Bottrop-Kirchhellen. Erika Paul schließt zum Jahresende ihren Lotto-Laden in Bottrop-Grafenwald. Der hat sich dort über Jahrzehnte als Institution etabliert.
Grafenwald ohne Lotto-Laden? Schwer vorstellbar, hat sich das Geschäft doch über Jahrzehnte als Institution im Ortsteil etabliert. Und dennoch wird es schon bald so kommen: Erika Paul, die seit rund 40 Jahren zunächst als Angestellte, dann als Inhaberin im Lotto-Laden hinter der Theke steht, schließt ihr Geschäft zum Jahresende. Was ihr spürbar schwer fällt, doch mit 76 Jahren hat sie sich ihren Ruhestand mehr als verdient. „Ich stehe sonst mit 80 noch hier“, meint sie mit einem kleinen Lächeln. „Das möchte ich auch nicht.“
Ja, sagt sie, noch mache ihr die Arbeit Spaß, genieße sie den Plausch mit den Kundinnen und Kunden. „Man kennt sich“, meint sie mit Blick auf ihre Grafenwälder. Selbst Familiäres werde in ihrem Laden besprochen. „Ich habe so liebe Kunden.“
Bei ihr und ihren Mitarbeiterinnen Christiane Kruse und Marion Sigmund gehe es nicht so steif und rein geschäftlich zu wie vielleicht woanders. „Hier in unserem Laden werden noch Witze gemacht“, verkündet sie. Und die Umsätze würden auch stimmen.
Erika Paul kennt den Lotto-Laden in Grafenwald seit bald 50 Jahren
Körperlich fit fühlt Erika Paul sich zudem, aber: „Das kann von heute auf morgen anders sein.“ Deshalb hat sie sich nun zu dem Schritt entschlossen, den Laden an der Straße Zur Grafenmühle am 31. Dezember 2024 zu letzten Mal zu öffnen.
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Zum ersten Mal betreten hat sie ihn im Jahr 1976. Als Erika Paul damals mit ihrem Mann und ihrem Sohn von Gladbeck-Brauck nach Bottrop-Grafenwald zog, existierte das Lotto-Geschäft schon, erzählt sie. Damals geführt von Familie Schulte-Wieschen. „Zu der Zeit habe ich hier selbst Lotto gespielt“, so die gebürtige Gelsenkirchenerin. Danach hätten mit Karl-Heinz und Hildegard Brdoch Freunde von ihr das Geschäft übernommen. Irgendwann stieg Erika Paul bei ihnen als Angestellte ein. Mitte 30 sei sie da gewesen.
„Von 2003 bis 2007 hat mein Sohn Michael dann von Familie Brdoch übernommen“, berichtet sie weiter. Als der sich umorientierte, stieg sie schließlich selbst als Chefin ein – und blieb es bis heute.
Das geschäftliche Umfeld hat sich in all den Jahren in Grafenwald sehr verändert. Früher, erinnert sich Erika Paul, gab es direkt nebenan noch bis 2018 den Traditionsbäcker Terwellen (danach „Ana‘s Lädchen“, heute die Sushi-Bar Midori). Das Dorf verfügte einst über einen inhabergeführten Lebensmittelladen (immerhin gibt es heute noch den Cap-Markt mit Bäcker Peter), eine Metzgerei, einen Blumenladen, eine Drogerie, erzählt die 76-Jährige.
Der Lotto-Laden war und ist, früher noch mehr als heute, ein Treffpunkt. „Früher durfte noch im Laden geraucht werden. Dann standen die Männer hier, haben sich unterhalten. Das hat Spaß gemacht“, meint Erika Paul.
Lotto-Laden in Bottrop-Grafenwald schließt: Kein Nachfolger in Sicht
Ab kommendem Jahr verlieren die Grafenwälder dann nicht nur ihr Lotto-Geschäft, sondern auch den seit 17 Jahren dort integrierten Hermes-Paketshop und die Möglichkeit, Tickets der Vestischen zu kaufen. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. „Westlotto kommt hier nicht mehr hinein“, sagt Erika Paul. Nach dem Tod der Vermieterin in diesem Jahr sei nicht ganz klar, was weiter mit dem Haus passiere.
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Schon jetzt schauen die Stammkunden mit Wehmut auf das bevorstehende Aus. Erika Paul geht es nicht anders. Aber es gibt es etwas, worauf sie sich freut: Die Freiheit zum Reisen zu haben. „Ich habe seit 2019 gar keinen Urlaub mehr gemacht.“ Außerdem wird sie mehr Zeit haben für ihr Hobby Häkeln, weshalb sie froh ist über das Wollfachgeschäft in Grafenwald. Und sie wird, natürlich, selbst weiter Lotto spielen.