Bochum. Die „Linie 5“ in Bochum geriet als Treffpunkt für Rechtsextreme in Verruf. Die Pächterinnen gaben auf. Nun soll es einen Neustart geben.

Seit dem Jahreswechsel ist die „Linie 5“ an der Ecke Universitätsstraße/Oskar-Hoffmann-Straße in Bochum geschlossen. Die beiden Wirtinnen hatten den Pachtvertrag vorzeitig gekündigt, seit ihre Kneipe als Treffpunkt für Rechtsextreme in Verruf geraten war. Seither nahmen sowohl Staatsschutz als auch die Antifa das Lokal ins Visier. Bärbel Kerstein, der das Eckhaus gehört, hofft, dass wieder Ruhe im Viertel einkehrt. Im Gespräch mit dieser Zeitung verrät sie, wie es mit der „Linie 5“ nun weitergehen soll.

Bochumer Kneipe ein Treffpunkt von Rechtsextremen? So geht es weiter mit der „Linie 5“

„Ich bin damals aus allen Wolken gefallen, als ich hörte, dass die Polizei dort vorgefahren ist“, sagt Bärbel Kerstein. Damals, das war der Abend des 22. Juni 2024. Seinerzeit soll nach Antifa-Recherchen eine bekannte Nazi-Band bei einer geschlossenen Veranstaltung in der „Linie 5“ aufgetreten sein. Ein „Nazi-Konzert“ konnte die Polizei im Anschluss zwar nicht bestätigen, wohl aber das: Die Personen, die sich an jenem Abend dort aufgehalten hatten, seien „zum größten Teil dem rechten Spektrum zuzuordnen“.

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Die Wirtinnen der „Linie 5“ wiesen die Vorwürfe von sich, sahen sich „in die rechte Ecke gedrängt“ und sprachen von „Rufmord“. Ihre Kneipe sei damals telefonisch für eine Geburtstagsfeier gebucht worden. Diese war aufgrund der Gästeliste folgenreich: Sowohl die Fiege- als auch die König-Brauerei entfernten ihre Außenwerbung, der VfL-Fanclub „Blue-White Malibu“ zog sich zurück. Und immer wieder kam es zu Vandalismus und Schmierereien. „FCK NZS“ ist noch immer auf den heruntergelassenen Rollläden zu lesen, dabei steht das Lokal seit Anfang Januar leer.

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Die „Linie 5“ an der Ecke Universitätsstraße/Oskar-Hoffmann-Straße in Bochum geriet im Sommer als Treff für Rechtsextreme in Verruf. © WAZ Bochum | Gernot Noelle

Bärbel Kerstein als Besitzerin der Immobilie ärgert sich sehr über die Sachbeschädigungen. „Da kommt niemand für auf“, sagt sie. Dass sich auch über den besagten Abend im Juni hinaus Rechtsextreme in der „Linie 5“ getroffen haben sollen, habe ihr ein Mann vom Staatsschutz bestätigt. „Ich selbst habe das nicht mitbekommen, war auch nie in der Kneipe.“

„Weil das Lokal stigmatisiert ist, wollten die meisten aber bis zur Neueröffnung ein paar Monate warten.“

Bärbel Kerstein, Besitzerin des Lokals „Linie 5“

Mit den Wirtinnen hätte sie sonst aber nie Probleme gehabt. „Vorher gab es öfter Beschwerden über Ruhestörungen, seit die beiden Frauen das Lokal führten nicht mehr.“ Fast drei Jahre hätten sie die „Linie 5“ gehabt und sie auch „sauber und gepflegt übergeben“.

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Das erleichtert nun den Neuanfang, den Bärbel Kerstein anstrebt. Sie habe die Gastronomie im Internet inseriert und viele Anfragen bekommen. „Weil das Lokal stigmatisiert ist, wollten die meisten aber bis zur Neueröffnung ein paar Monate warten.“ Auch ein Cannabis-Club habe dort einziehen wollen. Am Ende entschied sie sich für einen anderen Kandidaten.

„Linie 5“ in Bochum soll einen neuen Namen bekommen: Die Idee kam der Eigentümerin im Schlaf

Laut Kerstein wird jemand aus der Bochumer Kultur-Szene die „Linie 5“ übernehmen und diese unter neuem Namen weiterführen. „Komet 97“ soll künftig darüber stehen. „Der Begriff ist mir nachts eingefallen, als ich mal nicht schlafen konnte“, erklärt Bärbel Kerstein. Die Zahl 97 stehe für die Hausnummer: Oskar-Hoffmann-Straße 97.

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Der neue Pächter könne jetzt schon ins Lokal, um zu renovieren. Zum 1. April starte dann der Vertrag, „die Gastronomie gerne auch schon eher“, wünscht sich Kerstein einen raschen Neustart. Ihr ist sehr daran gelegen, aus dem Lokal wieder eine gute Adresse zu machen. So wie früher.

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Eine Postkarte aus den 50er oder 60er Jahren: Damals hieß die „Linie 5“ an der Ecke Universitätsstraße/Oskar-Hoffmann-Straße in Bochum noch „Süd-Eck“. © WAZ Bochum | Gernot Noelle

„Damals, als ich hier noch mit meinen Eltern gewohnt habe, hieß die Kneipe Süd-Eck“, erinnert sich Kerstein an die Zeiten vor 60, 65 Jahren, als die Gastronomie am Standort startete. „Zwischenzeitlich haben wir auch selbst für zwei Jahre das Lokal geführt. Meine Mutter kam ja aus der Gastronomie.“ Damals habe man 40 Hektoliter (4000 Liter) Bier im Monat umgesetzt. „Heutzutage undenkbar.“

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Die Kundschaft sei bunt gemischt gewesen. „Zum Schichtwechsel im Straßenbahn-Depot gegenüber standen bei uns schon 20 frisch gezapfte Pils auf dem Tresen“, erinnert sich Bärbel Kerstein. „Die Männer wollten noch schnell ein Bier trinken, ehe sie mit der Bahn nach Hause gefahren sind.“

Gute 20 Jahre, schätzt sie, sei die Kneipe zuletzt unter „Linie 5“ gelaufen. Eine Ära, die nun zu Ende geht.