Bochum. Keine schönen Nachrichten für Theaterfans in Bochum: Das Ensemble wird um zwei Publikumslieblinge ärmer. Wer das ist – und was dahinter steckt.

Im Ensemble des Schauspielhauses Bochum ist gerade einiges in Bewegung: Nachdem im Frühsommer bereits Anna Drexler und Steven Scharf ihren Abschied nach München verkündet hatten, geben jetzt zwei weitere, gefeierte Schauspielerinnen ihren Absprung bekannt. Gina Haller und Anne Rietmeijer glänzten in den letzten Jahren an der Königsallee in wundervollen Rollen. Fortan wollen sie freischaffend arbeiten. Als Gäste bleiben sie dem Haus aber erhalten, so teilt es das Theater mit.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++

Schauspielerinnen brachten viel frischen Wind nach Bochum

Haller und Rietmeijer gehören zur jungen Garde an Schauspielerinnen, die mit Beginn der Intendanz von Johan Simons vor sechs Jahren nach Bochum kamen – und direkt für viel frischen Wind sorgten. Die Herzen der Zuschauer eroberten die beiden jungen Frauen, die nie gemeinsam auf der Bühne standen, rasch. Vor zwei Jahren erhielten sie dafür den Bochumer Theaterpreis.

Mehr zum Thema

Die in Basel geborene Gina Haller dürfte vor allem für ihre Ophelia in „Hamlet“ neben Sandra Hüller in Erinnerung bleiben. Ihr zart-nuanciertes und gleichsam forsches Spiel in dieser Inszenierung ist absolut packend. Auch als junge Sasha in „Iwanow“ ebenfalls in der Regie des Intendanten gelang ihr ein darstellerisches Kabinettstück – diesmal neben Jens Harzer, einem weiteren Schwergewicht der Schauspielszene.

+++ Lesen Sie mehr Nachrichten aus Bochum! +++

Dabei war die 37-Jährige oft auch in etwas kleineren Produktionen eine Bank, die ihr Faible fürs experimentelle Theater eindrucksvoll unterstrichen: darunter in dem Solo „Noise. Das Rauschen der Menge“ sowie in „2069 – Das Ende der Anderen“ in der Regie der späteren Dortmunder Intendantin Julia Wissert.

„Alleinnachten“ hieß Anne Rietmeijer zauberhaftes Solo im Oval Office des Schauspielhauses Bochum.
„Alleinnachten“ hieß Anne Rietmeijer zauberhaftes Solo im Oval Office des Schauspielhauses Bochum. © Schauspielhaus Bochum | Guy Clemens

Zu Beginn des Jahres wurde Gina Haller Mutter eines kleinen Sohnes, weswegen sie ihre geplante (und auf zahlreichen Werbepostern bereits abgebildete) Rolle in „Die Brüder Karamasow“ nicht mehr spielen konnte. Nun zieht es sie zurück in ihre Schweizer Heimat: „Das Schauspielhaus zu verlassen, war keine leichte Entscheidung“, sagt sie. „Jetzt warten neue, private und professionelle Herausforderungen auf mich.“ Daher ihr „vorläufiger Abschied“ aus Bochum.

Unbändige Spielfreude und Experimentierlust

Eine absolute Freude war es, den Weg von Anne Rietmeijer in den letzten Jahren am Schauspielhaus verfolgen zu dürfen. Denn ihre zunächst eher kleinen Rollen wuchsen mit jeder Aufführung – und ebenso wuchs die Bewunderung vor der unbändigen Spielfreude und Experimentierlust der 31-Jährigen aus Amsterdam, deren holländischer Akzent auch eine Art Markenzeichen wurde.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Anne Rietmeijer spielte unglaublich viel: Über 20 Produktionen in sechs Jahren listet die Internetseite des Schauspielhauses auf. Ihren Auftritt in „Peer Gynt“ bereicherte sie um einen selbst geschriebenen Monolog am Ende, ihre Darstellung eines kleinen Jungen in dem Krimi „Der Kissenmann“ war so berührend wie gruselig. Im Publikumserfolg „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ gab sie die nur scheinbar naive Honey. Den fulminanten Liederabend „Mit anderen Augen“ wird sie ebenso weiterspielen wie das warmherzige Familiendrama „Trauer ist das Ding mit Federn“, in dem sie sich mit Anna Drexler auf der Bühne eine wilde Keilerei liefert.

+++ Folgen Sie der WAZ Bochum auf Facebook! +++

Junge Frau mit vielen Talenten

Daneben ist Anne Rietmeijer eine junge Frau mit vielen Talenten. Sie macht Musik (wunderbar zu hören in dem Fußballstück „Nicht wie ihr“) und drehte fürs Schauspielhaus während des Corona-Lockdowns den zauberhaften Stop-Motion-Trickfilm „Empty Seats“, der auf Youtube abrufbar ist.

„Ich habe sechs Jahre mit viel Liebe und auch mit sehr viel Spaß am Schauspielhaus Bochum gearbeitet“, sagt sie. In Zukunft möchte sie mehr Zeit haben für eigene künstlerische Projekte.

Ensemble bekommt Verstärkung

Neben Anne Rietmeijer, Gina Haller, Steven Scharf und Anna Drexler, die das Schauspielhaus Bochum mit Beginn der neuen Spielzeit verlassen, bekommt das Ensemble auch Verstärkung. Nina Steils, Ole Lagerpusch und der aus Bochum stammende Jakob Schmidt sind ab September zu sehen.

Ebenfalls neu im Ensemble ist die Schauspielerin Linde Dercon, die vom Fachblatt Theater heute soeben zur „Nachwuchsschauspielerin des Jahres“ gewählt wurde.

Diese Texte haben viele Menschen interessiert