Düsseldorf. Die Cannabis-Legalisierung sorgt beim Hanfverband Düsseldorf für Jubelstürme. Doch es gibt auch Kritik. Vor allem mit Blick auf die Rheinkirmes.

Seit vergangenem Freitag (22. März) herrscht bei Chris Demmer pure Freude. Denn da nahm das Cannabis-Gesetz im Bundesrat die letzte Hürde, ohne dass der Vermittlungsausschuss angerufen werden musste. „Wir hatten tatsächlich nicht mehr daran geglaubt und können es immer noch nicht fassen“, jubelt der Sprecher des Hanfverbandes Düsseldorf einige Tage später, nachdem feststeht, dass der Besitz von Cannabis ab kommenden Ostermontag (1. April) in Deutschland legal ist.

Deswegen wurde noch am Freitag mit weiteren Vertretern des Hanfverbandes Düsseldorf gefeiert, wie der Aktivist berichtet. Aus gutem Grund: Immerhin setzten sich Demmer und seine Mitstreiter viele Jahre für die Entkriminalisierung und die teilweise Freigabe von Gras ein.

Hanfverbandsprecher aus Düsseldorf: „Das Versteckspiel ist vorbei“

Am 16. März hatte der Hanfverband zu einer Demo an der Landeszentrale der Grünen NRW an der Oststraße aufgerufen. Die Partei und vor allem NRW-Justizminister Benjamin Limbach wollten das im Februar im Bundestag beschlossene Gesetz nämlich zunächst erstmal im Bundesrat durch den Vermittlungsausschuss prüfen lassen und somit eine Verschiebung auf sechs Monate erwirken. Als Grund führte Limbach an, dass Gerichte und Staatsanwälte alle Fälle in NRW, in denen es um Cannabis-Verstöße geht, erst noch mal prüfen und aufrollen müssten, bevor eine Amnestie-Regel zum 1. April greift.

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Bei der Abstimmung im Bundesrat kam dann aber die Kehrtwende. Das Land NRW enthielt sich, das Cannabis-Gesetz nahm die finale Hürde und gilt ab diesem Ostermontag. Für Chris Demmer sei die Demonstration in der Düsseldorfer Innenstadt Mitte März daher aus politischer Sicht ein „historischer Moment“ gewesen. „Vielleicht haben wir mit unsererer Demo die Grünen und NRW bei der Abstimmung gedreht. Deswegen sind wir unfassbar erleichtert“, freut sich der Cannabis-Aktivist.

Am 16. März haben rund 600 Cannabis-Aktivisten vor der Landeszentrale der Grünen NRW in der Düsseldorfer Innenstadt gegen die Blockade des Cannabis-Gesetzes im Bundesrat demonstriert.
Am 16. März haben rund 600 Cannabis-Aktivisten vor der Landeszentrale der Grünen NRW in der Düsseldorfer Innenstadt gegen die Blockade des Cannabis-Gesetzes im Bundesrat demonstriert. © NRZ | Christopher Damm

Damit dürfen ab kommendem Montag Erwachsene bis zu 25 Gramm Cannabis für den eigenen Verbrauch bei sich haben und zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren. Der jahrzehntelangen Prohibition wurde damit erst einmal ein Ende gesetzt. Für viele sei „das Versteckspiel damit erstmal vorbei“, so Chris Demmer weiter. Nun stehe der Bundesrepublik jedoch ein „Kulturkampf bevor“, glaubt der Verbandssprecher. „Wir werden ab Montag sofort Diskussionen haben. Ob über Geruchsbelästigung, oder darüber, wo tatsächlich gekifft werden darf.“

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CDU-Ratsherr hält „gar nichts“ von der Cannabis-Freigabe

Andreas-Paul Stieber, Ratsherr der Düsseldorfer CDU und Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit und Soziales, hält von dem beschlossenen Gesetz „gar nichts“. Er ist fest davon überzeugt, dass es bereits ab kommender Woche auf Events im Stadtgebiet „rund gehen wird“ und auf Kulturveranstaltungen wie Konzerten gekifft wird.

Als neuer Schützenchef ist Stieber in diesem Jahr zudem das erste Mal für die Rheinkirmes zuständig. Er geht davon aus, dass dann auch auf der größten Kirmes am Rhein die ein oder andere Tüte gezündet wird. Verhindern könne er dies durch das neue Gesetz nicht: „Ich kann nichts verbieten, die Kirmes findet ja im öffentlichen Raum statt. Deswegen befürchte ich, dass es da auch zu Geruchsbelästigungen kommen und es wie in Snoop Dogg‘s Wohnzimmer riechen wird.“ Zwar haben die St. Sebastianus-Schützen als Veranstalter der Kirmes Hausrecht und könnten durchaus auch Platzverweise erteilen, aber „wer soll das kontrollieren und durchsetzen, wenn überall gekifft wird?“

Im Ausschuss und parteiintern habe man sich „intensiv mit dem Thema Legalisierung und Cannabis auseinandergesetzt“, berichtet der CDU-Politiker. „Auch unter Zuzug verschiedener Experten von beiden Seiten. Wir haben auch Befürworter zu Wort kommen lassen und uns argumentativ ausgetauscht. Am Ende teilte ich aber die Einschätzung vieler Mediziner: Die Nachteile bei dem Gesetz überwiegen.“

Düsseldorfer Drogenhilfe will zielgerichtet beraten

Vorteile sehe er durch die Cannabis-Freigabe hingegen überhaupt nicht. Das Argument, dass die Justiz künftig entlastet werde, teile er nicht. Im Gegenteil: „Viele Fälle werden derzeit aufgerollt, außerdem sorgt das Gesetz für mehr Aufwand bei den Ordnungskräften.“ Zudem sehe er durch die Cannabis-Freigabe eine Gefahr für junge Menschen: „Kinder und Jugendliche werden gefährdet, auch weil die legale Verfügbarkeit eine Harmlosigkeit dieser Droge suggeriert“, kritisiert Andreas-Paul Stieber.

Michael Harbaum hält jedoch dagegen: Solche Argumente seien „wenig stichhaltig. Cannabis war und ist jetzt schon 24 Stunden am Tag verfügbar“, so der Vorsitzende der Düsseldorfer Drogenhilfe. „Es ist ja jetzt nicht so, als handele es sich bei Cannabis um eine neue Substanz, die jetzt erst verfügbar ist.“

Das Cannabis-Gesetz sehe er „vorbehaltlich positiv“. Vor allem das Gras-Konsumenten durch die Entkriminalisierung nicht mehr stigmatisiert und juristisch verfolgt werden, sei ein „großer Schritt“. Ein weiterer Vorteil an der Legalisierung sei, dass nun viele Konsumenten, die ihr Kiffer-Dasein bislang geheim hielten, nun aus der Dunkelziffer geholt würden: „Viele Menschen werden nun zugeben, dass sie kiffen. Und bei den Personen, bei denen der Konsum in eine problematische Richtung geht, können wir als Drogenhilfe nun viel früher und mit einer zielgerichteten Beratung ansetzen, weil sich niemand mehr verstecken muss“, erklärt Michael Harbaum weiter.

Düsseldorfer Hanfverband hält Cannabis-Gesetz für schlecht

Trotz aller Freude wird die verabschiedete Cannabis-Legalisierung auch von Seiten des Hanfverbandes Düsseldorf kritisch gesehen, gibt Sprecher Chris Demmer zu: „Das Gesetz ist immer noch schlecht und bedarf noch einiger Verbesserungen. Denn ab dem 1. April werden viele Menschen ihr Gras weiterhin vom Schwarzmarkt beziehen, sofern sie keine Patienten sind, die Cannabis auf medizischem Wege verschrieben bekommen.“ Denn laut Gesetzesvorlage soll erst ab dem 1. Juli in Cannabis Social Clubs Gras legal verkauft werden.

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Dennoch sei die Legalisierung grundsätzlich ein Grund zum Feiern, meint Chris Demmer. Er gehe deswegen davon aus, dass am Montag viele Menschen in Düsseldorf ganz offen auf der Straße Joints rauchen werden. Einen Aufruf vom Hanfverband Düsseldorf dazu wird es aber nicht geben, kündigt Demmer an: „Wir haben nichts geplant.“

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