Bottrop. Eine Sanierung im Bestand lohnt sich nicht wirtschaftlich. Die Gründe für einen Neubau und warum die Hauptfeuerwache nicht mehr zeitgemäß ist.
Bottrops Hauptfeuerwache an der Hans-Sachs-Straße ist seit Jahren ein Fall für die Intensivstation. Eine Mehrheit in der Politik befürwortet deshalb einen millionenteuren Neubau. Am liebsten neben dem Marienhospital an der Josef-Albers-Straße. Die WAZ wollte sehen, in welchem Zustand sich die (noch) sogenannte Feuer- und Rettungswache 1 befindet.
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Der Rundgang mit Michael Duckheim, Pressesprecher der Feuerwehr, und Christoph Lang, Abteilungsleiter Vorbeugender Brandschutz und bei der Feuerwehr verantwortlich für Bauprojekte, beginnt im Bunker der Wache, deren Hauptgebäude im Jahr 1972 erbaut worden ist.
Hinter einer schweren Stahltür reihen sich entlang des Flures ungenutzte, leere Räume. Fast am Ende des Flures wird auf dem Betonboden eine rotbraune, gefleckte Marmorierung sichtbar.
Was zu sehen ist, ist kein edler italienischer Marmor. „Es ist Rost, der sich mit Wasser vermischt hat“, sagt Lang. Wer darauf tritt, versinkt ein paar Zentimeter in diesem merkwürdig-ekligen Bodenkunstwerk. Die Feuerwehr hat deshalb vorsorglich Platten als Trittflächen ausgelegt, damit man keine nassen Füße bekommt.
Wenige Meter davor ist ein Loch im Fußboden, darin steht eine Pumpe. Das Gerät pumpt permanent Regenwasser aus dem Bunker. Die Feuerwehr in Bottrop hat seit Jahren ein großes Problem mit Wasser. Bei Starkregen heißt es im Bunker: Land unter.
Am Boden sind sogar Barrieren aufgestellt worden, sodass das Wasser sich nicht seinen Weg durch den gesamten Flur suchen kann. Mehrere abgelegte Sandsäcke hinter der Tür zum Heizungsraum sollen zudem Schlimmeres verhindern. Die Bunkerräume, die als Lager dienten, können wegen der Feuchtigkeit nicht mehr genutzt werden.
Plan für Sanierung der Bottroper Feuerwache wurde verworfen
Es gab die Überlegung, die Wache vor Ort umzubauen und sanieren zu lassen. Der Plan wurde verworfen. Laut einem Gutachten hätten die Sanierung und der Umbau im laufenden Betrieb in Bottrop 16 Jahre gedauert und wäre teurer als ein Neubau gewesen.
Eine Entscheidung, die bei der Feuerwehr für Erleichterung gesorgt hat. „Wir sind mit anderen Städten und Feuerwachen im Austausch, die im Bestand ihre Wachen umgebaut haben“, sagt Christoph Lang. „Der erste Satz, der sofort fällt, ist: Tut es nicht. Eine Feuerwache ist ein lebender Organismus“, sagt Lang. Die Rettungskräfte sind immer im Dienst. 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Zudem wird befürchtet, dass eine 16-jährige Umbauphase zu starken Personalproblemen führen würde.
In der Fahrzeughalle fällt auf, dass die Einsatzfahrzeuge nur ganz knapp unter die Lüftungsrohre passen. Das Ein- und Ausfahren wird zu einem Drahtseilakt. Ein geparktes Fahrzeug touchiert mit dem Dach fast das Rohr. „Der Gerätewagen passt nur darunter, weil er zurzeit vollbeladen ist“, erklärt Lang.
Unfallgefahr in der Bottroper Wache: Fahrzeughalle ist für die Fahrzeug zu niedrig
Die Halle ist schlichtweg für die heutigen Anforderungen einer Feuer- und Rettungswache und für die heutigen Fahrzeuge in Breite, Höhe und Länge zu klein. „Es kann nicht sein, dass man ganz langsam rein- und rausfahren muss, weil man sonst Gefahr läuft, mit dem Fahrzeugdach irgendwo oben gegen zustoßen“, meint Lang. Die Schwierigkeit des Parkens in der Halle vergleicht er mit dem Spiel „Tetris“, irgendwo findet sich meistens ein Platz. Ansonsten muss draußen geparkt werden.
In ihrem Beruf müssen die Einsatzkräfte auch stets flexibel sein und je nach Gefahrenlage auf jede Situation reagieren können. Außerdem muss man ein Meister der Improvisation sein. Eigenschaften, die auch im Alltag in der Wache gelten. So sind frühere Büroräume notgedrungen in Ruheräume umgewandelt worden.
Wünschenswert wären Doppel- oder Einzelzimmer, sagt Christoph Lang. Die Ausstattung wäre – mit Ausnahme der Spinde – dieselbe: Bett, Tisch und Stuhl. Mehr benötigt man nicht, um sich nach den Einsätzen seelisch und körperlich auszuruhen. Der Platz dafür ist allerdings kaum vorhanden.
Auch in der Leitstelle, dem Herzstück der Wache, ist es eng. „Es werden pro Jahr 20.000 Einsätze disponiert. Es laufen deutlich mehr Notrufe ein, da nicht jeder Notruf zu einem Einsatz führt. Das Anrufaufkommen über 112 und 19222 (Krankentransport) beläuft sich momentan auf circa 40.000 Anrufe pro Jahr“, erklärt Michael Duckheim.
Optimal wären aus Sicht von Christoph Lang mehr Raumhöhe, mehr Arbeitsplätze und generell mehr Platz. Ein Problem ist die Akustik, wenn zum Beispiel mehrere Einsatzkräfte gleichzeitig telefonieren oder sprechen. „Ich bewundere die Kollegen, die multitaskingfähig sind“, sagt Lang.
1972 hatte die Wache „nur“ 62 Mitarbeiter. 2024 sind es mehr als 200. Duckheim: „Hinzu kommen gestiegene Hygieneanforderungen, erhöhte Anforderungen bei der Prüfung von Fahrzeugen und Geräten sowie ein steigender Verwaltungsaufwand.“
In dem Raum, wo früher die Schläuche gereinigt wurden, ist inzwischen die Wäscherei beheimatet. Anstatt Schläuche wird die saubere Kleidung des Rettungsdienstes und des Brandschutzes aufgehängt. „Hier ist ordentlich Betrieb, ein durchlaufender Posten“, sagt Christoph Lang.
Nächstes Problem: zu viel Wäsche und zu wenig Maschinen für die Einsatzkräfte
Zur Verfügung stehen zwei Maschinen, die die besten Jahre hinter sich haben. Nötig wären eigentlich vier. Nach einem Einsatz wird für die dreckige oder kontaminierte Kleidung die Maschine angeworfen. Das geschieht gegebenenfalls mehrmals am Tag.
Doch viele Einsätzen führen notfalls zu Problemen. Die Feuerwehrleute kommen dann mit der Wäsche kaum hinterher. „Es kann sein, dass bestimmte Konfektionsgrößen nicht verfügbar sind“, sagt Duckheim.
An mancher Wand bröckelt der Putz. Deshalb soll die Wäscherei bald auf dem Gelände umziehen. Der Kauf von zwei neuen und stromsparenden Waschmaschinen ist geplant. „Der Umzug ist eine massive Verbesserung“, findet Lang.
Die 2017 erbaute Logistik- und Nachschubhalle platzt derweil aus allen Nähten. Für das benötigte Katastrophenschutzlager sollen zusätzlich externe Lagerflächen angemietet werden. Neben der Logistikhalle liegt die Werkstatthalle. Der Fuhrpark der Bottroper Feuerwehr umfasst circa 100 Fahrzeuge, Anhänger und Container mitgerechnet.
„ Es ist Rost, der sich mit Wasser vermischt hat.““
Doch es gibt zu wenig Parkplätze. Einige Fahrzeuge müssen bei Wind und Wetter vor die Hallentür. Sommer und Winter hinterlassen ihre Spuren. „Ein Löschfahrzeug mit Wassertank darf nachts im Winter nicht draußen stehen bleiben, weil sonst das Wasser gefriert“, erklärt Duckheim. Christoph Lang zeigt die Folgen an einem Feuerwehrwagen, der häufig nicht in einer Halle geparkt werden kann. Der Lack der Signalfarbe ist ausgeblichen. „Das Rot ist UV-empfindlich.“
Einsturzgefahr: Tonnenschwere Stahlträger mussten eingebaut werden
Es ist aber nicht nur der fehlende Platz, der Sorgen bereitet. Das Problem in der Werkstatthalle ist die Statik. Bis zu sechs Tonnen Gewicht kann der Boden tragen – zu wenig für die meisten Einsatzfahrzeuge. Einst drohte eine akute Einsturzgefahr. Im Keller sind deshalb vor einigen Jahren tonnenschwere Stahlträger montiert worden, die den Boden der Werkstatthalle abstützen.
Nun kann in der Halle ein Fahrzeug der Feuerwehr mit einem Gewicht bis zu 26 Tonnen repariert werden. Wäre da nur nicht wieder das Problem mit der Höhe. Die Halle ist zu niedrig, zum Beispiel für ein Löschfahrzeug und zu schmal. Je nach Problemlage muss das Fahrzeug an der frischen Luft vor der Halle repariert werden – notfalls auch bei Regen.
Wenn eine dringende Reparatur ansteht, kann die benachbarte Waschhalle zweckentfremdet werden. Die Desinfektionshalle steht grundsätzlich nicht für Werkstattarbeiten zur Verfügung. Hier ist die fehlende Tiefe der Halle das Problem. Duckheim erklärt: „Die Trage kann nicht bei geschlossenen Toren aus dem Rettungswagen geholt werden, sodass die Reinigungsarbeiten teilweise mit offenen Toren und halb aus der Halle gefahrenem Fahrzeug durchgeführt werden müssen. Deswegen sind hier dringende Umbauarbeiten notwendig.“
Michael Duckheim und Christoph Lang machen während des Rundgangs immer wieder deutlich, wie familiär und kollegial der Umgang unter den Bottroper Rettungskräften ist. Zwei Argumente, mit denen Bottrop bei künftigen Bewerbern punkten will. Denn die örtliche Feuerwehr steht bei der Suche nach Nachwuchs und Fachkräften in Konkurrenz zu anderen Wehren aus Nachbarstädten.
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Eines ist klar: Der Bau der neuen Hauptfeuerwache wird für Bottrop die wahrscheinlich teuerste Investition seit Jahrzehnten. Ein Gutachten aus dem Jahr 2019 bezifferte die Summe auf circa 50 Millionen Euro. Im Mai 2023 lag der Kostenrahmen des städtischen Fachbereichs Immobilienwirtschaft bei circa 90 Millionen Euro – mögliche Baukostensteigerungen nicht mit eingerechnet.
Christoph Lang kennt die Diskussion und betont: „Wir wollen kein Schloss, sondern gute und professionelle Arbeitsbedingungen schaffen. Der Bau einer neuen Feuerwache ist mit das Komplizierteste, was man bauen kann.“ Der Bottroper Feuerwehr ist wichtig darauf hinzuweisen, dass der Zustand der jetzigen Feuerwache es nicht erlaubt, die Mängel bis zur Fertigstellung des Neubaus „auszusitzen“.