Bochum. Das Ensemble des Schauspielhauses Bochum wird zum Saisonende um zwei gefeierte Kräfte ärmer. Wer das ist – und was Intendant Johan Simons sagt.
Für Theatergänger ist das eine traurige Nachricht: Gleich zwei Spitzenkräfte im Ensemble des Schauspielhauses Bochum werden die Bühne zum Saisonende in diesem Sommer verlassen.
Anna Drexler und Steven Scharf zieht es gemeinsam nach München. Am dortigen Residenztheater werden sie ab der kommenden Spielzeit feste Mitglieder im Ensemble sein. Drexler und Scharf, die auch abseits der Bühne ein Paar sind und zwei kleine Kinder haben, gehören seit Beginn der Intendanz von Johan Simons im Jahr 2018 zu den tragenden Säulen. Beide spielen hier riesige Rollen.
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Zwei Ensemblemitglieder verlassen Schauspielhaus Bochum
Der 49-jährige Scharf wird als Mann für die großen, schweren Rollen in Erinnerung bleiben. Direkt sein erster Auftritt an der Königsallee war ein gehöriges Wagnis: In seinem Solo „Judas“, gemeinsam mit Johan Simons an den Münchner Kammerspielen entwickelt, sieht man ihn rund eine Stunde lang mit dem Rücken zum Publikum nackt auf einer Leiter stehen. Wie er dort auf dunkler Bühne vor dem eisernen Vorhang hockt, winselt und schreit, vergisst man nicht so schnell.
Ein Fest gehobener Schauspielkunst
Im Anschluss war der hochgewachsene Scharf gern zur Stelle, wenn es darum ging, tragische Figuren in ihrem ganzen Schmerz auszuloten. Neben dem „Ödpius“ war auch sein „Woyzeck“ ein Fest gehobener Schauspielkunst. Zuletzt sah man ihn in „Die Brüder Karamasow“, ab September dann auch in der verschobenen Premiere von „Warten auf Godot“. Seine bisherigen Rollen wird er neben dem Engagement in München weiterspielen, was auch auf Anna Drexler zutrifft.
Der Abschied von Anna Drexler schmerzt womöglich noch etwas mehr, weil sich die quirlige 34-Jährige in den letzten Jahren tief ins Herz des Bochumer Publikums gespielt hat. Man schaut ihr einfach unglaublich gern zu: Das war bei „Peer Gynt“ so, wo sie unerschrocken den Peer spielte, und zog sich weiter durch Rollen etwa in „Der Kissenmann“ und „Der große Gatsby“.
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Auf der Bühne wird Anna Drexler zum Orkan
Die nur 1,63 Meter große Drexler kann auf der Bühne zum Orkan werden und zeigt dabei doch immer eine Menge Spielwitz. Für die Erfolge, die Regie-Star Christopher Rüping in den letzten Jahren in Bochum erzielt hat, war sie mitverantwortlich: für „Das neue Leben“ und „Der erste fiese Typ“. Als gehörig auf Krawall gebürstete Krähe in „Trauer ist das Ding mit Federn“ legte sie den schillerndsten Bühnenauftritt in dieser Spielzeit hin.
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Der Abgang von Anna Drexler und Steven Scharf ist ein Verlust fürs Schauspielhaus und auch für den Intendanten Johan Simons, der in den kommenden beiden Jahren seiner derzeit bis Mitte 2026 laufenden Theaterleitung noch einiges plant. „Das ist natürlich schade, weil sie außergewöhnliche Bühnenkünstler sind“, sagt er. „Beide kenne ich seit unserer Zeit an den Münchner Kammerspielen. Das ist mittlerweile 14 Jahre her, was von einem tiefen künstlerischen Vertrauen zeugt.“
Spielzeitvorschau in den Kammerspielen
Dass sich die Wege am Theater aber auch mal trennen, sei nicht ungewöhnlich – und Simons verspricht guten Ersatz: „Wir haben zwei wunderbare neue Schauspieler verpflichtet“, sagt er, ohne Details nennen zu wollen. Näheres dann wohl bei der Spielzeitvorschau am Donnerstag, 6. Juni, um 18 Uhr in den Kammerspielen.