Bottrop. Ein Mann aus dem Libanon soll seine Bottroper Ehefrau vergewaltigt haben. Im Prozess am Essener Landgericht gibt es jedoch eine Überraschung.

Erst war es Liebe, dann wurde es dramatisch: Vor etwas mehr als drei Jahren soll ein Mann aus Bottrop seine Ehefrau vergewaltigt haben. Zwei weitere mutmaßliche Übergriffe scheiterten angeblich an heftiger Gegenwehr. Seit Mittwoch beschäftigt der Fall das Essener Landgericht.

Das Paar hatte sich 2018 über das Internet kennengelernt. Der heute 29-Jährige lebte damals noch im Libanon, seine spätere Frau war in Bottrop zu Hause. Es dauerte dann auch nicht lange, bis sie in seine Heimat flog, um ihn zu heiraten.

Ehe im Libanon geschlossen: Das Glück blieb aus

Die Ehe wurde zunächst nach muslimischem Recht geschlossen, später in Deutschland aber offiziell anerkannt. Zwei Kinder wurden geboren, das große Glück wollte sich aber trotzdem nicht einstellen. Es kam immer wieder zum Streit und zu vorübergehenden Trennungen. Verteidiger Irfan Durdu sprach zum Prozessauftakt am Essener Landgericht von einer „On-Off-Beziehung“, die von Anfang an sehr schwierig war.

Ende 2021 soll die Situation schließlich eskaliert sein. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es von Seiten des Angeklagten mehrfach zu sexuellen Übergriffen gekommen ist – in der Dusche und im Schlafzimmer. Der 29-Jährige selbst will davon jedoch nichts wissen. „Die Vorwürfe werden ganz entschieden zurückgewiesen“, ließ er seinen Verteidiger vor der 16. Strafkammer erklären. Von Vergewaltigung könne keine Rede sein.

Ex kam zum Gericht mit dem gemeinsamen Sohn

Damit hing nun alles an seiner Ex-Frau, die zu ihrer Zeugenvernehmung mit dem kleinen Sohn des Paares erschien. Der Junge setzte sich brav neben seine Mama und ließ sich einen Schokoriegel schmecken. Später lief er zur Anklagebank und fiel seinem Papa in die Arme. „Papa, Papa“, rief er dabei und strahlte.

Die Eheleute sind inzwischen offiziell geschieden. Wie sie zueinanderstehen, ist nicht ganz klar. Nach Angaben des Verteidigers sind die beiden seit Anfang des Jahres möglicherweise doch wieder ein Paar. 

„Es gibt einen ausführlichen Chatverkehr, in dem ständig Herzchen und Küsschen zu sehen sind“, so Irfan Durdu. Außerdem gebe es wunderschöne Fotos von gemeinsamen Restaurantbesuchen. „Sie versucht mich auszunutzen“, soll der 29-Jährige im Vorfeld des Prozesses gesagt haben. „Wenn ich ihre Wünsche erfülle, ist die Welt in Ordnung.“ Eine Verurteilung muss er wahrscheinlich nicht mehr befürchten.

Vergewaltigung: Mutmaßliches Opfer verweigert die Aussage

Seine geschiedene Frau hat vor Gericht die Aussage verweigert. Was auch ihr Recht ist. Auch frühere Aussagen, die in Polizei-Protokollen stehen, dürfen nicht verwertet werden. Damit können die Richter wohl nicht mehr feststellen, was überhaupt passiert ist.

Trotzdem sollen noch weitere Zeugen vernommen werden. Mit einem Urteil ist möglicherweise noch in diesem Monat zu rechnen.