München. . Wenn eine Schwimmhalle zum Sammelbecken fast vergessener Promis wird, ist wieder Zeit für Stefan Raabs großes „TV Total Turmspringen“. Das entpuppte sich als großer Werbe-Marathon, der von nervigen Moderatoren präsentiert wurde. Gesprungen wurde aber auch – und das gar nicht mal schlecht.

Man nehme ein paar fast vergessene F- bis H-Promis, Sänger oder Schauspieler, die nicht mehr alle jung sind, aber alle das Geld brauchen, stecke sie in möglichst knappe Bikinis und Badeshorts und lasse sie mehr oder weniger elegant ins Wasser plumpsen. Man garniere das Ganze mit einer Handvoll Playboy-Häschen, nervigen Moderatoren und ProSieben-Allzweckwaffe Stefan Raab und richte es in einer komplett mit Werbung tapezierten Olympia-Schwimmhalle in München an – und fertig ist „Das große TV Total Turmspringen 2012“.

Wobei „groß“ natürlich Standard ist bei allen Raab-Events auf ProSieben. Drunter macht es der Meister der Selbstvermarktung nicht. Quasi galaktisch ist deshalb auch sein vom „Star Wars“-Thema untermalter Auftritt: Im Stile eines Felix Baumgartner stürzt sich der Entertainer zu Beginn der Sendung aus einer Raumkapsel. Die steht jedoch nicht am Rand der Erdatmosphäre, sondern am Rand des 7,5-Meter-Bretts. Und natürlich springt Raab nicht, er trudelt an einem Seil in ein Rettungsboot.

TV Total Turmspringen mit sehr vielen Ex-Promis

Beim TV Total Turmspringen machte Stefan Raab auf Felix Baumgartner.
Beim TV Total Turmspringen machte Stefan Raab auf Felix Baumgartner. © ProSieben

Rettungsboot ist auch das richtige Stichwort, wenn man sich die Teilnehmerliste ansieht. Die meisten von ihnen sind in der öffentlichen Wahrnehmung längst unfreiwillig abgetaucht und haben Aufmerksamkeit durch eine Show wie das „TV Total Turmspringen“ bitter nötig. Endstation Sprungturm also. „Wer war das noch mal?“, „Irgendwo habe ich die schon mal gesehen“ oder ein simples „Nie gehört“ sind die gängigen Kommentare auf der Couch, wenn die Turmspringer vorgestellt werden.

So treten im Einzelwettkampf Schauspieler Tom Beck (Alarm für Cobra 11), Nacktmodel Micaela Schäfer (für ihre Verhältnisse fast komplett verhüllt im Bikini), Topmodel-Finalistin Amelie Klever, Möchtegern-Gangster-Rapper B-Tight, Galileo-Moderatorin Annica Hansen, Ex-Schauspieler, Ex-Moderator und Ex-„Voice of Germany“-Kandidat Sebastian Deyle, Model und Moderatorin Annabelle Mandeng, Stabhochspringer Raphael Holzdeppe, Ex-DSDS-Jurorin Fernanda Brandao, Sängerin Ronja Hilbig (Queensberry), Turnfloh Fabian Hambüchen und, natürlich, Stefan Raab gegeneinander an.

Kein Wort zum schweren Tráiningsunfall von Stephen Dürr

Echte Promis? Fehlanzeige! Bei genauerem Hinsehen fällt zudem auf, dass viele der Teilnehmer eine mehr oder weniger enge Bindung zu ProSieben haben und sich vielleicht gar nicht wehren konnten. Im Synchronspringen gesellen sich dann noch Stars und Sternchen wie Schauspieler Jo Weil (Gewinner des German Soap Awards), Moderator Peter Imhof, Lars und Ande von Mundstuhl sowie die Playmates Miss März und Miss Juli hinzu; außerdem Stabhochspringer Björn Otto, Beachvolleyballerin Ilka Semmler, Raabs Dauerkonkurrent Joey Kelly und sein ewiger Show-Praktikant Elton.

Ganz bestimmt hätte sich auch Stephen Dürr gerne in der Münchener Olympia-Schwimmhalle präsentiert, doch der Schauspieler verletzte sich bei den Proben zur mittlerweile achten Auflage des „TV Total Turmspringens“ schwer und musste sich einer aufwändigen Operation an der Wirbelsäule unterziehen. Schade, dass Pro Sieben dieses Thema totschwieg und keine einzige Sekunde der kostbaren Sendezeit opferte, um die Zuschauer über Dürrs Gesundheitszustand zu informieren oder ihm gute Besserung zu wünschen.

Turmspringen als kurze Unterbrechung der Werbung

Sonja Kraus moderierte.
Sonja Kraus moderierte. © ProSieben

Ins Wasser gesprungen wurde übrigens auch, allerdings dienten die Sprünge offenbar nur dazu, die Werbung mal kurz zu unterbrechen. Beim oft uninspirierten und nervigen Geplapper des Moderatoren-Trios Steven Gätjen, Sonya Kraus und Olaf Schubert sehnte man hingegen wieder die Werbung herbei. Ein Teufelskreis. Bei Twitter reagierten die User jedenfalls genervt auf die unzähligen Werbeblöcke, eine komplett mit Werbung tapezierte Schwimmhalle und Werbeschriftzüge und Embleme auf der Haut und den Badeanzügen der Athleten. Andere nutzten die von ProSieben „Connect“ getaufte Plattform, auf der die Zuschauer Fragen stellen und sich an Sendungen beteiligen sollen, um sich über Kommentator Ron Ringguth lustig zu machen, dem fast zu jedem Sprung ein „Na guck mal an!“ einfiel.

Deutlich abwechslungsreicher waren die Leistungen, die die Turmspringer boten. Von üblen Bauchplatschern à la Elton, der zusammen mit Stefan Raab treffenderweise als „die Wasserbomben des deutschen Fernsehens“ angekündigt wurde, bis hin zu durchaus ansehnlichen Schrauben und Salti von Fabian Hambüchen, Joey Kelly oder Annabelle Mandeng.

Die wahren Turmspringen-Gewinner: Werbepartner und Stefan Raab

Letztere gewann sogar das Einzelspringen vor Rapper B-Tight und Sängerin Ronja Hilbig. Vorjahres-Champion und Hauptfavorit Fabian Hambüchen wurde nach einem verpatzten letzten Sprung überraschend nur Vierter. Im Synchronspringen setzten sich die Leistungssportler Raphael Holzdeppe und Björn Otto vor dem Duo Ilka Semmler und Annabelle Mandeng durch, die damit gleich zwei Titel holte. Ebenso wie Ronja Hilbig, die zusammen Jo Weil auf den dritten Platz sprang, den sich die beiden mit den punktgleichen Joey Kelly und Peter Imhof teilen mussten.

Die wahren Gewinner des Abends waren aber die Heerscharen an Werbepartnern, ProSieben und natürlich Stefan Raab. Der beschert seinem Sender regelmäßig fabelhafte Einschaltquoten und bittet nach dem „TV Total Turmspringen 2012“ schon am kommenden Donnerstag wieder zum „Quizboxen“, bevor er am 15. Dezember bei „Schlag den Raab“ antritt, wo es um den Rekordjackpot von 3,5 Millionen Euro geht.