Bochum. Mitglieder der rechten Szene sollen sich in der Kneipe „Linie 5“ getroffen haben. Das hat nun Folgen. Der Staatsschutz ist „sensibilisiert“.
Nach einem Polizei-Einsatz in der Kneipe „Linie 5“ in Bochum wegen eines vermeintlichen Nazi-Konzertes hat die Brauerei Fiege ihre Werbung an der Fassade des Gebäudes an der Oskar-Hoffmann-Straße/Ecke Universitätsstraße entfernen lassen. Die Polizei war am Samstagabend alarmiert worden und hatte 50 Menschen der geschlossenen Veranstaltung kontrolliert. Die Polizei rechnet einige von ihnen der rechten Szene zu, bestätigt den Auftritt einer bekannten Nazi-Band aber nicht.
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Die Betreiberinnen wehren sich gegen die Vorwürfe. Die Werbung sei in einer „Nacht- und Nebelaktion“ demontiert worden. Am Dienstagnachmittag sei sie informiert worden, dass das Reklameschild abgebaut werde, „und Mittwochmorgen um acht war es weg“. Da aber nicht der Ursprungszustand hergestellt sei und Kabel offen liegen würden, könne sie ihr Lokal aus Sicherheitsgründen nicht öffnen. Fiege habe am Freitagnachmittag aber angekündigt, ein Elektriker werde noch am gleichen Tag dafür sorgen, dass es keine Sicherheitsbedenken gegen eine Öffnung gibt.
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Die Brauerei Fiege bestätigt ein Gespräch mit beiden Betreiberinnen der Linie 5 am Montag. „Die Haltung unserer Familienbrauerei und unserer Werte stehen jeglichem extremen Gedankengut entgegen. Moritz Fiege steht für ein Miteinander in Vielfalt, Toleranz und Respekt“, sagt Geschäftsführerin Carla Fiege. „Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen, die Außenwerbung am Mittwoch zu entfernen. Diese Entscheidung wurde den Betreiberinnen vorab in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt.“
Fiege-Brauerei hängt Reklame ab – weitere Konsequenzen vorerst nicht
Unmittelbare Folgen hat die Reaktion der Traditionsbrauerei für die „Linie 5“ nach Darstellung der Inhaberin erst einmal nicht. Denn: „Wir sind eine brauereifreie Kneipe, wir haben keine Verträge mit Moritz Fiege.“ Ob das Bochumer Bier weiter angeboten wird, wisse sie noch nicht. Gleichwohl fürchtet sie einen wirtschaftlichen Schaden, weil „das natürlich jetzt in aller Munde ist“.
Schockiert sei sie immer noch über die Heftigkeit der Reaktionen, die bis zu üblen Beschimpfungen und Bedrohungen reichen. „Die Leute sollen doch einfach zu uns kommen und sich selbst ein Bild machen.“ Gleichwohl räumt sie mittlerweile ein, sich ebenfalls Gedanken gemacht zu haben, als sie Teile des Publikums gesehen habe, das am vergangenen Samstag im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft anwesend war. „Wir haben uns auch erst einmal angeguckt und haben gesagt, oje; haben aber auch gedacht, das ist eine geschlossene Gesellschaft.“ In vorheriger Berichterstattung hatte sie davon gesprochen, die politische Gesinnung ihrer Gäste nicht zu kennen.
Unterschiedliche Reaktionen auf die Vorkommnisse in der Linie 5
Die Reaktionen auf den Polizeieinsatz und den möglichen Versuch einer linken Gruppe, das Lokal zu stürmen, fallen in den sozialen Medien und in Äußerungen gegenüber der Redaktion unterschiedlich aus. „Unser Viertel ist friedlich, offen und tolerant. Diese Menschen mit ihrer Gesinnung sind es nicht und gehören daher nicht hierher“, heißt es etwa.
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Sorgen um die Struktur und das Klima im Viertel hält Patrick Arnold von der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte NRW für berechtigt. „Mit der wiederholten Präsenz von Personen aus dem rechten Spektrum ist die Linie 5 Teil einer rechten Raumergreifungsstrategie, man muss das einfach so benennen, wie es ist“, sagt der Sozialpädagoge. Wer verhindern wolle, dass sich wie etwa im Dortmunder Norden eine rechte Szene etablieren, müsse auf diese Entwicklung hinweisen.
Polizei zeigt sich sensibilisiert
Von der Antifa Bochum hieß es, dass der Sänger der rechtsextremen Band „Kategorie C“ die Linie 5 besucht habe. Ein Foto belege dies. Auch Mitglieder der „Steeler Jungs“, eine unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende Gruppe aus Essen, hätten teilgenommen.
Besagtes Foto kenne die Polizei, so Polizeisprecher Jens Artschwager. Die betreffende Person habe sie bei der Personenkontrolle am Samstag in der Kneipe aber nicht angetroffen. Fakt sei, „Personen aus dem rechten Spektrum, darunter auch Steeler Jungs, waren anwesend“; insgesamt seien Menschen mit Bezügen und ohne Bezügen zum rechten Spektrum dort gewesen. Der Sprecher: „Die Polizei ist sensibilisiert für solche Veranstaltungen und hat ein Auge darauf.“ Als Ort des rechten Spektrums können die Kneipe nach dem jetzigen Stand der Erkenntnisse aber nicht bezeichnet werden.