Bottrop. Bronzezeit, Römer und Mittelalter-Relikte zeigen: Zwischen Ruhr und Emscher war nie Niemandsland. Warum Archäologen manchmal lieber nicht graben.
Die Bronzezeit aber auch das Mittelalter ist gerade in Bottrop wieder in aller Munde. Unter einem Acker auf dem Eigen vermuten Fachleute möglicherweise Überreste einer bronzezeitlichen Siedlung. Probegrabungen sollen in Kürze die Vermutungen erhärten – oder als lediglich solche „begraben“.
Weiter nördlich, auf dem Gelände von Schloss Beck, geht es um Reste des mittelalterlichen Vorgängerbaus des heutigen Barockschlosses, dessen Überreste sich teilweise im Bereich des neuen Wasserspielplatzes des Freizeitparks befinden. Das musste seitens der Eigentümerfamilie in die Planungen einbezogen werden. Graben, um zu wissen: Das ist das Brot des Archäologen. Aber die Zunft ist genauso froh, wenn nicht gegraben wird. Wie passt das zusammen?
„Wenn nicht gebaut oder gegraben wird, bleiben Bodendenkmäler erhalten. Sobald Arbeiten an Stellen auch nur vermuteter Denkmäler geplant sind, müssen wir tätig werden. “
„Ganz einfach“, sagt Wolfram Essling-Wintzer. „Wenn nicht gegraben wird, bleibt das Bodendenkmal erhalten.“ Und das gelte vermutlich für die meisten Bodendenkmäler, in Bottrop, aber auch in ganz Nordrhein-Westfalen. Was drin bleibt, sei geschützt, konserviert. Jede Erdbewegung, vor allem natürlich durch Bauvorhaben, könne so ein Denkmal zerstören. Und nicht immer erführen die Archäologen rechtzeitig von vermuteten Funden, sei es durch andere Behörden oder Eigentümer und Bauherren, so der Archäologe beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).

Das aktuelle Denkmalschutzgesetz in NRW sei mit Blick auf Bodendenkmäler recht gut gefasst, was gesicherte, aber gerade auch was vermutete Denkmäler und deren unmittelbare Umgebung betreffe. Da führt Essling-Wintzer ebenfalls Schloss Beck an, dessen Planungen für den neuen Wasserspielplatz und kleinere Gebäude zuvor auch mit der Denkmalpflege abgesprochen werden mussten.
Archäologie hat auch in Bottrop sogar noch die 1980er Jahre im Blick
Was viele nicht vermuten: Die Abteilung der Mittelalter- und Neuzeitarchäologie des LWL hat nicht nur die vorindustrielle Zeit in Bottrop und im Ruhrgebiet im Auge. Der beobachtete Zeitraum erstreckt sich vom Mittelalter bis zum Ende des Kalten Krieges, also bis Ende der 1980er Jahre. „Zum Bereich der neueren Archäologie gehören natürlich Industrieanlagen und Zechen, von denen es in Bottrop ja viele gegeben hat, aber zum Beispiel auch Überreste von Konzentrationslagern und deren Außenstellen aus der NS-Zeit“, sagt Wolfram Essling-Wintzer. Sogar aufgegebene Schutzanlagen aus den 60er oder 70er Jahren könnten das sein.

Bei Mittelalter denkt man in Bottrop natürlich sofort an ehemalige Adelssitze wie die Knippenburg, die Kommende Welheim oder die Häuser Hove und Schlagenholt. Aber auch der alte Ortskern um die Cyriakuskirche ist immer wieder interessant. Dort wurde zuletzt in den 1960er Jahren gegraben, als während der Renovierungsarbeiten Überreste alter Gräber und Mauerreste entdeckt wurden. Das seien dann Situationen, in denen sofort gehandelt werden müsse, vor allem wenn eine Kirche uralte Vorgängerbauten hat.
Denkmalschützer sind auch auf Informationen durch Eigentümer oder Behörden angewiesen
Das könne aber genauso gut auf ein Fachwerkhaus aus dem 18. oder 19. Jahrhundert zutreffen, so Essling-Winzter. „Wenn dort beispielsweise ein Estrich erneuert wird, der Boden raus ist, können sich da noch Reste von Vorgängerbauten befinden, dann wird es für uns interessant.“ Nicht alles steht unter Denkmalsschutz. Und nicht alles liegt im Bereich vermuteter Denkmäler, also bekannten historischen Arealen. „Dann sind wir auf Informationen durch Eigentümer oder andere angewiesen“, so der Archäologe. Das gelte zum Beispiel für Neubaugebiete.
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Auch an der Tourcoingstraße hat man vor Jahren aus der Luft die eine Verfärbung festgestellt, die auf ein vermutetes Bodendenkmal hinweist. Da mussten die Denkmalschützer über die akuten Baupläne informiert werden. „Findet man dort etwas, müssen und werden die Kollegen das sichern, sonst wäre es geschützt im Boden verblieben, sicher eben“.
Was seinen Bereich bis in die Neuzeit betreffe, gebe es derzeit kein aktuelles Projekt in Bottrop. Aber das könne sich jederzeit ändern.