Bochum. Der Klassiker „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett kommt im Frühjahr erneut ins Schauspielhaus Bochum. Da werden viele Erinnerungen wach.
Einen legendären Ruf unter Bochumer Theaterfans genießt das Stück „Warten auf Godot“. Vor allem dank der publikumswirksamen Mithilfe des ehemaligen TV-Stars Harald Schmidt dürfte die Aufführung aus dem Jahr 2002 auf ewig in die Annalen des Schauspielhauses Bochum eingehen. Seither haben sich nicht mehr viele an Samuel Becketts Jahrhundert-Farce getraut – bis jetzt: Im Frühjahr gibt es im großen Haus erneut die Chance, auf einen gewissen Herrn Godot zu warten.
Klassiker von Samuel Beckett kommt wieder ins Schauspielhaus Bochum
Die Neuinszenierung des absurden Klassikers ist eine ziemliche Überraschung. Regisseur Ulrich Rasche, der in Bochum geboren wurde, wollte sich für seine erste Arbeit am Schauspielhaus ursprünglich der „Traumnovelle“ von Arthur Schnitzler widmen. Vor allem wegen der Konzeption des Bühnenbildes, so das Theater, sei nun die Wahl auf das Beckett-Stück gefallen: „Rasche wurden von Anfang an beide Stücke für eine Inszenierung vorgeschlagen“, sagt Sprecher Alexander Kruse. „Dementsprechend hat er sich schon länger mit beiden Stoffen konzeptionell auseinandergesetzt.“
Bochum und Godot: Das ist schon lange eine innige Beziehung. Immer mal wieder wurde der Klassiker hier gezeigt, wobei Matthias Hartmanns inzwischen über 20 Jahre alter Fassung wohl eine besondere Rolle zukommt. Und das lag gar nicht unbedingt nur an Harald Schmidt, der sich als geknechteter Diener Lucky eine halbe Stunde nach Beginn mit langer Perücke auf die Bühne schleppte. Natürlich war die Besetzung ein Coup und sicherte dem listigen Ex-Intendanten Hartmann eine immense mediale Aufmerksamkeit und bei 77 Vorstellungen ein stets randvolles Haus.
Armin Rohde kaute minutenlang auf einer Rübe
Doch auch darüber hinaus war die Inszenierung sehenswert: So war sie mit Michael Maertens, Ernst Stötzner und dem 2011 verstorbenen Fritz Schediwy fantastisch besetzt. Sie hatte einen wunderbare Sinn fürs Timing und ein bestechendes Bühnenbild von Karl-Ernst Herrmann, der die Aufführung in einen riesigen, goldenen Bilderrahmen steckte.
Im Jahr 1994 führte der frühere Intendant Frank-Patrick Steckel die Zuschauer auf eine schmutzigbraune Halde. Auch hier: Schauspielertheater vom Allerfeinsten. Nach der Pause knabberten Estragon (Armin Rohde) und Vladimir (Oliver Nägele) minutenlang in aller Ruhe an gelben Rüben, ohne dass auf der Bühne sonst etwas geschehen wäre. Diese Stille muss man im Theater erstmal aushalten können. Wolf Redl und Michael Weber glänzten in den übrigen Rollen.
Godot kommt wieder nicht. Oder vielleicht doch?
Eine Inszenierung im Theater Rottstraße 5 im Jahr 2014, auf die kleine Bühne gebracht von dem ehemaligen Ensemble-Mitglied Marco Massafra, dürfte die bislang letzte Annäherung an Becketts Zweiakter in Bochum gewesen sein. Mit Linus Ebner und Leander Gerdes übernahmen zwei recht junge Schauspieler die Rollen der beiden Landstreicher: „Doch auch ihre Figuren scheinen bereits im Abgründigen des Wartens heimisch geworden zu sein“, notierte die WAZ nach der Premiere.
Was genau Ulrich Rasche bei der Premiere am 18. Mai 2024 im Schauspielhaus plant, ist noch nicht bekannt. Auch die Besetzung steht noch nicht fest. Rasche arbeitet gern mit komplexen Bühnenbildern – und baut immer wieder auch Chöre streng choreographiert in seine Aufführungen mit ein. Warten im Schauspielhaus bald also nicht nur vier, sondern gleich Dutzende Darsteller auf den berühmten Gast? Eine reizvolle Frage. Nur der traurige Ausgang dürfte jetzt schon gewiss sein: Godot kommt wieder nicht. Oder vielleicht doch?