Düsseldorf. Der Erlass der NRW-Regierung zum Stopp des Handels mit nikotinhaltigen Liquids sorgt bei Dampfern für Empörung. Nichtsdestotrotz betont Ministerin Steffens im Interview: “Wir mussten handeln“, um geltendes Recht umsetzen und Verbraucher vor langfristigen Schäden zu schützen.
Das Verbot der E-Zigarette und des Handels mit nikotinhaltigen Liquids ist nach Ansicht von Landesgesundheitsministerin Barbara Steffens alternativlos. Das betonte die grüne Politikerin im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe. Der Erlass der Landesregierung hatte in den vergangenen Tagen für erheblichen Wirbel gesorgt: Die ersten Städte haben die Umsetzung des Verbots angekündigt und dazu aufgefordert, den Handel einzustellen - ohne, dass bisher klar ist, wie das durchgesetzt werden soll. Händler und die sogenannten Dampfer gehen dagegen auf die Barrikaden – in den Nutzer-Foren gibt es wütende Reaktionen. Es fehlten die rechtlichen Grundlagen für ein solches Verbot, heißt es dort häufig. Und die Ministerin treibe Dampfer zurück zur sehr viel gefährlicheren normalen Kippe.
Länder, die bisher kein E-Zigaretten-Verbot haben, handeln "problematisch"
Dennoch betont Steffens: „Wir mussten handeln“. Die nikotinhaltigen Liquids fielen – wie Nikotin-Zigaretten und -Kaugummis – unter das Arzneimittelgesetz. Daran gebe es keinen Zweifel, und ergo benötigten diese Produkte eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Die sei nicht vorhanden – also könne auch der Handel damit nicht erlaubt sein. Dass NRW unnötig vorgeprescht sei, davon könne nicht die Rede sein. Anders herum werde ein Schuh draus: Steffens hält die Haltung jener Bundesländer, die sich bisher noch nicht zu einem Verbot entschließen konnten für „problematisch.“
Denn: „Wir wissen nicht, welche Inhaltsstoffe genau in den Liquids sind“. Es gebe einen riesigen grauen Markt, der derzeit keinerlei Kontrolle unterliege. Zu einem großen Prozentsatz bestehen die Liquids aus Polyglykol – einem zugelassenen Lebensmittelzusatzstoff, der auch in Arzneimitteln Verwendung findet. Allerdings gebe es Hinweise, dass das regelmäßige Inhalieren auf lange Sicht durchaus Risiken bergen könne. Hinzu kommen andere Aroma- und Inhaltsstoffe, die beispielsweise Allergien auslösen könnten, so Steffens. „Davor wollten wir warnen“. Das Verbot basiere allerdings nicht auf den möglichen Risiken, sondern auf der rechtlichen Grundlage des Arzneimittelgesetzes.
Wenn das Land nicht handelt, wäre die Wut noch größer
Auch die in den Foren häufig debattierte Annahme, der Staat fürchte um Steuereinnahmen und wolle deshalb nun den Dampfer-Markt in den Griff bekommen, sei falsch: „Als Land haben wir nichts von Tabaksteuereinnahmen“, so Steffens – es gehe allein um den Schutz der Verbraucher. Dass sie mit ihrem Erlass die gerade von der normalen Kippe entwöhnten Dampfer wieder zum alten Laster verdamme, will sie nicht gelten lassen. Es gehe nur darum, den Handel in transparente Bahnen zu lenken. „Ich habe mich in den vergangenen Wochen mit vielen Ärzten beraten“, berichtet sie, und auch diese hätten es begrüßt, dass die Liquids der E-Zigarette nach dem Arzneimittelrecht behandelt werden. Ein Händler könne die Zulassung beantragen, dann werden die Liquids geprüft. Nur so sei gewährleistet, dass die Dampfer ein „geschütztes, kontrolliertes, sauberes Produkt erhalten“, argumentiert Steffens.
Sie könne die Wut über das Verbot nicht nachvollziehen – denn: „Wenn sich irgendwann herausstellen sollte, dass die Liquids doch langfristige Schäden verursachen, dann wäre doch die Wut der Menschen noch viel größer, die dann fragen: Warum ist die Ministerin nicht eingeschritten nach den gelten Gesetzen?“
Und auch das Argument, man könnte die E-Zigarette gleich behandeln wie Tabakwaren will Steffens nicht nachvollziehen. „Die Folge wäre doch, dass man dann Nikotin-Kaugummis, -pflaster und Liquids in jedem Supermarkt kaufen könnten – und dann wäre ein massives Vergiftungspotenzial im freien Handel.“