Bremen. . Der Deutsche Fußball-Bund will den Stars der Nationalmannschaft künftig verbieten, Insider-Informationen via Twitter oder Facebook zu verbreiten. Die Kommunikation nach außen solle einheitlich werden, sagt Teamchef Oliver Bierhoff. Twittern und Facebooken an sich soll den Spielern aber erlaubt bleiben.

"Hey Leute!!", beginnt Nationalspieler Andre Schürrle am 15. November seinen Facebook-Beitrag. Nach den euphorischen Ausrufezeichen dann die schlechte Nachricht: Er könne am Abend gegen die Niederlande wegen eines grippalen Infekts leider nicht spielen, "deswegen fliege ich heute Mittag nach Hause. Liebe Grüße an euch!!!" Es wird nicht lange gedauert haben, bis die lieben Grüße plus dem wichtigen Aufstellungshinweis zu Bondscoach Bert van Marwijk durchdrangen. Genau diese Art von Insider-Informationen, über die einschlägigen Kanäle Twitter und Facebook will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seinen Spielern künftig verbieten.

Auch wenn die Sprachregelung offiziell eine moderatere ist. "Es geht nicht um eine absolute Verneinung", sagte Teammanager Oliver Bierhoff am Montag vor dem Testländerspiel der DFB-Elf in Bremen gegen Frankreich. Es sei wichtig, "einen Spagat zu schaffen", führte er weiter aus. "Wir müssen eine gewisse Vertraulichkeit behalten, die uns stark gemacht hat."

Interessenkonflikt für den DFB

Die Kommunikation nach außen müsse einheitlich gehalten werden, sagte Bierhoff. Die Richtlinien hierfür wollte er im Gespräch mit den Spielern noch vor dem Spiel am Mittwoch festzurren. Ihm selbst, wie allen anderen Nationalspielern, war es früher untersagt, persönlich gefärbte Kolumnen in Zeitungen und Zeitschriften zu verbreiten. Nach dem "Tagebuch"-Skandal um Lothar Matthäus galt als wichtige Regel: Nichts aus dem Teamleben darf nach draußen dringen. Ein Prinzip, das durch das Social Network nun durchlöchert wird.

Der Spagat, von dem der Europameister von 1996 spricht, ist im Kern für die DFB-Verantwortlichen ein Interessenkonflikt.

Zum einen will der DFB natürlich, dass die mehrheitlich junge Mannschaft auch nach außen modern und lässig auftritt. Dazu gehört mittlerweile eben das Füttern der Fangemeinde mit wichtigen bis banalen Fakten. So übermittelte der eingangs erwähnte Schürrle Ende Januar von den DFB-Marketingtagen ein leicht verwackeltes Foto, das ihn mit Marco Reus im Bus zeigt. Mesut Özil verlinkte derweil auf ein Video mit Schnappschüssen seines neuen, schwarzen Ferrari. Jede Menge Retweets garantiert. Anderentags teilt er einfach nur mit, er "chille" gerade mit "@kaka". Die Reichweite ist beeindruckend: Borussia Dortmund hat gerade bei seinen Facebook-Freunden die Millionengrenze überschritten.

Nebenschauplätze unerwünscht

Andererseits sind Bierhoff und Co. auch sehr darauf bedacht, dass die Ruhe in der Mannschaft nicht gestört wird. Besonders während der EM, bei der sich der deutsche Tross auf dem Danziger Olivenhof mit wenig mehr als grünem Wald umgibt, wird die angesprochene Vertraulichkeit ein wichtiger Faktor.

Denn Gezwitscher kann auch schnell zum Donnerhall werden. Englands Nationalverteidiger Rio Ferdinand legte sich beispielsweise via Twitter offen mit FIFA-Präsident Sepp Blatter an, der Rassismus im Fußball verharmlost hatte. "Es gibt keinen Mittelweg mehr", sagte Mats Hummels der "Berliner Morgenpost" vom Mittwoch. Die Medien würden viel "überspitzt" darstellen. "Ich passe deshalb sehr auf, was ich mache." Sein kritischer Kommentar zum theatralischen Hinfallen des Gladbachers Igor de Camargo im Pokalspiel bei Hertha BSC machte rasend schnell die Runde, Beschimpfungen inklusive.

Denkbar ungünstig auch, nur als Beispiel, wenn Vicente del Bosque schon am Vortag des Finales wüsste, dass Miroslav Klose ausfällt. Doch der stille Star im deutschen Sturm steht ohnehin nicht unter dem Verdacht der Geschwätzigkeit. Und so wartet Kloses Twitter-Gefolgschaft von immerhin 28.000 Leuten bereits seit dem 9. Juni 2011 auf Kloses zweiten Beitrag. Seit der Bekanntgabe seines Wechsels zu Lazio Rom aber schweigt der Stürmer beharrlich. (dapd)