Essen. Stefan Raab zielt mit seiner Politik-Talkshow “Absolute Mehrheit“ genau in die Schwachstelle der öffentlich-rechtlichen Talk-Runden. Denn diese sind vor allem: zum Gähnen langweilig. Bei Raab zählt weniger, wer diskutiert und worüber, sondern mehr, wer das Geld kassiert - und was er damit macht.

Diskutieren für Bares statt Beifall – Stefan Raabs neue Talk-Show „Absolute Mehrheit“, die an diesem Sonntagabend auf Pro 7 startet, spekuliert schamlos auf den Skandal-Faktor. Und tatsächlich: Schon im Vorfeld tun die Oberbedenkenträger der Republik Raab den Gefallen und empören sich in vorauseilender politischer Korrektheit. Dabei zielt Raabs Show mitten in die Schwachstelle der öffentlich-rechtlichen Talk-Runden, die seit längerem vor allem eines sind: zum Gähnen langweilig.

Nehmen wir nur das Talk-Programm der ARD der nächsten Tage. An diesem Sonntag, kurz bevor bei Pro 7 die Raab-Runde an den Start geht, lädt Günther Jauch zur gediegenen Diskussion um „den gerechten Lohn“. Mit in der Runde sitzen die altbewährten Debatten-Kräfte Ursula von der Leyen und Oskar Lafontaine. Am Montag erörtert Frank Plasberg die Frage: „Wird Wohnen zum Luxusgut?“ Angekündigt ist unter anderem Renate Künast, die gerade bei der Urwahl der Grünen für die Spitzenkandidatur von der Basis abgestraft wurde. Die zweite große Verliererin des Mitgliederentscheids der Grünen, Co-Parteichefin Claudia Roth, darf dann am Dienstag bei Sandra Maischberger mitmischen, wenn die Frage heißt: „Casino Global: Wer regiert die Welt?“ Außerdem am Start: Die unvermeidlichen Wiedergänger aller Talkrunden, Hans-Olaf Henkel und Heiner Geißler.

Die gleichen Themen, die gleichen Gäste - Raab gegen die intellektuelle Einöde

Themen wie Gäste: Alles gefühlte Tausend Mal gehört und gesehen, in quälenden abendlichen Laberrunden, wie Endlosschleifen ein und derselben Debatte. Jauchillnerplasbergwillbeckmannjauchplasberg... Gnade!

Diese intellektuelle Einöde ist natürlich auch Stefan Raab nicht verborgen geblieben. Er setzt Provokation gegen die herrschende Langeweile. Bei „Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen“ sollen Politiker und andere Gäste die Zuschauer mit ihren Argumenten überzeugen. Wer die Mehrheit des Publikums hinter sich bringt, kassiert 100.000 Euro. Und, nein, Peer Steinbrück ist nicht dabei und Christian Wulff auch nicht.

Raab geht es um Populismus und Krawall

Natürlich setzt Raab mit seinem neuen Format nicht auf filigrane Argumentation und geschliffene Rhetorik, sondern auf Populismus und Krawall. Aber das weiß man vorher und es wird keiner gezwungen einzuschalten.

Nichtsdestotrotz gab es im Vorfeld die üblichen Verdächtigen, die pflichtgemäß den moralischen Zeigefinger erhoben. „Wer Geld für Meinungen aussetzt, bestellt Meinungen für Geld“, empörte sich Bundestagspäsident Norbert Lammert, der aber bekanntlich auch jede andere politische Talkshow im Fernsehen für latent staatsgefährdend hält. Und Umweltminister Peter Altmaier, der Raab eigentlich zugesagt hatte, meldete sich vorsichtshalber kurzfristig wieder ab. Volker Beck von den Grünen wiederum beklagte sich beleidigt, man habe ihn auf Druck Altmaiers wieder von der Gästeliste gestrichen.

Bei Raab sind die Themen zunächst egal

Mit von der Partie sind dagegen SPD-Strippenzieher Thomas Oppermann und Wolfgang Kubicki, der Quartals-Querulant von der FDP. Stefan Raab lässt sie und weitere Gäste über Energiewende, Steuern und Soziale Netzwerke diskutieren. Aber die Themen werden sowieso egal sein, es könnte genauso gut um Friede, Freude, Eierkuchen gehen. Viel mehr interessiert im Vorfeld die Frage, wer die 100.000 Euro kassiert. Und ob derjenige das Geld für sich behält. Oder ob er es spendet. Vielleicht für die Bochumer Stadtwerke?