Bottrop. 1962 verschwindet mit der Knippenburg der letzte mittelalterliche Adelssitz in Alt-Bottrop. Heute steht dort ein Deichmannlager im Gewerbegebiet.

Dass sich im Bereich der Emscher einst Herrenhäuser, Rittersitze oder Gutshöfe aneinander reihten, ist angesichts der industrialisierten und von Verkehrswegen zerklüfteten Region kaum noch vorstellbar. Immerhin ist in Osterfeld nahe der Stadtgrenze zu Vonderort noch Burg Vondern erhalten und an das alte Bottroper Rittergut Haus Hove erinnert in Vonderort noch der Nachbau des Torhauses.

Vor 60 Jahren begann der Abriss der alten Knippenburg, des größten Herrensitzes im Süden von Alt-Bottrop – von vielen Bürgerinnen und Bürgern immer noch als eine der großen Sünden der Nachkriegszeit betrachtet.

Widerstand gegen Abriss historischer Bausubstanz war 1962 in Bottrop nicht stark genug

Auch 1962 regte sich dagegen schon Widerstand in Teilen der Bevölkerung und beim Denkmalschutz. Heute sprechen nicht nur Stadtarchivarin Heike Biskup oder Thorsten Kastrup von der Unteren Denkmalbehörde von einer Entscheidung, die man so wohl kaum wieder treffen würde. Ein historischer Glanzpunkt aus vorindustrieller Zeit ging damit unwiederbringlich verloren.

Übrigens hatte man bereits acht Jahre zuvor mit der alten Deutsch-Ordens-Kommende Welheim einen weiteren Adelssitz im Süden der Stadt abgerissen. Nachkriegs- und Wirtschaftswundereuphorie mögen teilweise als Gründe herhalten, allerdings waren beide Wasserburgen durch Krieg und Bergbau beschädigt. Bei der Knippenburg waren dadurch bereits Mitte der 50 Jahre einige Bauteile eingestürzt.

Die Knippenburg bei den Abrissarbeiten. Später wurde Grundmauerreste sogar gesprengt.
Die Knippenburg bei den Abrissarbeiten. Später wurde Grundmauerreste sogar gesprengt. © Stadtarchiv

Abriss der Knippenburg in Bottrop: Heute ein Gewerbegebiet mit Deichmann

Vom Leben auf der Burg und der ersten Besitzerfamilie, derer von der Knippenburg, erzählen heute nur noch einige Urkunden im Stadtarchiv. So wird ein Bruno von der Knippenburg 1309 erstmals als adeliger Dienstmann der Essener Fürstäbtissin erwähnt. Und eine Silbermünze, die man bei den Abrissarbeiten eingemauert fand, stammt aus der Regierungszeit der Essener Äbtissin Elisabeth von Nassau (1370 bis 1412), wie Heike Biskup auch in ihrem Buch „Leben im Bottroper Süden“ schreibt. Später verfiel die Burg zusehends – bis der Recklinghäuser Landrat Friedrich Carl Devens die Knippenburg samt Gräfte ab 1821 von Grund auf restaurieren und den Park samt Obstgärten neu anliegen ließ.

Auch interessant

Dort beherbergte die Familie über viele Jahre immer wieder die Dichterin Luise Hensel, die von der Landschaft und der schönen Umgebung schwärmte. Seither gilt die Knippenburg als Entstehungsort des bekannten deutschen Abendgebetes und Liedes „Müde bin ich, geh’ zur Ruh“, aber auch eines Gedichts „Knippenburg“.

Mit der Romantik war es im Emschertal bald vorbei. Industrialisierung und Bergbau verursachten Schäden an der Knippenburg. Später beschwerten sich die Bewohner über schlechte Wasserqualität. 1885 verkaufte die Familie Devens den alten Rittersitz an die Arenberg AG. Nach dem Abriss errichtete Deichmann dort ein ein Großlager und sukzessive entstand das heutige Gewerbegebiet „An der Knippenburg“.