Bochum. Vom Theater-Marathon bis zum Langweiler: Die Spielzeit im Schauspielhaus Bochum war prall gefüllt. Wir blicken zurück auf Highlights und Gurken.

Nur noch rund eine Woche, dann beginnt am Schauspielhaus Bochum die Sommerpause. Doch was bleibt von dieser Saison? Welche Premieren haben gut funktioniert, welche weniger? Höchste Zeit, eine kritische Rückschau zu halten auf die drei größten Tops und Flops im sechsten Jahr von Intendant Johan Simons an der Königsallee.

Top: Trauer ist das Ding mit Federn

Es ist keine schlechte Idee, einen solch gefragten Theatermacher wie Christopher Rüping weiterhin am Schauspielhaus zu halten. Mit „Trauer ist das Ding mit Federn“ gelang ihm die stärkste Inszenierung dieser Spielzeit. Obwohl die Geschichte nach dem klugen Roman von Max Porter todtraurig ist (eine junge Familie erlebt den plötzlichen Tod der Mutter), findet Rüping zwar dunkle, aber mitreißende Bilder – zärtlich, anrührend, teilweise komplett überdreht und dabei wundervoll gespielt. Anna Drexlers ersten Auftritt im Krähen-Kostüm vergisst man ebenso wenig wie die epische Schlacht auf dem Theaterdach. Ihr Abschied aus Bochum schmerzt sehr. Wieder: 29. Juni, 6. Juli, 19./24. Oktober.

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Schummrige Gestalten bevölkerten in „Dantons Tod“ im Schauspielhaus die Bühne. Szene mit Marius Huth.
Schummrige Gestalten bevölkerten in „Dantons Tod“ im Schauspielhaus die Bühne. Szene mit Marius Huth. © Schauspielhaus Bochum | JU Bochum

Flop: Dantons Tod

Auch ein zweiter Regie-Star wollte in dieser Spielzeit von sich reden machen, doch der Schuss ging nach hinten los. Mit „Dantons Tod“ zum Saisonauftakt wagte Robert Borgmann zu viel. Zu sehen gab es erst eine Installation, dann einen (gähnend langweiligen) Film, dann irgendwann Büchners Drama, das inmitten von Nebelwänden, Feuer und ohrenbetäubendem Lärm kaum noch zu erkennen war. Borgmann verantwortete nebenbei noch die Musik und die Bühne – und verlor komplett die Übersicht. Keine Spieltermine mehr.

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Packende Szenen in der Küche: (von links) Steven Scharf, Oliver Möller, Pierre Bokma und Dominik Dos-Reis im Theater-Marathon „Die Brüder Karamasow“.
Packende Szenen in der Küche: (von links) Steven Scharf, Oliver Möller, Pierre Bokma und Dominik Dos-Reis im Theater-Marathon „Die Brüder Karamasow“. © Schauspielhaus Bochum | Armin Smailovic

Top: Die Brüder Karamasow

Die Sorge war groß: Lassen sich die Zuschauer heutzutage noch sieben Stunden lang für eine Aufführung ins Theater locken? Die schöne Antwort: Auf jeden Fall! Es muss nur so unterhaltsam und abwechslungsreich geschehen wie bei „Die Brüder Karamasow“ nach dem Roman-Monstrum von Dostojewski, sämtliche Vorstellungen waren super besucht. Als Event mit mehreren Pausen und einem leckeren Abendessen im Theaterfoyer funktionierte die ellenlange Aufführung bestens – obwohl rückblickend angemerkt werden darf, dass der zweite Teil von Johan Simons‘ Inszenierung, der in den Kammerspielen stattfand, mit Abstand der beste, weil dichteste war. Keine Spieltermine mehr.

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Der große Verführer wildert in trostlosem Ambiente: Szene aus „Don Juan“ mit (von links) Victor IJdens, Dominik Dos-Reis und Danai Chatzipetrou.
Der große Verführer wildert in trostlosem Ambiente: Szene aus „Don Juan“ mit (von links) Victor IJdens, Dominik Dos-Reis und Danai Chatzipetrou. © Handout | Joerg Brueggemann / OSTKREUZ

Flop: Don Juan

Don Juan, der ewige Verführer, in einer zeitgemäßen Adaption des jungen Regisseurs Mateusz Staniak? Die Neugierde war groß, das Ergebnis dann leider ernüchternd. Denn so trostlos wie hier vor einer abgehalfterten Disco hatte man die schöne Geschichte von Molière dann doch nicht in Erinnerung. Victor IJdens gab in der Titelrolle Vollgas, aber es nützte nichts. 90 Minuten können verdammt lang sein. Keine Spieltermine mehr.

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Wundervoll: „Der Struwwelpeter“ mit Danai Chatzipetrou für Kinder ab acht Jahren im Theaterrevier.
Wundervoll: „Der Struwwelpeter“ mit Danai Chatzipetrou für Kinder ab acht Jahren im Theaterrevier. © Schauspielhaus Bochum | Katharina Kemme

Top: Der Struwwelpeter

Die pädagogisch strengen Erzählungen vom „Struwwelpeter“ mitsamt Suppenkasper und Hanns-guck-in-die-Luft hatte man eigentlich längst in der Mottenkiste vermutet, bis sie Regisseurin Katharina Birch in ihrer wahrhaft schillernden Inszenierung im Theaterrevier für Kinder ab acht Jahren wieder ausgrub. Allein die Ausstattung mitsamt der effektvoll eingesetzten Drehbühne ist wundervoll. Und das dreiköpfige Ensemble stürzt sich mit sichtlichem Spaß in die launigen, oft garstigen und grausamen Geschichten, die aber niemand auf der Bühne so wirklich ernst nimmt. Wieder am 30. Juni und 31. Oktober.

Flop: 100 Prozent peruanisch-amazonisches Haar

Ein ganzer Theaterabend über Haare: Darauf muss man erstmal kommen. Entsprechend mühsam ist die Stückentwicklung der Regisseurin Manuela Infante auch geraten. Es geht um Haarausfall, um Perücken, um Ludwig XIV. und sogar um das Haar in der Suppe, etwas Kapitalismuskritik wird auch untergerührt. Das ist halbwegs kurzweilig, aber szenisch doch ziemlich überflüssig. Wieder am 3. Juli, 25. September und 11. Oktober.

Spielzeitpause bis Anfang September

Mit den Aufführungen von „Trauer ist das Ding mit Federn“ und „Club 27“ (wieder ausverkauft) verabschiedet sich das Schauspielhaus Bochum am Samstag, 6. Juli, in die Sommerpause.

Die neue Spielzeit startet am Freitag, 6. September, mit der verschobenen Premiere von „Warten auf Godot“. Alle Infos und Karten: 0234 3333 5555.

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