Düsseldorf. Norbert Krings engagiert sich als einer von 1200 freiwilligen Helfern bei der Fußball-EM. Was er während des Turniers hinter den Kulissen erlebt.
Als dann die französische Nationalhymne erklingt, macht sich bei mir die Gänsehaut nachdrücklich bemerkbar. Ich sitze dabei nicht etwa vor dem Fernseher und schaue mir ein Spiel der Equipe Trikolore bei der Fußball-Europameisterschaft an. Im Gegenteil, tatsächlich stehe ich auf dem Rasen der Düsseldorfer Arena und versuche sogar mitzusingen, was ich so von der Marseillaise noch kenne. Mehr als „Allons enfant de la patrie“ bekomme ich aber in der Aufregung nicht zusammen. Auf den Rängen applaudieren danach ein paar technische Mitarbeiter der UEFA bei diesem Probelauf für den Einlauf der Mannschaften zwei Tage vor dem Spiel.
Als Volunteer bei dieser EURO 2024 mit fünf Spielen in Düsseldorf stand ich also „nur“ stellvertretend für Kylian Mbappé auf dem Platz. Es lief der minutiöse Probelauf, und mehr als 100 junge Helfer bewegten die Fahnen der beiden Nationen und das UEFA-Logo am Mittelkreis wie in den Minuten vor jedem Euro-Spiel äußerst schwungvoll. Mein Auftritt auf dem heiligen Rasen ist eine der Erfahrungen als Volunteer, die ich wohl mein Leben lang nicht vergessen werde.
Düsseldorfer bewarb sich bereits 2023 für den EM-Job
Doch zurück zum Anfang: Im Herbst vergangenen Jahres hatte ich die Idee, mich für den Freiwilligen-Job bei dieser Fußball-Europameisterschaft in Düsseldorf zu bewerben. Ich habe als Berichterstatter bereits mehrere Europameisterschaften und Weltmeisterschaften von der anderen Seite erlebt. Jetzt wollte ich einerseits hinter die Kulissen schauen und andererseits auch ein wenig von dem zurückgeben, was ich an großartigen Fußball-Momenten und menschlichen Begegnungen so dankbar erleben durfte. Nach der Bewerbung dauerte es ein wenig, bis ich die Nachricht bekam, dass ich zu einem Interview-Termin entweder online oder in der Leichtathletik-Halle an der Arena eingeladen wurde.
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Vor Ort durfte ich bereits Sabrina kennenlernen, die im Organisationsteam ein paar Monate zuvor ihren Job angetreten hatte, um das Volunteer-Programm mitzuorganisieren und zu betreuen. Schließlich wurden 1.600 freiwillige Helfer gesucht, die dann später in 25 Bereichen unterstützend wirken sollten. Mein Interview war locker und total unkompliziert. Sabrina und Karsten, der derzeit im Volunteers Hub in der City (Maxhaus) mit Dennis die Leitung innehat und vor allem die Fan-Zonen „betreut“, stellten keine komplizierten Fragen, sie lauschten viel mehr meinen Schilderungen von den vergangenen Europameisterschaften. Doch zum Schluss kam dann noch die obligatorische „Prüfung“, was die englische Sprache anging. Na ja, es klappte ganz leidlich, sodass ich hoffen durfte, im Sommer zum Team zu gehören.
Im Februar kam dann endlich die gute Nachricht, nachdem zwei Freunde die Zusage bereits ein paar Tage vor mir erhalten hatten. Ich bin also dabei und die Freude war groß und die Spannung bis zum Kickoff-Treffen am 21. April stieg von Tag zu Tag. Und der Nachmittag im Tischtennis-Zentrum mit 1.200 anderen Volunteers stillte dann die erste Neugier.
Neben einigen Show-Acts und wichtigen Informationen lernten die Volunteers auch die Menschen kennen, die ihre Ansprechpartner in den nächsten drei Monaten sein sollten. Neben Karsten und Sabrina waren das noch vor allem Dennis, Hendrik, der coole Schweizer Robin und der Volunteer Venue Manager Philipp. Sie waren es auch, die wenige Tage später die Schichtpläne entworfen und damit die Dienste für alle Helfer koordiniert und herausgeschickt haben.
Düsseldorfer Volunteers absolvierten spezielles Training vor der EM
Fast hätte ich vergessen, für welchen Job ich vorgesehen wurde. Ich wurde ins Volunteer-Management-Team berufen. Was das bedeutete, erfuhren die Mitglieder unseres Teams gemeinsam mit den ACE-Volunteers (Springer/Joker), den Foto- und den Social-Media-Volunteers dann Mitte Mai, als wir geschult wurden und unser spezielles Training absolvierten. Das erste große spielerische Kennenlernen der Leute, mit denen ich bis zum 8. Juli zusammenwirken werde, hat zudem viel Spaß gemacht.
Da spielen Altersunterschiede keine Rolle, jeder hat sofort verstanden, dass die Aufgaben nur im Team funktionieren. Dabei haben danach die diversen WhatsApp-Gruppen sehr geholfen, dass fast alles reibungslos funktioniert. Die meisten Volunteers haben einen sportlichen Background, viele haben bereits Erfahrungen mit großen Veranstaltungen und mir einiges von dieser Warte voraus.
Die Menschen, die ich treffe, sind so schnell wie Vertraute. Da ist der italienische Spaßmacher Giorgio zu nennen, die sehr fleißigen Guido und Stefan, aber auch die beiden ehemaligen Fußball-Trainer Stephanie und Thomas. Heike hat die Champions League im Basketball gewonnen, Ina ist die gute Seele, Henrike hat wie Jule immer ein angenehmes Lächeln im Gesicht, Nina hat die beste Grifftechnik am Kickertisch, Alex ist die Mailbox-Queen und Ulrike hat einen Großvater mit großer Fortuna-Vergangenheit.
Diese Aufgaben haben die Düsseldorfer Volunteers
Wenn man die nicht ganz so einfache Parksituation - vor allem an Spieltagen - rund um die Arena mal ausnimmt, lief es im Volunteers Centre, dem großen Treffpunkt aller in und um die Arena tätigen Volunteers nahezu ohne jegliche Reibungspunkte ab. Harmonie, Spaß und Lächeln waren angesagt. Manche Jobs waren dann aber auch anspruchsvoll, wie das korrekte Verteilen der Uniformen, für mich das Kaffeekochen als bekennender Koffein-Verweigerer und das Katalogisieren der Lagerbestände von den grünen T-Shirts, über die weißen Schuhe bis zu den grauen Hosen. Die Kleidung, ergänzt durch die zunächst sehr wichtige Regenjacke, eine coole Wasserflasche, eine gelbe Bauchtasche, Rucksack und Cap dürfen wir Volunteers dann über die EURO hinaus behalten.
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Wir, als ständig greifbare Helfer, die auch mit 20 oder mehr Schichten in der Zeit deutlich öfter gefordert waren als beispielsweise Helfer beim Stadioneinlass oder den Zeremonien vor den Spielen, hatten einen großen Vorteil. Wir „durften“ auch die Snacks im Volunteer-Büdchen auffüllen, wobei die ein oder andere Leckerei zwischendurch schon gegessen wurde. Zudem gab es auch im Büro noch einen Kühlschrank mit kalten Getränken, die vor allem bei einem Einsatz während der Hitzewelle gut genutzt wurden.
Nicht so schön waren hingegen die Gespräche mit den Volunteers, die am Telefon befragt werden mussten, warum sie nicht zu ihrer Schicht gekommen sind. So mussten auch mehrfach woanders, wie in der Akkreditierungsstelle in der Stadthalle an der Rotterdamer Straße, bei der Ticketkontrolle oder dem Spectator Service Aushilfs-Dienste geleistet werden. Noch ein Lob an die UEFA-Organisation: Das gute Staff-Bistro mit dem Mittagessen und den Lunchpaketen an den Spieltagen hat mehr als seinen Zweck erfüllt.
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Richtig spannend war es vor allem an den Spieltagen, vor allem in der Zeit vor dem Anpfiff in der Arena. Dann ist es so richtig voll im Volunteer Centre, einem Zelt, das neben dem Media-Hub hinter der Nordtribüne der Arena aufgebaut ist. Tausch von nicht passenden Uniformen im Minutentakt, in Strömen ausgegebener Kaffee, klare Antworten auf jede schlaue Frage und auch sportliche Betätigung im Vorfeld des Dienstes am Kickertisch, der Tischtennisplatten oder bei den weiteren sportlichen Spielen, an denen die blau gekleideten „Chefs“ auch gerne ab und an teilnehmen und ihr sportliches Können zeigen.
Mir wird neben den vielen schönen Gesprächen mit den Gleichgesinnten auch noch eine schöne Episode im Kopf bleiben. Mit einer kleinen Gruppe Volunteers haben wir vor dem Spiel Spanien gegen Albanien eine riesige Choreo-Fahne auf der Südtribüne in der Arena ausgerollt und für die heißblütigen Fans des Außenseiters vorbereitet. Auch hier ging es so herzlich zu, wie während der gesamten Zeit dieser EM 2024 in Düsseldorf, die für mich aus dieser Perspektive eine absolute Bereicherung war.