Bochum. Robert Borgmann watscht Büchners Klassiker mit der Regie-Pranke ab: Zwischen hochtourigen Einfällen sorgt ein Film für Abwechslung. Unfreiwillig.
Finstere Bühne für finstere Zeiten: Mit „Dantons Tod“ setzt Regisseur Robert Borgmann zum Spielzeitauftakt am Bochumer Schauspielhaus ein zeitlos gültiges Fanal gegen den Krieg. Dumm nur, dass er Büchners Jahrhundertwerk dermaßen furchtlos durch den Fleischwolf dreht, dass auch der geduldigste Zuschauer irgendwann die Übersicht verliert.
Der 43-jährige Borgmann greift Stücke gern mit der Regiepranke. Mit Videos, viel Musik und unter höchster Auslastung der Theatermaschinerie laufen seine Arbeiten ununterbrochen hochtourig. Neben dem Bühnenbild stammen die Kompositionen oft ebenfalls von ihm.
Robert Borgmanns „Passion I und II“ war vor zwei Jahren böse gefloppt
Auch „Dantons Tod“, Borgmanns zweite Bochumer Inszenierung nach dem böse gefloppten „Passion I und II“ vor zwei Jahren, erweckt kaum den Anschein einer originalgetreuen Dramatisierung. Selbstbewusst teilt der Regisseur den Abend in drei Teile. Der kluge erste: eine Art Installation. Über einen großen Spiegel betrachtet man eine düstere Szenerie im Untergeschoss der Bühne. Dazu wird an Eugène Delacroix‘ Gemälde „Die Freiheit führt das Volk“ erinnert, ohne es leider zu zeigen.
Der überflüssige zweite Teil: ein Film. Eine knappe Viertelstunde lang verfolgt man den Schauspieler Risto Kübar, wie er als Georg Büchner hilflos durch einen Wald stolpert, garniert mit ein paar Sätzen aus seinem „Lenz“. Die ersten Zuschauer rutschen ungeduldig auf ihren Sitzen hin und her. „Langweilig!“, ruft einer und bringt es auf den Punkt.
Stark: Marius Huth als Robespierre, dauernd stolpernd
Dann endlich widmet sich die Aufführung ihrem Kern, dem Revolutionschaos. Es gibt Nebelwände, quietschende Cello-Klänge, Choralgesänge, Stroboskoplicht, ein brennendes Auto fährt umher. Irgendwo inmitten des hektischen Trubels entdeckt man Danton, von Alexander Wertmann weniger als Anführer, mehr als Zauderer gegeben. Den großen Knall zwischen ihm und seinem Kontrahenten Robespierre entscheidet dieser eindeutig für sich: Marius Huth trägt den geballten Zorn seiner Figur bis in die 15. Zuschauerreihe und stolpert dabei dauernd über seine langen Beine. Stark!
Beim emsigen Herbeischaffen sich einander überbietender Einfälle verliert Borgmann das Stück aus den Augen, statt sich auf die begnadete Vorlage zu konzentrieren. Und statt in plausible Schauspielerführung investiert er in dröhnende Bilder. Der Beifall fällt zwiespältig aus: Einige jubeln energisch, andere wenden sich ratlos und genervt ab. Und Büchner? Als Dichter hat sich Risto Kübar dann noch am Bühnenboden festgeklebt. Du liebe Güte.