Bottrop. In Bottrop ist ein beeindruckendes Wand-Gemälde aufgetaucht. Dahinter steckt David Landgraf. Hier erzählt er, was hinter seinem Porträt steckt.
Wer in der letzten Zeit über die Horster Straße in Richtung Stadtmitte gefahren ist, kam zwar auf der Straße problemlos, aber mit dem Auge nicht unbedingt daran vorbei. Gemeint ist das neue Fassaden-Gemälde mit dem Titel „Zahra“, das der Mixed-Media-Künstler David Landgraf an eine Hauswand gebracht hat. Das 12,40 Meter breite und in der Spitze 8,80 Meter hohe Kunstwerk ist derzeit das größte seiner Art in Bottrop, in Zukunft werden weitere entstehen.
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„Ich fühle mich in Bottrop richtig angekommen und möchte den Betrachtern mit diesem Werk im Alltag unverhofft ein gutes Gefühl geben. Das Stadtbild im Gesamten und die jeweilige Umgebung zu verschönern und aufzuwerten, kommt noch dazu“, verrät der 33-jährige gebürtige Wittener, der zuvor auch in Dortmund und Essen wohnhaft war, den Gedanken hinter seinen Arbeiten. Das Haus auf der Horster Straße hatte er dabei schon lange im Blick. Irgendwann habe er einfach mal angeklingelt und mit den Besitzern gesprochen. „Die waren total begeistert, konnten sich anfangs aber noch nicht genau vorstellen, wie es später aussehen wird.“
Dann ging es los: Der Street-Artist, der im Alter von 16 Jahren so begeistert von einem Film über die Graffitiszene war, dass er selbst ein Teil dieser wurde, gestaltete digital ein Motiv, grundierte und sprühte los. Dabei zog er zunächst ein sogenanntes „Doodle-Grid“, bei dem er mit der Sprühdose Zahlen auf die Fläche brachte. Diese Zahlen wurden dann digital unter das Motiv gelegt, sodass er sich anhand dieser auf der Wand orientieren kann. Als das Ergebnis nach rund zehn Stunden Arbeit mit Dose, speziellem Sprühgerät, Pinsel und Co. zu sehen war, blieb nicht nur den Hausbesitzern der Mund offen stehen. Auch Radfahrer, Spaziergänger und Gassigeher erfreuen sich seither an der Kunst, die an der Kreuzung zum Lange-Kamp-Weg nicht nur für Pendler prominent gelegen ist.
Fassaden-Kunst in Bottrop: Schwarz-Weiß aus tiefster Überzeugung
Das frische Werk an der Hauptstraße ist aber nicht das erste seiner Art. „Ich war auch schon in der Boy unterwegs und habe im Blankenfeld die rund 17-Meter-breite Außenwand eines Unternehmens zur Verfügung gestellt bekommen.“ Dort fallen nicht nur die Werke, sondern der Künstler sofort auf. Schwarz-weiße, stilvolle Porträts von Frauen lassen schnell auf Davids Kunst schließen. Der Stil, der sich beim Wahl-Bottroper im vergangenen Jahrzehnt stetig entwickelt hat, beruht dabei auf einer intrinsischen Motivation. Dass Schwarz, Weiß, Grau & Silber bei David nicht nur ein Stilmittel sind, sondern aus einer puren, inneren Überzeugen heraus in die Kunst gefunden haben, sieht man dem Street-Artist, der stets ebenso gekleidet ist, auch an. Früher war das anders, wie er verrät.
„Ich habe mich vom klassischen Sprayer ohne konzeptionelle Leitlinie zu jemandem entfaltet, der viel Wert auf Ästhetik legt. In meiner Kunst hat sich das nach einer gewissen Zeit der Besinnung zu monochromen Porträts entwickelt.“ Nachdem sich Landgraf seit 2007 mit Stylewriting und Lettering einen Namen in der Essener & Dortmunder Graffitiszene gemacht hatte, startete er nach rund einem Jahrzehnt die Reise in eine neue Richtung. „Ich wollte einfach auch anderes besser beherrschen“, erklärt er seinen Wandel. Gesagt, getan.
David Landgraf brachte Größen der Musik auf die Wand
Landgraf sprayte unter dem Pseudonym „Palas“ die damals trendigen Größen aus der Musikszene. G-Eazy, Farin Urlaub, SSIO. Einige Werke davon wurden sogar über die Essener Grenzen hinaus bekannt. Ein farbenfrohes Graffiti von Linkin Park-Frontmann Chester Bennington, der sich kurz zuvor das Leben nahm, zum Beispiel wurde zur echten Pilgerstätte. Fans aus allen Teilen der Republik reisten teils mit Kerzen in der Hand an, um dort dem verstorbenen Leadsänger zu gedenken. Nachdem ein Abriss drohte, erhielt David von einem Linkin Park-Verein die Möglichkeit, ein illustratives Denkmal im Altenessener Kaiser-Wilhelm-Park zu gestalten. Das bunte Bild ist nach einer großen Eröffnungsveranstaltung bis heute Anziehungspunkt im nördlichen Essener Stadtteil.
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Heute konzentriert sich der Wahl-Bottroper, der laut eigener Aussage ohne Kunst nicht leben könnte, eher auf kontrastreiche, abstrakt-realistische Porträts, die die Modernität einer Großstadt ausstrahlen sollen, nach der sich die Leute sehnen. Dass seine Kunst, die oft auch auf einer klassischen Leinwand entsteht, bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt, ist dabei nichts Neues. Schon 2022 gewann David den ersten bottrop.art.award. Bei dem Kunstpreis bewertete sowohl das Publikum als auch eine Fachjury, David landete gleich doppelt auf Platz 1. Und auch bei Ausstellungen konnte das Mitglied der Bottroper Kunstgemeinschaft zahlreiche Verkäufe verbuchen. Weder nach seiner ersten Ausstellung in Bottrop, noch nach der „Nacht der 1.000 Bilder“ vom recht jungen Künstler Kollektiv musste er Werke mit nach Hause nehmen. Ausverkauft.
Bottroper Künstler sucht Flächen für weitere Werke
Jetzt sucht Landgraf, der schon bald Orcas an eine Wand in Oberhausen bringen wird, weitere Flächen, auf denen er seiner künstlerischen Ader freien Lauf lassen kann. Wer eine größere oder prominent gelegene Fläche zur Verfügung stellen mag, erreicht den Künstler über seine Website. Auch Auftragsarbeiten können nach Rücksprache umgesetzt werden.