dazu ist er gut. Alles andere sollte man dort nicht suchen.“
Bottroper Händler über Weihnachtsmarkt: „Es hat sich leider nicht gelohnt“
Enttäuscht zeigt sich auch ein Händler, der mit seiner Ware auf dem Markt vertreten war. „Es hat sich leider nicht gelohnt.“ Auch der Händler, der anonym bleiben möchte, kritisiert die fehlende Stimmung. „Es hätte mehr Licht gebraucht, mehr Deko und möglicherweise ein vielfältigeres Programm, das nicht nur abends stattfindet.“
Zudem betont der Mann, der bereits mehrere Male auf dem Markt vertreten war, die unglückliche Positionierung der Kreativhütten: „Die Menschen wollen nicht nur Trinken und Essen, sie wollen bummeln, verweilen, sich treffen. Dazu hätte man alle Hütten zusammen platzieren müssen. Dass Hütten mit tollen Waren abseits stehen, ist nicht gut geplant.“ Dem Händler ist aufgefallen, dass viele Besucher die Hütten gar nicht bemerken.
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Auch vom Abglühen zeigte der Mann sich enttäuscht: „Das Wetter ist katastrophal. Da kann natürlich niemand etwas für, aber bei so einer Wetterprognose hätte man auch ein großes Zelt aufstellen können.“ Stattdessen, erzählt der Mann im Gespräch mit der WAZ, mussten die Schirme geschlossen bleiben, da der Deutsche Wetterdienst vor starken Windböen gewarnt hatte. „Da war es erwartbar, dass der Tag heute schlimm wird.“ Ob er am zweiten Tag des „Abglühens“ öffnet, konnte der Mann noch nicht sagen.
Weihnachtsmarkt-Veranstalter: „Würde begrüßen, wenn die Sicherheitsauflagen noch höher wären, denn ich möchte ruhig schlafen können“
Nüchtern fällt auch das Fazit von Weihnachtsmarkt-Mitveranstalter Stephan Kückelmann aus. Der Unternehmer erklärt im Gespräch mit der Redaktion vor Ort, dass der Markt in diesem Jahr „durchwachsen“ lief. Schuld daran seien neben dem Wetter vor allem „die Hürden“, die man in diesem Jahr nehmen musste. „Ein Riesenthema sind die Auflagen, auch in Hinblick auf die Sicherheit“, erklärt Kückelmann. „Früher gab es auf dem Weihnachtsmarkt weder Polizei noch externe Sicherheitskräfte, heute sind die Auflagen deutlich schärfer.“ Das findet Kückelmann zwar grundsätzlich gut, aber finanzierbar sei das für die Veranstalter kaum.
„Wir brauchen zum Abglühen zehn Sicherheitskräfte im Einsatz, zudem mehrere Transporter zum Schutz vor Überfahrttaten im Einsatz. Diese“, so der Mit-Veranstalter weiter, „mussten zudem mit einer Tonne Sand beladen werden, damit sie den Auflagen genügen, die der Kommunale Ordnungsdienst uns gemacht hat.“
Dabei sieht Kückelmann grundsätzlich andere in der Pflicht für die Sicherheit zu sorgen. „Es kann nicht sein, dass der Veranstalter das machen und finanzieren soll. Das lässt sich nicht mit dem Verkauf von Glühwein erwirtschaften.“ Grundsätzlich legt Kückelmann sogar noch einen drauf: „Ich würde begrüßen, wenn die Sicherheitsauflagen noch höher wären, denn ich möchte ruhig schlafen können.“
Nach der Amokfahrt in Magdeburg bestätigt Polizeisprecherin Ramona Hörst, dass die Polizei den Schutz des Bottroper Weihnachtsmarktes noch einmal verstärkt hat. Zudem weist die Beamtin darauf hin: „Alle eingesetzten Kräfte sind sensibilisiert.“ Die Polizei ruft die Besucherinnen und Besucher dazu auf, die Beamtinnen und Beamten vor Ort anzusprechen, falls ihnen etwas Verdächtiges auffällt. Sensibilisiert wurden auch die Mitarbeitenden des Kommunalen Ordnungsdiensts, wie Abteilungsleiter Michael Althammer auf Nachfrage bestätigt.
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Aber nicht nur die Sicherheit ist für Veranstalter Kückelmann ein Thema. Auch die hohe Kostensteigerung des städtischen Entsorgungsbetriebs Best seien in diesem Jahr eine spürbare Hürde gewesen. „Früher wurde der Müll kostenfrei eingesammelt.“ In diesem Jahr stand deshalb ein großer Müllcontainer neben dem Markt. Ärgern würden den Weihnachtsmarkt-Macher auch die geschlossene Hütten. „Wir hatten die Hütten auf dem Weihnachtsmarkt alle vermietet. Leider wurden einige kurzfristig abgesagt oder früher zugesperrt.“ Eine Vertragsstrafe drohe den Händlerinnen und Händlern aber nicht. „Das kommt für uns nicht infrage.“