Dorsten. . Der Rettungsdienst der Dorstener Feuerwehr fährt rund 8000 Einsätze pro Jahr. Dominic Zientek und Stefan Eberl kennen ihre Verantwortung als Rettungsassistenten genau. Dominic Zientek erklärt: „Was immer im Vordergrund steht, ist der Dienst am Menschen.“

Stefan Eberl und Dominic Zientek stellen sich höflich vor: „Auch wenn es so aussieht. Wir sind weder Zwillinge noch Brüder.“ Keine Frage, eine gewisse Ähnlichkeit ist da. Was beide aber auf jeden Fall eint, ist ihr Beruf. Da sind Stefan Eberl und Dominic Zientek Brüder im Geiste. Beide wollen Leben retten. Beide sind tariflich im Rettungsdienst der Feuerwehr Dorsten beschäftigt. Eberl seit 2006, Zientek schon seit 1999.

Circa 8000 Einsätze fährt der Rettungsdienst der Feuerwehr im Jahr: macht 22 Einsätze pro Tag, fast einen Einsatz pro Stunde also. Ein enormes Pensum und die Hauptaufgabe der Feuerwehr. Dem gegenüber stehen etwa 800 Einätze für die Feuerwehr. Zwei Rettungswagen stehen dafür in den Hallen der neuen Rettungswache an der Wienbecke parat. Fünf Einsatzkräfte der Feuerwehr, allesamt zu Rettungsassistenten ausgebildet, sind pro Schicht für den Rettungsdienst verantwortlich.

In acht Minuten am Einsatzort

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Hinzu kommt ein Krankentransportwagen, der tagsüber von Bundesfreiwilligendienstlern besetzt wird. Ein weiterer Rettungswagen hat seinen Platz an der Wache in Wulfen und deckt mit den Ortsteilen Lembeck, Rhade und Wulfen vornehmlich den Dorstener Norden ab. Ein Notarzteinsatzfahrzeug ist am Elisabeth-Krankenhaus geparkt. Bei knapp 30 Prozent aller Einsätze rückt der Notarzt mit aus.

„Es gibt einen eindeutigen Stichwortkatalog, nach dem die Leitstelle beurteilt, ob ein Notarzt gebraucht wird. Daher ist es ganz wichtig, dass die Anrufer die Angaben zur verletzten Person so detailliert wie möglich machen“, erklärt Dominic Zientek. Stefan Eberl unterstreicht die Bedeutung: „Das kann Leben retten.“ Genauso wie die Zeit. Das ehrgeizige Ziel der Mitarbeiter des Rettungsdienstes sieht vor, im gesamten Stadtgebiet innerhalb von acht Minuten am Einsatzort zu sein. Geht der Notruf in der Einsatzzentrale ein, garantieren die Rettungsdienstler innerhalb von 60 Sekunden vom Hof zu fahren. Zeit ist beim Lebenretten kostbar.

Apropos Leben retten. Das wollen die beiden Rettungsassistenten auch am 16. Dezember 2008. Es ist schon später Nachmittag, als der Notruf eingeht. „Gestürzte Person in der Innenstadt“, meldet die Zentrale. Los geht’s. Unterwegs geht über Funk die Meldung ein, dass eine Messerstichverletzung vorliegt. Auf dem Weg in die Altstadt sehen Stefan Eberl und Dominic Zientek weinende, teilweise panisch agierende Bürger. „In solchen Momenten schaltest du komplett auf den Einsatzmodus. Ab dann funktioniert man eigentlich nur noch“, erklärt Zientek.

An der Essener Straße angekommen, sehen sie eine leblose Person vor dem Supermarkt. Eberl und Zientek sind die ersten vor Ort und stellen fest: „Die Verletzung ist mit dem Leben nicht vereinbar.“ Dominic Zientek: „Wir haben die Frau dann mit dem Tuch abgedeckt, auf den Notarzt gewartet und dann den Sohn gesucht. Zeugen berichteten uns, dass der verschwunden ist.“ Stefan Eberl: „Ein Einsatz, den ich niemals mehr vergessen werde. Zum Glück gibt es davon bei uns in Dorsten nicht so viele.“ Wohl wahr.

Irgendwann kippt der Schalter

Ein Psychologe erklärte, dass Einsatzkräfte nach einem bestimmten Verhaltensmuster vorgehen: Zunächst wird die verletzte Person gesichtet, eine Diagnose wird gestellt. Dann werden die Maßnahmen eingeleitet. „In diesem Moment kippt der Schalter“, sagt Dominic Zientek und erklärt: „Man handelt instinktiv und so, wie wir es gelernt haben. Platz für persönliche Gefühle dürfen wir nicht zulassen. Sonst kann ich der Person nicht helfen.“

Vor allem bei Einsätzen mit verletzten Kindern kein einfaches Unterfangen. Das geben beide gerne zu. „Schwierige Einsätze sind wie ein Marathon. Man hat ohne Ende Adrenalin. Wenn man ins Ziel kommt, die verletzte Person also mit abtransportiert wird, fällt alles von einem ab, man ist ausgepowert“, erklärt Stefan Eberl. Die Frage, ob der Rettungsdienst ihr Traumberuf ist, bejahen beide sofort. Sehr überzeugend sogar. Dominic Zientek: „Was immer im Vordergrund steht, ist der Dienst am Menschen.“

Eine Intensivstation auf vier Rädern

Klaus Kremerskothen mit dem „First Responder Rucksack.
Klaus Kremerskothen mit dem „First Responder Rucksack. © WAZ FotoPool

„Unsere Rettungswagen sind eine rollende Intensiveinheit. Eine Intensivstation auf vier Rädern“, erklärt Markus Terwellen, Pressesprecher der Dorstener Feuerwehr. Was den 34-Jährigen und viele seiner Kollegen massiv stört, ist die geringe Wertschätzung. Terwellen, der ebenfalls im Rettungsdienst eingesetzt ist, berichtet: „Es heißt immer ‘Da kommen die Krankenwagenfahrer’.“

Terwellen stellt klar: „Der Rettungsassistent ist eine Berufsausbildung, wir sind hochqualifiziert.“ Die Rettungsassistenten sind fast ausnahmslos die Ersten, die am Einsatzort eintreffen und somit die Vitalparameter aufrecht erhalten.

Dr. Thomas Jung arbeitet als leitender Notarzt des St. Elisabeth-Krankenhauses täglich mit den Rettungsassistenten der Dorstener Feuerwehr zusammen. „Die Feuerwehr ist der persönliche Assistent des Notarztes“, erklärt der Notarzt.

Sind die drei Rettungswagen schon im Einsatz, rücken die hauptamtlichen Kräfte der Dorstener Feuerwehr mit dem Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF) aus. „Das HLF ist unsere Arbeitsbiene“, erklärt Markus Terwellen und ergänzt: „Wir haben einen Notfallrucksack dabei, der so ausgestattet ist wie ein Notfallkoffer auf dem Rettungswagen.“

Dieser knallrote Notfallrucksack trägt bei der Feuerwehr den Namen „First Responder Rucksack“ und soll die Zeit zwischen Eintreten des Notfalls und der ersten medizinischen Versorgung (Therapiefreies Intervall) verkürzen.

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Kommt es zu personellen Engpässen, werden die Dorstener von den Kollegen aus Marl, Gladbeck oder Borken unterstützt. „Daher nicht wundern, wenn der Rettungswagen gerufen wird und ein Feuerwehrwagen kommt“, sagt Terwellen.

Generell gilt, dass der Rettungsdienst bei plötzlich auftretendem Schmerz in der Brustgegend oder bei Kaltschweißigkeit unbedingt anzufordern ist. „Das sind Kardinalsymptome für einen Herzinfarkt“ sagt Klaus Kremerskothen von der Dorstener Feuerwehr.

Grundsätzlich weist die Dorstener Feuerwehr darauf hin, dass sie selbstverständlich bei jedem Notfall gerne Hilfe leistet. „Bei kleineren Blessuren sollte man allerdings eigenständig den Arzt aufsuchen. Reine Fahrdienste können wir nicht übernehmen. Das übersteigt unsere Kapazitäten.“