Bochum-Hiltrop. Das lange Warten auf einen neuen Sportplatz hat bei einem Bochumer Fußballverein Spuren hinterlassen. Und jetzt droht ein weiterer Rückschlag.
Eigentlich sollte beim BV Hiltrop in Bochum Freude pur herrschen. Nach vielen Jahren der Ungewissheit, in denen sogar ein Umzug wahrscheinlich schien, ist nun klar, dass der Fußballverein auf seiner Anlage am Hillerberg bleiben kann. Diese soll jetzt modernisiert werden. Alles gut also im Bochumer Norden? Nein, denn noch dominiert im Club die Skepsis, ob es denn mit dem Umbau wirklich so schnell hinhauen wird wie von der Stadt versprochen, nämlich 2025. Die Vereinsbosse beklagen zudem noch ein ganz anderes Problem.
„Stimmung kippt“: Bochumer Fußballer in Sorge um die Jugend
Lange Zeit sah es so aus, dass der BV Hiltrop für das Projekt „Wohnen am Hillerberg“ zur Sodinger Straße umziehen muss. Viele neue Wohnhäuser sollten dort entstehen, wo aktuell Fußball gespielt wird. Doch eine Kostenschätzung ließ die Stadt zuletzt umdenken. 21,4 Millionen Euro hätte der Neubau an der Sodinger Straße verschlungen. Ein Verbleib am dann modernisierten Hillerberg wäre für vergleichsweise moderate 5,5 Millionen Euro möglich.
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Nun soll es also die kleine Lösung werden. Der Naturrasen wird demnach in einen Kunstrasen umgewandelt, daneben gibt es ein kleines Kunstrasenfeld, auf dem die Jugend auch Meisterschaftsspiele austragen kann. Erstmals wird es Flutlicht geben. Und dazu ein neues Umkleidegebäude.
Doch halt, fehlt da nicht noch was? Diese Frage stellt man sich im Verein beim näheren Studieren der Pläne. Denn der Neubau des Vereinsheims spielt darin überhaupt keine Rolle. Sehr zum Verdruss von Sebastian Hackforth, dem Vorsitzenden, und Geschäftsführer Marcus Dempki. Das Clubhaus sei total baufällig und „energetisch eine Katastrophe“. Der frische Anstrich täusche über vieles hinweg. Wegen des eigentlich feststehenden Umzugs habe man auch nichts mehr in das Gebäude investiert. „Wir hatten uns ja auf eine große Lösung verlassen. Dass das jetzt laut Planung so bleiben soll, damit können wir nicht leben.“
„Wir leisten wertvolle Jugendarbeit für den Stadtteil und einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.“
Man wolle nun einen Antrag stellen und mit der Stadt das Gespräch suchen, „um die Notwendigkeit eines neuen Vereinsheims darzustellen“. Der Container-Bau sei zu einer wichtigen Anlaufstelle für die Jugend geworden. Wenn der Nachwuchs trainiert, halten sich hier die Geschwisterkinder auf. „Wir haben eine Playstation, ’nen Kicker, eine Tischtennisplatte und für die Kleinen einen Lego-Tisch“, zählen Hackforth und Dempki auf. „Wir kriegen die Kinder hier hin und leisten wertvolle Jugendarbeit für den Stadtteil und einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.“
Aus Sicht des Vorstands ergibt es auch wenig Sinn, das Umkleidegebäude am anderen Ende des Platzes dort zu erneuern. „Vereinsheim und Umkleide gehören zusammen“, finden Hackforth und Dempki. „Wir bauen das alles auch selbst, wir können es nur nicht finanzieren.“ In allen Protokollen stehe, dass der Verein keinen Nachteil haben solle, berichten die beiden. „Da kann man jetzt nicht sagen, wir machen nur das Nötigste. Da geht es auch um Fairness.“
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All die Jahre habe man „alles mitgemacht, ohne zu murren“. Durch die Planungsänderung sei „viel Zeit verloren worden“. Den Neubau am Hillerberg hätte man ja auch schon eher starten können. Wie nötig die Modernisierung der Anlage ist, zeige sich gerade jetzt, sagen Sebastian Hackforth und Marcus Dempki. Mit der Zeitumstellung würden die Teams wieder verstreut trainieren und spielen müssen, weil der Platz wegen der schlechten Witterung und ohne Flutlicht nicht bespielbar ist. „Für ein halbes Jahr bricht dann unser ganzes Vereinsleben weg.“
Das werfe den Verein immer wieder zurück und sei vor allem für die Jugendarbeit nicht besonders förderlich. „Wir haben vor acht Jahren eine Vision entwickelt“, schildern Hackforth und Dempki das Vereinskonzept. „Wir wollen mehr machen als nur Fußball, um mehr Nachwuchs für unseren Verein zu gewinnen.“ Die Eltern sollen ihre Kinder nicht einfach nur abgeben und abholen, sondern mitmachen. Es gebe Weihnachtsfeiern mit hochwertigen Geschenken, Trainingslager, Jugendturniere und einen Catering-Container mit einem echten Koch. Alle seien mit Leidenschaft am Werk. Die Kinder von Hackforth und Dempki beispielsweise spielen mittlerweile bei anderen Vereinen, und trotzdem machen die beiden weiter.
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Das Konzept gehe auf, der Zulauf sei immens, berichten die Vereinsbosse. „Wir hatten anfangs nur vier Nachwuchsmannschaften, dazu die Drohkulisse ,Wohnungsbau auf unserer Anlage‘. Inzwischen haben wir 250 Jugendspieler und alle Jahrgänge besetzt, im jüngeren Bereich sogar mit zwei Teams.“ Künftig soll es auch Mädchenfußball im Club gegeben. Doch das Ganze sei auch ein echter Kraftakt, „irrsinnig viel Aufwand“ und „für einen normalen Verein eigentlich nicht zumutbar“. Umso wichtiger sei es jetzt, „eine Entwicklung zu sehen“. Denn die Mitglieder würden immer skeptischer. Hackforth und Dempki fürchten, dass „die Stimmung kippt“.
Stadt Bochum zeigt sich gesprächsbereit
Die Stadt bestätigt, dass „der Bau eines Vereinsheims nicht vorgesehen ist“. In „diversen Gesprächen mit dem Verein“ sei erörtert worden, „die Sportplatzanlage am derzeitigen Standort umfangreich mit einem Kunststoffrasenplatz, einem Kunststoffrasenjugendspielfeld einschließlich Spielfeldbeleuchtung und einem neuen Umkleide- und Sanitärgebäude zu modernisieren“. Die Stadt sei zuständig für die Errichtung solcher Funktionsgebäude, „für den Bau eines Vereinsheimes hingegen nicht“.
Es werde derzeit aber geprüft, ob man hier eine Ausnahme machen könne. „Wir werden das in einem gemeinsamen Abstimmungstermin mit dem Verein und den beteiligten Fachbereichen der Verwaltung weiter erörtern“, heißt es aus dem Rathaus. Umbaustart am Hillerberg in Hiltrop soll im zweiten Quartal 2025 sein. Also im Sommer.