Recklinghausen. .

Es ist laut, so schrecklich laut den ganzen Tag, unter Menschen, am Fernsehen, die Musik und der Verkehr und überhaupt und doch – dann kommt mit der Einsamkeit die Stille und plötzlich das Gefühl, nichts von Belang gesagt zu haben, keine Worte gefunden zu haben, für das, was wirklich wichtig ist. Letztendlich, weil jedes ernst gemeinte Wort jemanden braucht, der es hört, der wirklich zuhört.

Das kann lernen, muss lernen, wer bei der Telefonseelsorge arbeiten möchte. Weil Worte hier die mächtigste und gleichzeitig einzige Waffe gegen die Krise sind. „In dieser vielstimmigen, hektischen Ge­genwart zu hören, was der andere sagt, oder vielleicht auch nur sagen will, das ist eine Kunst“, erklärt Gunhild Vestner, Leiterin der Telefonseelsorge. Wie schwierig diese Kunst zu erlernen ist, weiß sie nur allzu gut. Das macht es nicht leicht, geeignete Mitarbeiter zu finden.

„Wir brauchen Menschen, die belastbar sind, die sich in die Situation anderer hineinversetzen können und bereit sind, über den eigenen Tellerrand zu schauen“, erklärt die Expertin. Wer dies mitbringt, kann einsteigen in eine 250 Stunden umfassende Ausbildung, unter anderem zur Gesprächsführung, die auf dem freien Markt gut und gerne
15 000 bis 18 000 Euro kosten kann. Die Telefonseelsorge schult kostenlos, erwartet aber von ihren ehrenamtlichen Mitarbeitern Engagement und die Bereitwilligkeit, auch an sich selbst zu arbeiten. So ist die 15-monatige Ausbildung in drei Phasen gegliedert, von denen sich die erste der Selbsterfahrung widmet.

„Wir sind in unserer Arbeit oft mit Bereichen konfrontiert, die auch im eigenen Leben eine Rolle spielen“, erklärt Bernd Neumann, der als Erwachsenenbildner und psychotherapeutischer Heilpraktiker die Ausbildungsgruppe gemeinsam mit Gunhild Vestner leitet. „Deshalb ist es wichtig, sich mit den eigenen Belangen und Schwächen auseinander zu setzen, mit sich selbst im Reinen zu sein.“

In einem zweiten und dritten Block lernen die Teilnehmer alles rund ums Thema Gesprächsführung und werden dann langsam an die Praxis herangeführt. Immer, auch nach Abschluss der Ausbildungsphase, treffen sich die Mitarbeiter regelmäßig in der Gruppe, um Erfahrungen auszutauschen, mitunter auch gemeinsam zu verarbeiten.

Lydia Wilkskamp ist seit mehr als zehn Jahren als Ehrenamtliche bei der Telefonseelsorge. Die Arbeit habe sie sensibler für die Belange anderer, an vielen Stellen aber auch gelassener gemacht, erzählt sie. „Ich habe sehr viel über mein eigenes Leben dazu gelernt“, verrät die 51-jährige gelernte Kinderkrankenschwester. „Und ich komme nach wie vor gerne hierher, auch wenn vor allem die Nachtdienste belastend sind, keine Frage. Aber das ist machbar.“ Jeder Mitarbeiter übernimmt drei Tagesschichten á drei Stunden im Monat und alle sechs Wochen eine Nachtschicht.

Wer Interesse daran hat, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Telefonseelsorge zu werden, meldet sich unter der Nummer 02361 27898. Nach einem ersten Telefongespräch erhalten geeignete Bewerber Infomaterial und werden zum persönlichen Gespräch gebeten. Erst nach einem gemeinsamen Informationstag entscheidet das Team der Telefonseelsorge endgültig, wer für die intensive Ausbildung geeignet ist. Nähere Informationen gibt es im Internet auf www.telefonseelsorge-re.de.