Bottrop. Gesucht haben die Archäologen in einem Acker auf dem Eigen nach Resten eines Hauses. Gefunden haben sie womöglich eine uralte Siedlung.
Die erste urkundliche Erwähnung Bottrops stammt aus dem Jahr 1150. Eine Urkunde der Abtei Werden legte fest, was ein gewisser Ebbeken von „Borthorpe“ an Pacht für einen Hof vermutlich am Donnerberg zu zahlen hatte. Einige spektakuläre Funde belegen aber, dass das Stadtgebiet schon 2500 Jahre vorher besiedelt war. Archäologen hoffen jetzt darauf, eine Siedlung der ganz frühen Bottroper erkunden zu können: auf dem Eigen.
Das kunstvoll geschmiedete Stück Bronze im Museum für Ur- und Ortsgeschichte, das das Museumsteam auch mal liebevoll „unser Hackebeilchen“ nennt, hat Bottrop in der Wissenschaftsgeschichte verewigt. Als „Typ Bottrop“ bezeichnen die Archäologen das spezielle Tüllenbeil, das in der späten Bronzezeit im ganzen Rheinland benutzt worden ist. Eine ähnliche Gewichtsklasse könnte der Fund in der Nähe des Baudenkmals Haus Schlangenholt aufweisen. Das zumindest hoffen die Archäologen, denn sie wissen darüber noch viel zu wenig. Aber das soll sich jetzt ändern.
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Wir schreiben das Jahr 1999, als die Stadt Bottrop den Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) einige Luftbilder der Ackerfläche auf dem Eigen schickt. Findet ihr nicht auch, dass es von oben so aussieht, als läge da etwas Rechteckiges unter der Erde? Vielleicht ein altes Haus? „Bodenanomalien“ nennen die Archäologen solche Hinweise auf eine Bebauung aus grauer Vorzeit.
Mahnung nach Bottrop: Sagt bloß Bescheid, wenn ihr Bebauung plant
Ein Jahr später schickte der LWL ein Archäologenteam nach Bottrop. Die Forscher fanden keine Erklärung für die Rechtecke im Boden. Aber sie fanden etwas womöglich viel Besseres: Eine Grabung förderte eine Grube mit Keramikscherben zu Tage, die die Experten datierten auf 1500 vor Christus, den Beginn der späten Bronzezeit. Die Grube gehört vermutlich zu einer bis dahin unbekannten Siedlung.
Eine archäologische Erkundung lasse hoffen auf „wertvolle Erkenntnisse über Siedlungsstruktur und Besiedlungsdichte in Bottrop und darüber hinaus“. Die Experten des LVL kartierten den Fund und mahnten die Bottroper Stadtplaner: Wenn ihr jemals dort Bebauung plant, sagt uns bloß vorher Bescheid!
Dieser Moment kam 2019, als die Bonava Deutschland ihren Plan vorstellte, an der Tourcoingstraße auch die andere Straßenseite zu bebauen. Ein politisch bis heute zumindest, sagen wir: kontrovers diskutierter Plan.
Lange schleppte sich das Bebauungsplan mühsam voran, aber jetzt wird ein Beschluss im nächsten Jahr absehbar, sagt Oliver Schüttler vom Planungsamt. Also sei es jetzt an der Zeit, die Abstimmung mit den Archäologen zu suchen. Denn nach dem Denkmalschutzgesetz haben sie das Recht, vor Baubeginn den Fund auszugraben, zu erforschen und zu dokumentieren – auf Kosten des Bauträgers übrigens.
Bottroper Planer: „Wir hören auf deren Expertise“
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Wie wollen die Archäologen auf dem Eigen vorgehen? Erst mal müssen sie wissen, wie groß die Fundstelle ist, sagt Ingo Pfeffer von der Außenstelle Münster der LWL-Archäologie für Westfalen. Und das geht so: „Zuerst sollte die Ausdehnung der Fundstelle durch eine Suchschnittprospektion, vielleicht auch in Kombination mit einer geomagnetischen Prospektion festgestellt werden. Diese Voruntersuchung könnte ein bis drei Wochen dauern. Erst wenn dies geschehen ist, kann sicher entschieden werden, was für Befunde aus welchen Zeitstellungen sich tatsächlich im Boden befinden und welche Bereiche flächig ausgegraben werden müssen. Erst dann ist eine realistische Zeit- und Kostenkalkulation möglich.“
Das scheint den Bottroper Planern ein guter Plan zu sein, sagt Oliver Schüttler: „Wir hören auf deren Expertise.“
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Was könnte unter dem Acker im Boden ruhen? Die späte Bronzezeit heißt auch Urnenfelderzeit, weil die Menschen in dieser Zeit begannen, die Asche der Verstorbenen in Keramikgefäßen zu bestatten. Liegt dort also ein Gräberfeld?
Pfeffer hofft auf mehr, viel mehr: „Es scheint sich um eine Siedlung zu handeln. Bei Siedlungen sind Reste von Pfostenbauten (Wohnstallhäuser und Nebengebäude) sowie Abfallgruben zu erwarten. Gerade bronzezeitliche Siedlungen versprechen neue, auch überregional bedeutende Erkenntnisse zur Siedlungsweise, der Umwelt, den Nutztieren und Nutzpflanzen.“ 2024 könnten die Forscher schon mehr wissen.