Köln. . Kamelle, d’r Raab kütt. Bei seinem Haussender ProSieben zelebriert der TV-Tausendsassa kölsche Pappnasen-Folklore. So paradox es klingt: Mit der jecken Traditionsveranstaltung wird Raab erwachsen.

Stefan Raab wird jeck – und erwachsen. Das klingt paradox. Dabei ist es nur eine weitere Perle einer logischen Kette.

Aber der Reihe nach. Fakt ist: Der TV-Tausendsassa erhält eine eigene Karnevalsshow. Das sagte seine Managerin Gaby Allendorf am Mittwoch dieser Zeitung. Raabs Version des organisierten Frohsinns soll bei seinem Haussender ProSieben zu sehen sein. „Details gibt’s im Dezember“, hieß es übereinstimmend von Raabs Management und vom Sender.

Dass der Entertainer Spaß an der Pappnasen-Branche gefunden hat, ließ er schon vor Wochen erkennen. Gemeinsam mit der Kult-Band De Höhner spielte der Entertainer die Mundart-Ballade „Ävver de Hätz bliev he in Kölle“ ein. Veröffentlich wurde sie clevererweise zwei Tage vor dem Start der Session am elften Elften.

Jecken setzen jährlich eine halbe Milliarde um

Den Unterhaltungsguru dürfte an der kölschen Folklore einerseits das reizen, was ihn schon beim Eurovision Song Contest inspirierte: eine traditionelle Einrichtung zu verjüngen. Andererseits weiß Raab um das kommerzielle Potenzial des Karnevals. Einer Studie zufolge setzt das Geschäft mit Helau und Alaaf jährlich eine halbe Milliarde Euro um.

Dazu kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt. Raab arbeitet schon seit geraumer Zeit daran, sein Image als Fernseh-Rambo abzulegen. Die Zeit, da der Moderator als frecher Außenseiter die deutsche Gerichtsbarkeit mit seinen Sprüchen auf Trab hielt, ist längst vorbei. Im Gegenteil: Der 46-Jährige will nicht als Berufsjugendlicher enden, der die jungen Wilden nicht mehr erreicht, weil er ihnen entwachsen ist. Inzwischen zielt Raab immer mehr darauf ab, von der ganzen Familie gemocht zu werden. Dabei gelingt ihm ein Spagat, einerseits immer seriöser zu wirken, aber andererseits seinen jungenhaften Biss zu behalten.

Beim ESC gelang Raab die Quadratur des Kreises

Den Wechsel zum krawalligen Kreativen zum ernstzunehmenden Fernsehmann ermöglichte ihm sein Engagement für den Eurovision Song Contest (ESC). Der Sangeswettbewerb zählt zu den traditionsreichsten Einrichtungen des europäischen Fernsehens überhaupt. Dementsprechend gut ist sein Ruf bei älteren Zuschauern. Zugleich aber staubte die alljährliche Jahreshauptversammlung des Schlagerwesens, bevor Raab kam.

Dem Fernsehunterhalter glückte eine Art Quadratur des Kreises, als er für den ESC den Privatsender ProSieben und die öffentlich-rechtliche ARD zusammenbrachte, die Musiksause auffrischte und Deutschland mit Lena obendrein auch noch eine Siegerin bescherte.

Der wohl kreativste Kopf der Branche exzerziert das vor, was den Öffentlich-Rechtlichen so schwer fällt. So hatte sich Raab erst vorigen Sonntag ein Genre vorgeknöpft, auf das gerade die ARD so stolz ist: die Talkshow. Über den Erkenntnisgewinn der Raab-Runde lässt sich streiten, über den Quoten-Erfolg nicht.

Der ARD sollte das zu denken geben.