Bochum. Den Innenstädten im Ruhrgebiet droht die Verödung. Um das zu verhindern, krempelt Bochum seine City bereits um. Und: Es sucht nach Wohnraum.

Bunter, belebter und beliebter. Das wünschen sich viele Bochumerinnen und Bochumer von ihrer Innenstadt. Politik und Verwaltung sehen das ähnlich. Mit dem Umbau an vielen Stellen der City – Husemannkarree, Haus des Wissens, Husemannplatz – hoffen sie einen Anstoß zu neuem urbanen Leben zu geben. Was noch fehlt, ist mehr Platz zum Wohnen und zum Leben.

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Genau dem sind sie in Bochum jetzt auf der Spur. Und das mit einem neuen Ansatz. Denn: Raum für Neubauten ist entweder knapp. Oder aber es wird noch einige Zeit vergehen, bis sich Projekte realisieren lassen; allen voran der mögliche Bau von Mehrfamilienhäusern im Umfeld des Bildungs- und Verwaltungszentrums (BVZ), das über kurz oder lang abgerissen werden und Platz machen soll für eine Neuentwicklung.

Bochum entdeckt „Neue Heimaten“ in der Innenstadt

Es gibt noch andere Möglichkeiten, haben sie sich in Bochum gedacht und das Thema „Neue Heimaten“ aus der Taufe gehoben. Es geht um Flächen in bestehenden Gebäuden, die entweder schon lange gar nicht mehr genutzt werden oder aber die in Zukunft anders verwendet werden können. „Wir haben festgestellt, dass in vielen Immobilien die zweite und dritte Etage leer stehen“, sagt Bochums City-Manager Jürgen Knoth. Daraus lasse sich etwas machen.

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Zumal auch das Interesse bei den Immobilienbesitzern groß ist. Bei einer Veranstaltung der Stadtplaner zum Thema „Neue Heimaten“ seien mehr als 60 Eigentümer von Häusern in der City erschienen. Knoth: „Die Eigentümer hatten viele Fragen.“ Sie hätten sich informiert, z.B. über notwendige Nutzungsänderungen, und sich sehr aufgeschlossen gezeigt.

Externes Büro entwickelt Konzept und ermittelt Potenziale

„Es gibt eine Menge Potenzial“, so Knoth. Warum sollte krampfhaft versucht werden, alle Einzelhandelsflächen neu zu vermieten, wenn es eine gute Alternative dazu gebe. Er spricht von Dutzenden Wohnungen und Tausenden Quadratmetern Wohnraum, die nach einem entsprechenden Umbau in der Bochumer City zur Verfügung stehen könnten.

Nach Auskunft der Stadt ist ein beauftragtes Büro damit beschäftigt, das Konzept „Neue Heimaten“ zu erstellen. „Dabei sollen unter anderem diese Potenziale ermittelt werden“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk. Ergebnisse werden in der zweiten Jahreshälfte erwartet.

Bestand von 4500 Wohnungen in der Innenstadt

„Das Thema Zukunftsquartiere und Innenstadtquartiere beschäftigt uns sehr“, sagt derweil City-Manager Knoth. Es gehe darum, die Aufenthaltsqualität zu erhöhen sowie Leben und Arbeiten buchstäblich näher zusammen zu bringen. Dafür muss Wohnraum her. Und dafür müssen auch Arbeitsplätze geschaffen werden. Eine der Fragen: „Wie generiere ich Jobs, die möglich machen, nach Feierabend auch etwas mit der Familie zu machen und etwa am Husemannplatz zu bleiben?“

Wir sind über jeden Bestand froh, der aktiviert; sofern es keine Luxussanierungen sind, die dann nur teuer werden.
Michael Wenzel - Geschäftsführer des Mietervereins Bochum

Beim Mieterverein Bochum rennen Stadt und Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft mit ihren Überlegungen offene Türen ein. Er hatte in der Vergangenheit immer wieder erklärt, dass es grotesk sei, ohnehin schon knappen Wohnraum in Büros umzuwandeln, und begrüßt nun den umgekehrten Weg. „Die Idee ist gut“, sagt Geschäftsführer Michael Wenzel. „Wir sind über jeden Bestand froh, der aktiviert; sofern es keine Luxussanierungen sind, die dann nur teuer werden.“

Derzeit leben nach Auskunft der Verwaltung in der Innenstadt von Bochum, dem sogenannten Gleisdreieck, 9303 Personen in gut 4500 Wohnungen. Wie viele Wohnungen bzw. Flächen zurzeit leer stehen, ist ungewiss. Laut Wohnungsmarktbericht 2022 gab es im Jahr davor im Gleisdreieck 245 Leerstands-Verdachtsfälle.