Bochum. Regisseur Ulrich Rasche bringt im Schauspielhaus Bochum einen Klassiker zurück auf die Bühne. Zuletzt war „Godot“ hier vor 20 Jahren zu sehen.

Geschlagene 22 Jahre ist es her, seit im Schauspielhaus Bochum zuletzt auf den mysteriösen Herrn Godot gewartet wurde. An die enorm erfolgreiche Aufführung von Samuel Becketts Theaterklassiker mit dem früheren TV-Star Harald Schmidt denken viele noch immer mit einem Lächeln. Seither hat sich hier niemand mehr an den legendären Stoff getraut – bis jetzt.

Spielzeiteröffnung in Bochum mit absurdem Klassiker

Mit seiner Sicht auf „Warten auf Godot“ eröffnet der Regisseur Ulrich Rasche am Freitag, 6. September, um 19.30 Uhr die neue Spielzeit im Schauspielhaus – und es ist kein großes Geheimnis, dass sich die Zuschauer auf einen komplett anderen Theaterabend als 2002 einstellen müssen. Bestach die Inszenierung von Ex-Intendant Matthias Hartmann eher durch grotesken Witz, möchte Rasche stärker in die Tiefe des abgründigen Dramas vordringen. „Das Clowneske und die ganzen Übertreibungen haben mir an der anderen Aufführung nie gefallen“, sagt er. „Ich möchte sie eher in den Kontext einer konkreten historischen Situation rücken.“

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Zigfach ist Becketts Jahrhundertwerk um zwei Landstreicher, die an einem abgelegenen Ort auf einen rätselhaften Fremden warten, schon interpretiert worden. Die Deutung des Philosophen Pierre Temkin interessiert Rasche besonders: „Er glaubt, dass hier die Flucht zweier Juden vor dem Holocaust beschrieben wird. Dazu finden sich in Becketts Text auch konkrete Hinweise.“ Davon auf der Bühne zu erzählen, ohne den absurden Kern des Dramas zu vernachlässigen, habe großen Reiz.

Ulrich Rasche inszeniert erstmals am Schauspielhaus. Beim Pressegespräch vor der Premiere wollte er sich leider nicht fotografieren lassen.
Ulrich Rasche inszeniert erstmals am Schauspielhaus. Beim Pressegespräch vor der Premiere wollte er sich leider nicht fotografieren lassen. © Residenztheater München | Tobias Kruse/Ostkreuz

Was vielleicht nicht jeder weiß: Der 55-jährige Ulrich Rasche wurde in Bochum geboren und zählt mittlerweile zu den namhaftesten Regisseuren auf deutschsprachigen Bühnen. Am Schauspielhaus inszeniert hat er hingegen noch nie. Dabei hat vor allem die Ära von Ex-Intendant Frank-Patrick Steckel großen Eindruck auf ihn gemacht: „Ich bin schon als 15-Jähriger hier über die Gänge gelaufen. Das Tanztheater von Reinhild Hoffmann war für mich eine absolute Offenbarung, Stücke wie ‚Machandel‘ habe ich etwa zehnmal gesehen.“

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Im Schauspielhaus inszenierte der Bochumer Ulrich Rasche noch nie

Nachdem er Kunstgeschichte an der Ruhr-Uni studierte und später bei Steckel und Leander Haußmann am Schauspielhaus hospitierte, führte ihn sein Weg als Regisseur an viele große Häuser: etwa in Berlin, Stuttgart und München. Seine formstrengen Arbeiten besitzen große Musikalität, Rhythmus und Bewegung, gern baut er auch einen Chor mit ein. Die Bühnenbilder, die er meist selbst entwirft, bestehen oft aus riesigen, rotierenden Scheiben, die man ab Freitag auch im Schauspielhaus finden wird.

Das dunkle Bühnenbild ist recht typisch für Ulrich Rasches Arbeiten. Es besteht meist aus einer großen, rotierenden Scheibe. Hier eine Szene mit (v.l.) Steven Scharf, Dominik Dos-Reis, Yannik Stöbener und Guy Clemens
Das dunkle Bühnenbild ist recht typisch für Ulrich Rasches Arbeiten. Es besteht meist aus einer großen, rotierenden Scheibe. Hier eine Szene mit (v.l.) Steven Scharf, Dominik Dos-Reis, Yannik Stöbener und Guy Clemens © Schauspielhaus Bochum | Joerg Brueggemann / OSTKREUZ

Dabei war der Bochumer „Godot“ keine leichte Geburt: Die ursprünglich geplante Premiere im Mai wurde kurzfristig auf September verschoben. Viele Ideen mussten wieder verworfen werden: So sollten neben den vier Figuren auch sechs Tänzer aus dem ehemaligen Reinhild-Hoffmann-Ensemble an der Aufführung mitwirken. „Das klappte leider nicht, weil der Verlag und Becketts Erben dies trotz langer Verhandlungen nicht erlaubten“, so Rasche. Auch eine Umbesetzung gab es: Für Oliver Möller spielt jetzt Dominik Dos-Reis die Rolle des Pozzo. „Dass man sich während der Probenphase einvernehmlich trennt, ist völlig normal und überhaupt nicht schlimm.“

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Super Besetzung

Mit Steven Scharf (als Wladimir), Guy Clemens (Estragon) sowie Dominik Dos-Reis und Yannik Stöbener als Gast ist die Aufführung bestens besetzt – und sie hat einen satten Hang zur Überlänge. Rund dreieinhalb Stunden inklusive Pause wird ab Freitag auf Godot gewartet. „Diese wundervollen Szenen brauchen einen langen Atem“, meint der Regisseur, der den Zuschauern dazu rät, einfach dem Klang von Becketts Sprache und der Poesie seiner Worte zu folgen. „Wer darüber hinweggeht, verpasst einen Großteil seiner Qualität.“

„Godot“-Premiere ist fast ausverkauft

Für die Premiere von „Warten auf Godot“ am Freitag, 6. September, um 19 Uhr gibt es nur noch einige Restkarten. Die nächsten Termine: 7. und 8. September sowie 5., 6., 26. und 27. Oktober.

Für die Vorstellung am 5. Oktober gibt es die Karten zum ermäßigten Preis von zehn Euro. Alle Infos: 0234 3333 5555 und schauspielhausbochum.de

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