Bottrop. Als der Papst Prosper Haniel besuchte, war er auch Gast in St. Bonifatius. Jetzt schließt die Kirche. Die Gemeinde nimmt bis Sonntag Abschied.
Als er Bottrop besuchte, hielt sich Papst Johannes-Paul II. über Stunden in St. Bonifatius auf. Diese Bemerkung können sich weder Pastor Andreas Willenberg noch Mechthild Ischinsky oder Bettina Höhner verkneifen. Natürlich nicht in der Kirche, aber immerhin auf dem Gemeindegebiet der damals noch selbstständigen Pfarrei. Denn: Das Bergwerk Prosper-Haniel gehörte bis zur letzten Schicht zur Gemeinde, die bis zuletzt auch ihre Sternsinger regelmäßig zum Pütt schickte, die dort mit „großem Bahnhof“ empfangen wurden.
Alles Geschichte. Das Bergwerk ist dicht. Die Kirche, die 1958 auch für viele Bergleute im Fuhlenbrock errichtet wurde, ab Sonntag auch. „Natürlich sind wir traurig, vor allem, wenn man mit dieser Gemeinde, mit dieser Kirche aufgewachsen ist“, sagt Mechthild Ischinsky. Ein älteres Ehepaar vorne in der Kirche bekommt das mit. Beide nicken kurz, bevor sie sich auf den Weg machen.
Manche Gemeindemitglieder hat St. Bonifatius durch ihr ganzes Leben hindurch begleitet
Mechthild Ischinsky ist Fuhlenbrockerin, hat lange die Bonifatius-Kita geleitet und gehört jetzt nicht nur zum Kirchenvorstand der Großpfarrei St. Cyriakus, sondern auch zum Kreis, der den Abschied am kommenden Sonntag mit vorbereitet hat. „Ich kam mit drei Jahren in die Gemeinde, Erstkommunion, Firmung, wir haben hier geheiratet, und ich kenne so viele Familien, denen Bonifatius eine Heimat war, so wie mir.“
Auch Bettina Höhner blickt mit Wehmut auf den Taufstein mitten in der Kirche. „Da bin ich, da ist meine Tochter getauft worden, die Kirche ist natürlich ein Stück Heimat für uns“, sagt die 44-Jährige, die heute die Gemeinde-Kita leitet, als Nach-Nachfolgerin von Mechthild Ischinsky. Sie weiß, dass es vor allem ältere Gemeindemitglieder sind, die das endgültige Aus für St. Bonifatius bedauern.
„Viele Jüngere oder Familien mit Kindern haben sich schon länger nach St. Ludgerus orientiert, die Vereine und Verbände sind dort, die Kita- und Schulkinder gehen dort sonntags zur Familienmesse“, weiß die Erzieherin. Dabei sei St. Bonifatius vielleicht sogar besser für Familien- oder Kita-Gottesdienste geeignet. „Ein intimerer, flexibler Raum, vor allem nach dem Umbau.“
Der hat noch 2004 stattgefunden. Damals wollte man sogar noch das große Fenster über der Orgelempore künstlerisch verglasen lassen. Daraus wurde nichts. „Kurz darauf setzte die Neustrukturierung der Pfarreien im Bistum Essen ein und Fuhlenbrock wurde im Verlauf Teil von St. Cyriakus, der neben St. Joseph der zweiten Bottroper Großpfarrei“, so Pastor Andreas Willenberg. Dabei hat alles im Fuhlenbrock einmal klein angefangen.
Eine Glocke und eine Reliquie stammen noch aus der früheren Konradskapelle im Haus Waldfriede
Eigentlich hätte St. Bonifatius zunächst St. Konrad heißen sollen. Es gab eine Konradskapelle im Haus Waldfriede, an das sich ältere Gemeindemitglieder noch erinnern. Eine alte Villa der Familie Klein, die die Ludgerus-Gemeinde 1931 gekauft hatte. „Das war ein richtiges Freizeitzentrum mit Freiluftbühne, Teich und Wäldchen“, sagt Andreas Willenberg.
Als die Nazis den Komplex enteignen wollten, richtete man dort rasch eine Kapelle ein, St. Konrad. Dadurch war eine Enteignung nicht mehr möglich. „Die Glasfenster dieser Kapelle sind heute noch in der Sakristei zu sehen, eine Reliquie des heiligen Konrad befindet sich vor, die von anderen Heiligen im Altar“, so der Pastor. Sie werden künftig im Reliquienschrein der Ludgeruskirche aufbewahrt.
Was bleibt sonst von St. Bonifatius übrig? „Es sind die lebendigen Erinnerungen so vieler Familien, aber natürlich auch unsere Kita, die erneuert und erweitert weiter für die Gemeinde steht“, sagt Bettina Höhner. Ganz handfest gehen aber am Sonntag auch einige Dinge mit hinüber zur alten Fuhlenbrocker Kirche an der Birkenstraße. „Die Konradsglocke, immerhin 200 Kilo schwer, die wird am Sonntag nach der letzten Messe von St. Bonifatius in einer Prozession herübergetragen und läutet künftig die Gottesdienste an der Birkenstraße ein“, erzählt Mechthild Ischinsky. „Dann nehmen wir die Altarschellen und vor allem das Allerheiligste, das Altarsakrament, das in jeder genutzten katholischen Kirche aufbewahrt wird, mit.“
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Für einen Priester sei es mindestens genauso schwer, wie für die Gläubigen, wenn eine Kirche schließe, so Andreas Willenberg. „Als ich 1997 geweiht wurde, war an diese Entwicklung noch nicht zu denken, ein paar Jahre später ging es dann los.“ Dabei sei es egal, ob es sich um ein kunsthistorisch wertvolles Bauwerk handele oder einen schlichten Nachkriegsbau wie St. Bonifatius. Auch nach so vielen Kirchenschließungen bis hin zum Abriss, auch hier in Bottrop, wissen die Drei: „Daran gewöhnen wird man sich nie.“
Einen persönlichen Abschied von ihrer Kirche können die Fuhlenbrocker noch in dieser Woche nehmen. Bis Freitag ist die Kirche täglich von 10 bis 12 und 15 bis 19 Uhr geöffnet. Die letzte Messe beginnt am Sonntag, 6. Oktober, um 10 Uhr. Danach zieht die Gemeinde in Prozession mit Posaunen, Chor, dem Knappenverein, den Kita-Kindern, Vereinen, aber auch einer Abordnung der Plattdütschen, die der Gemeinde immer verbunden waren, zur Ludgeruskirche. Dort wird Erntedank mit einem Frühschoppen gefeiert. Zur Erinnerung hat Küster Thomas Dodt übrigens ein hübsches Fotoheft von der Kirche für alle gestaltet.