Essen. Täglich machen Menschen auf Facebook ihrer Verzweiflung Luft. Manche äußern sogar ihre Selbstmord-Gedanken. Um Suizidgefährdeten zu helfen, kooperiert Facebook jetzt mit der Telefonseelsorge. Wer Kommentare von Menschen in Not sieht, kann sie melden - oder selber Telefonnummern weitergeben.
„Egal ob privat oder beruflich, momentan könnt’s nicht schlechter laufen...Hat jemand ne Idee für mich, mir fällt leider nichts mehr ein ?!“ Ratlos klingt dieser Eintrag bei Facebook auf jeden Fall. Wer den ehemaligen Fußball-Profi Andreas Biermann kennt – oder von seiner Krankheitsgeschichte, von seinen Depressionen gehört hat – muss dahinter große Verzweiflung vermuten. Wenige Tage später, Mitte Februar, hat Biermann – ebenfalls auf seiner Facebook-Seite – erklärt, dass er wieder versucht habe, sich das Leben zu nehmen.
Hätte das jemand verhindern können? Hätte Andreas Biermann ein Gespräch helfen können? Zumindest den Versuch will das Soziale Online-Netzwerk Facebook leichter machen: Auf seinen Hilfeseiten, versteckt unter der relativ kryptischen, vermutlich sehr wörtlich aus dem Englischen übersetzten Überschrift „Ressourcen zum Thema Sicherheit“ ist die Telefonnummer der Telefonseelsorge – und die der „Nummer gegen Kummer“ - zu finden.
Dazu gibt es Hinweise, was zu tun ist, wenn jemand auf Facebook Suizid-Gedanken äußert; leider hat das milliardenschwere Unternehmen auch hier an der Übersetzung gespart, sodass dort von „selbstmörderischen Inhalten“ und „Strafverfolgungsbehörden“ die Rede ist. Gemeint ist offenbar, dass jemand, der eine klare Selbstmord-Drohung auf Facebook sieht, die Polizei zu Hilfe rufen sollte.
Telefonseelsorge ist per Anruf, Chat und E-Mail zu erreichen
Wer so weit nicht gehen will, sich vielleicht nicht sicher ist, wie verzweifelt der Freund oder die Bekannte tatsächlich ist, kann die Betreffenden auf zwei Wegen auf die Hilfsangebote aufmerksam machen: Der direkt Kommentar oder eine Nachricht sind eine Möglichkeit, eine E-Mail an Facebook, die auf den Nutzer aufmerksam macht, die zweite. Das Unternehmen verschickt dann eine E-Mail mit Hinweisen auf die Hilfsangebote.
Menschen, die ihren Suizid bei Facebook ankündigten, kurz bevor sie sich das Leben nahmen, seien der Anlass für die Kooperation zwischen Facebook und der Telefonseelsorge gewesen, sagt Bernd Blömeke, bei der Telefonseelsorge zuständig für die Hilfe im Internet. Im Gegensatz zu Angeboten für Suizidgefährdete in anderen Ländern wird die Telefonseelsorge in Deutschland allerdings nicht direkt auf jemanden zugehen; wer Hilfe braucht, muss selbst die Initiative ergreifen – und bekommt Unterstützung nur in den Systemen der Telefonseelsorge, per Telefongespräch, Chat oder E-Mail. Eine andere Vorgehensweise ist mit den Datenschutzbestimmungen der kirchlichen Träger der Telefonseelsorge nicht vereinbar.
Insgesamt 8500 speziell geschulte Menschen sind für die Telefonseelsorge im Einsatz: Sie sind rund um die Uhr für Hilfesuchende ansprechbar. Rund zehn Prozent der Gespräche, schätzt Bloemeke, drehen sich um Suizidgedanken. Die Telefonseelsorge ist unter den Nummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 zu erreichen, Anrufe sind kostenlos.