Bochum. Das Kortumhaus ist eines der bekanntesten Gebäude in Bochum. Dessen Eigentümerin ist pleite. Ihr gehört auch ein weiteres markantes Ensemble.

Mit dem Kauf von zwei der bekanntesten Gebäude in der Innenstadt von Bochum hat die Wohninvest Holding einen tiefen Fußabdruck in der viertgrößten Stadt im Ruhrgebiet hinterlassen. Seit 2021 gehört ihr das Bochumer Fenster, seit 2023 das Kortumhaus. Beides Millionengeschäfte, die nach Informationen dieser Redaktion von zwei Finanzinstituten aus Bochum (mit-)finanziert wurden. Nun ist das Immobilienunternehmen aus dem baden-württembergischen Fellbach pleite. Sorgen müssen sich nach Einschätzung von Experten vor allem Kleinanleger machen.

Mehr als 50 Insolvenzverfahren gegen Eigner von Kortumhaus und Bochumer Fenster

Im Mai hatte die Wohninvest Holding einen Insolvenzantrag gestellt. Mittlerweile laufen nach Auskunft eines Sprechers von Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli nicht nur für die Dachgesellschaft, sondern für mehr als 50 weitere Gesellschaften der Gruppe Insolvenzverfahren. Der Verwalter habe bereits einige Immobilien verkauft, für andere laufen aktuell Gespräche. Darunter ist auch das Bochumer Fenster an der Massenbergstraße, das der Bochumer Immobilienentwickler Häusser einst anstelle des traditionsreichen Stadtbads gebaut und später dann verkauft hatte. Es wird einen neuen Besitzer bekommen, der Verkaufsprozess läuft. Der Wert des Gebäudes wird in der Branche momentan bei einer Summe jenseits von 50 Millionen Euro taxiert.

Kortumhaus in Bochum
Ein imposantes Gebäude ist das „Bochumer Fenster“ an der Bongardstraße. Vor gut 20 Jahren wurde es an der Stelle des früheren Stadtbads gebaut.- © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Wohninvest hatte die markante, achtstöckige Immobilie vor drei Jahren von der Deutsche-Immobilien-Chancen-Gruppe (DIC) gekauft. Hauptmieterin ist die Ruhr-Universität Bochum. 12.900 der insgesamt 24.000 Quadratmeter Nutzfläche hat die Uni momentan auf allen Etagen gemietet – bis auf das fünfte Stockwerk. Sie beherbergt dort das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), die Forschungseinrichtung FBZ, Büro- und Praxisflächen der Fakultät für Psychologie sowie das Fitnessstudio Unifit. Die Mietverträge laufen nach Auskunft der Ruhr-Uni bis zum 31. August 2042.

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Einen so großen und so solventen Mieter für einen so langen Zeitraum gebunden zu haben, dürfte ein starkes Argument bei den Verkaufsverhandlungen sein. Allerdings werden sich potenzielle Investoren fragen, welche Chancen es für die fast 7000 Quadratmeter große Fläche im Erdgeschoss und in der ersten Etage gibt, die seit dem Auszug des Modeparks Röther vor mehr als fünf Jahren leer stehen.

Kortumhaus in Bochum
Fast 7000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche sind seit mehr als fünf Jahren im „Bochumer Fenster“ nicht vermietet. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Die Ruhr-Uni bekommt derweil die Auswirkungen der Insolvenz zu spüren. „Allgemein dauert alles länger als üblich, beispielsweise bei Korrespondenzen zu beauftragenden Dienstleistungen und insbesondere bei notwendigen Investitionen, die derzeit nicht getätigt werden“, so Uni-Sprecher Jens Wylkop auf Anfrage dieser Redaktion.

Kein Insolvenzverfahren gegen die „Projektgesellschaft Kortumhaus“

Während das Bochumer Fenster von dem Insolvenzverwalter verkauft werden soll, ist dies – zumindest vorerst – beim Kortumhaus kein Thema; wenngleich grundsätzlich offenbar auch der Verkauf des einstigen Kaufhauses geplant ist. Für die entsprechende Projektgesellschaft läuft aktuell kein Insolvenzverfahren. Die mehr als 100 Jahre alte, traditionsreiche Immobilie war dem Vernehmen nach der letzte große Kauf von Wohninvest. Bundesweit wurde sie spätestens 1993 bekannt, weil dort ein TV-Straßenfeger, der vierteilige ZDF-Fernsehfilm „Der große Bellheim“ von Dieter Wedel, gedreht wurde.

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Das Kapital für den Kauf des Kortumhauses, angeblich sind dafür 39 Millionen Euro an die HIH Invest aus Hamburg geflossen, soll nach Informationen dieser Redaktion nicht nur ein Kredit einer Bochumer Bank möglich gemacht haben, sondern auch durch sogenanntes Crowdinvesting eingesammelt worden sein. Auf diesem Weg können sich auch Kleinanleger direkt an Immobilien beteiligen. Der Nachteil einer solchen Beteiligung liegt nach Einschätzung von Experten darin, dass die Aussichten für die „kleinen“ Investoren im Fall einer Insolvenz mäßig sind. Da ihre Beteiligungen den Status von Nachrangdarlehen haben erhalten sie ihr Geld erst nach allen anderen Gläubigern zurück.

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Für die Finanzierungsrunde „Projekt Kortumhaus“ sollten offenbar 2,9 Millionen Euro, die für 29 Monate angelegt werden, zusammengetragen werden. Die Mindestanlage betrug 500 Euro, die versprochene Verzinsung bei sieben Prozent.

Für das „Projekt Kortumhaus II“ (2,6 Millionen Euro) hatte der Vermittler mit einer festen Verzinsung von 7,5 Prozent geworben und die Jahresnettomiete mit knapp 2,1 Millionen Euro angegeben. Hauptmieter sei mit etwa 57 Prozent der Nettokaltmiete die Saturn-Electro-Handelsgesellschaft. 85 Prozent der gesamten Nutzfläche in Höhe von etwa 17.500 Quadratmetern seien vermietet.

Kortumhaus soll angeblich nach Vollvermietung an einen Großinvestor verkauft werden

Zurückgezahlt werden solle das Darlehen und damit das Kapital der Anleger „nach vollständiger Vermietung der leerstehenden Flächen durch den Verkauf der Immobilie an einen Großinvestor“, wie es in einem Angebot heißt, das auf einer Crowdinvesting-Plattform veröffentlicht wurde. Dort heißt es auch: „Die Bemühungen um den Verkauf sollen im zweiten Quartal 2024 beginnen und im zweiten Quartal 2025 abgeschlossen sein.“ Gut möglich ist also, dass auch das Kortumhaus über kurz oder lang einen neuen Eigentümer hat.

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